Bei einem christlichen Erziehungsratgeber, versuche ich immer zuerst das Menschenbild der Autoren herauszufinden. Manchmal ist es offensichtlich, doch meistens wird erst nach vollständiger Lektüre des Buches klar, woher die Autoren ihre Ratschläge beziehen und wohin die Erziehung zielt. Bei dem Buch „Liebevoll Grenzen setzen“ findet man ziemlich am Anfang auf S. 38 (ich beziehe mich auf die 1. Auflage von 2001) eine klare Positionierung:
„Als Christen und Psychologen leben wir in zwei total unterschied liehen Welten. Die religiöse Welt schiebt Probleme oftmals auf die sündige Natur des Kindes. Die psychologische Welt dagegen beschuldigt immer die Eltern und begründet jedes schlechte Verhalten des Kindes mit dem, was in seiner Kindheit alles falsch gelaufen ist. In beiden Fällen gibt es jeweils einen klar identifizierbaren Bösen und Guten.
Doch keine dieser Sichtweisen ist komplett richtig. Eigentlich ist es viel schlimmer: Wer wir heute sind, ist im Grunde das Ergebnis von zwei Einflüssen – unserem Umfeld und unserer Reaktion hierauf. Unsere Erziehung, unsere Beziehungen und die Umstände formen auf machtvolle Weise unseren Charakter und unser Verhalten. Doch wie wir auf diese Beziehungen und Umstände reagieren, beeinflusst ebenfalls die Person, die wir werden.“ (S. 38)
Und am Ende des Buches finde ich folgenden Hinweis:
„Ausnahmslos alle Kinder sind unreife Sünder; dies ist der Normalzustand unserer menschlichen Existenz.“ (S. 218)
Den Autoren fällt es im gesamten Buch schwer, dass Wort „Sünder“ zu erwähnen, auch wenn sie zuletzt einsehen, dass das der Normalzustand ist. Doch was sind „unreife“ Sünder? In den darauffolgenden Abschnitten wird deutlich, dass damit ein „Grenzenproblem“ gemeint ist, oder „Verhaltensmängel“ oder Fehlerhaftigkeit“. Weiterlesen