Ende September 1937 schließt die Geheime Staatspolizei das von Dietrich Bonhoeffer in Finkenwalde geleitete Predigerseminar und Bruderhaus der Bekennenden Kirche. Ein Jahr später, im September 1938, schribt Bonhoeffeer- im Göttinger Haus seiner emigrierten Zwillingsschwester Sabine Leibholz – die Seiten des „Gemeinsamen Lebens“ in einem Zug nieder. (aus Dietrich Bonhoeffer Auswahl Güterlsoher Verlagshaus, 1 Auflage 2006, Band 3, S. 175, Vorwort des Herausgebers)
Diese kleine Schrift hat mich mit voller Wucht erwischt und auch deutlich ermahnt. Selten habe ich so viel hilfreichen Inhalt auf komprimierten Raum gefunden:
Es ist nichts Selbstverständliches für den Christen, dass er unter Christen leben darf. Jesus Christus lebte mitten unter seinen Feinden. Zuletzt verließen ihn alle Jünger. Am Kreuz war er ganz allein, umgeben von Übeltätern und Spöttern (…) So gehört auch ein Christ nicht in die Abgeschiedenheit eines klösterlichen Lebens, sondern mitten unter die Feinde. Dort hat er seinen Auftrag, seine Arbeit
Daraus abgeleitet ergibt sich für Bonhoeffer, dass Gemeinschaft ein Geschenk der Gnade Gottes ist. Hier bleibt kein Raum für Unzufriedenheit und Undankbarkeit für dieselbe:
Der Gefangene, der Kranke, der Christ in der Zerstreuung erkennt in der Nähe des christlichen Bruders ein leibliches Gnadenzeichen der Gegenwart des dreieinigen Gottes. Besucher und Besuchter erkennen in der Einsamkeit aneinander den Christus, der im Leibe gegenwärtig ist, sie empfangen und begegnen einander, wie man dem Herrn begegnet, in Ehrfurcht, in Demut und Freude. (….) Liegt aber schon so viel Seligkeit in einer einzigen Begegnung des Bruders mit dem Bruder, welch unerschöpflicher Reichtum muss sich dann für die auftun, die nach Gottes Willen in täglicher Gemeinschaft des Lebens mit anderen Christen zu leben gewürdigt sind! Freilich, was für den Einsamen unaussprechliche Gnade Gottes ist, wird von dem täglich Beschenkten leicht missachtet und zertreten. Es wird leicht vergessen, dass die Gemeinschaft christlicher Brüder ein Gnadengeschenk aus dem Reiche Gottes ist (…)