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„Warum ich bei den Brüdern geblieben bin“ von F.F. Bruce

Da ich mehr über F.F. Bruce wissen wollte, von dem ich vor kurzem ein Werk vorgestellt habe, bin ich auf eine ihm und seinem Werk geweihte Seite gestoßen. Auf dieser Wiederum fand ich zwei Essays unterschiedlicher Länge, in der Bruce seine Zugehörigkeit zur Brüderbewegung erläutert. Der kürzere Essay mit dem Titel „Warum ich bei den Brüdern geblieben bin“ sprach mir ganz aus dem Herzen. Regelmäßig tritt auch an mich die Frage heran, warum ich eine Evangeliums-Christen-Baptisten Gemeinde besuche. Wie Bruce brachte mich die Frage in Schwierigkeiten, nicht weil die Frage an sich schwer zu beantworten ist, sondern weil ich nichts so recht damit anfangen kann und mich etwa dafür rechtfertigen müsste, so als wären die Evangeliums-Christen außerhalb der christlichen Orthodoxie. Bruce Statement hilft mir konkreter zu antworten, auch wenn natürlich die Brüderbewegung nicht vollständig mit den Evangeliums-Christen zu vergleichen ist, und ich mir wünschen würde, dass meine Ortsgemeinde den ersten von Bruce genannten Aspekt mehr leben würde. Der zweite Aspekt wird in Gemeinden „unseres Musters“ aber wirklich so gelebt, wie Bruce es in den britischen Brüdergemeinen erlebt hat. Ich übersetze den Text „Why I have stayed with the Brethren“ vollständig:

„Obwohl mir diese Frage von Zeit zu Zeit gestellt wird, fällt es mir schwer, sie zu beantworten, weil ich Zweifel an ihren Implikationen habe. Kirchlich gesprochen gehöre ich (1) zur universalen Kirche und (2) zur örtlichen Gemeinde, die sich in der Crescent Road in Stockport trifft; und kirchlich gesprochen gehöre ich zu nichts anderem. Die einzige Alternative zur Zugehörigkeit zur universalen Kirche wäre, den einst überlieferten Glauben zu verleugnen; und wenn man mich fragt, warum ich in der Gemeinde an der Crescent Road in Stockport bleibe, muss meine Antwort lauten: „Wenn du diese Gemeinde kennen würdest, müsstest du gar nicht fragen, warum ich bleibe!“

Ich bin seit fünf bis sechs Jahren Mitglied der Gemeinde an der Crescent Road, aber ich gehöre seit vielen Jahren bereits Gemeinden desselben allgemeinen Musters an. Und wenn Leute mich fragen: „Warum bleibst du bei den Brüdern?“, meinen sie damit: „Warum bleibst du bei Gemeinden dieses besonderen Musters?“ Und dann muss ich nach einer Antwort suchen, denn es ist mir nie in den Sinn gekommen, eine Mitgliedschaft in einer Gemeinde mit einem anderen Muster zu suchen. Zweifellos spielt dabei auch eine gewisse Trägheit eine Rolle; Menschen neigen dazu, in der Gemeindegemeinschaft zu bleiben, in der sie begonnen haben, es sei denn, sie haben einen zwingenden Grund, zu wechseln – und einen solchen Grund habe ich nie bewusst verspürt.

Aber wenn ich über die Sache nachdenke, entdecke ich einige positive Gründe, zu bleiben, und ich kann zwei davon nennen, die in meinen Augen erhebliches Gewicht haben.

Der eine Grund ist, dass ich in diesen Gemeinden dazu ermutigt werde, meine Zugehörigkeit zur universalen Kirche anzuerkennen. Es wird mir nie suggeriert, dass „unsere Denomination“ oder „unser Kreis von Versammlungen“ einen besonderen Anspruch auf meine Loyalität hätte – jenseits des Anspruchs, an dem meine Mitgeschwister weltweit teilhaben. Hier finde ich einen Rahmen, in dem echte christliche Einheit aufrichtig und vorbehaltlos gelebt werden kann. Zu einer Gemeinde dieses Musters dürfen alle Gläubigen an unseren Herrn kommen und dürfen sicher sein, um Seinetwillen willkommen zu sein; und es wäre mir unerträglich, einer Gemeinde anzugehören, die nicht alle aufnimmt, die Christus aufgenommen hat. Aus einer Gemeinde dieses Musters heraus kann ich Gemeinschaft mit allen Gläubigen an unserem Herrn haben, ohne irgendeinen „konfessionellen Grundsatz“ zu kompromittieren – denn in einer solchen Gemeinde gibt es keine konfessionellen Grundsätze, die man kompromittieren könnte. Vor dem Hintergrund meiner weiten Erfahrung mit gelegentlicher Gemeinschaft in Gemeinden unterschiedlichster Ausprägung ruht meine Überzeugung darin, dass eine Gemeinde dieses Musters für mich die richtige ist.

Der andere positive Grund ist, dass ich in diesen Gemeinden eine Atmosphäre geistlicher und intellektueller Freiheit gefunden habe, die mir so angenehm und geradezu belebend erscheint, dass ich bezweifle, ob sie anderswo ihresgleichen fände. Ich weiß auch, dass diese Erfahrung nicht nur mir eigen ist, oder nur den Gemeinden, denen ich im Laufe der Jahre glücklicherweise angehören durfte. In einem Brief, den er 1961 als Vorsitzender des Komitees an die Mitglieder der „Young Men’s Bible Teaching Conference“ sandte, schrieb Dr. W. M. Capper: „Eines der Dinge, die viele von uns zu den Christlichen Brüdern hinzieht, ist ihre Weite – nicht ihre Enge.“ Mit angemessener Zurückhaltung hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „die Christlichen Brüder“ sage ich zu diesen Worten: Amen.

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Sag uns nicht, was du tun willst – tu es einfach

Immer wieder entdecke ich Interessantes in meiner Logos-Bibliothek. So das Journal of Pastoral Practice, eine Zeitschrift aus den 80ern, die von Jay Adams herausgegeben wurde, und über einen für jeden im Gemeindedienst aktiven Mitarbeiter interessanten Mix an Themen schreibt. Praktische Themen werden genauso besprochen wie Hinweise für die Seelsorge gegeben. Medizin genauso, wie Themen die das weltweite Christentum beschäftigen. Ein zentraler Aspekt der Zeitschriften scheint immer das Predigen gewesen zu sein. Adams hat ja ursprünglich als Homiletik-Professor am Westminster Seminary angefangen. Mehr über Jay Adams erfährt ihr in diesem Artikel.

Das zweite Heft des Jahres 1981 enthält eine interessante Beobachtung über das Predigen, die heute nur noch aktueller ist. Nämlich den zeitlichen Verschleiß der mit unterschiedlich platzierten Vorreden verbracht wird. Ich gebe den vollständigen Text des Artikels wieder (Transparenzhinweis: Übersetzung mit Hilfe von ChatGPT). Jay Adams schreibt:

Ich habe bei Predigern eine recht weit verbreitete Tendenz beobachtet, die häufig genug auftritt, um einen eigenen Namen zu verdienen. Ich nenne sie: Vorreden. Vorreden sind die schlechte Angewohnheit, anzukündigen, was man gleich tun wird – und das ohne guten Grund (achte auf diese wichtige fett gesetzte Einschränkung).

Ich möchte zwei häufige Formen solcher Vorreden beim Predigen nennen:

  1. Wenn der Prediger seine Gliederungspunkte im Voraus ankündigt;
  2. Wenn er vorher sagt, dass er gleich ein Beispiel bringen wird.

Ein Beispiel für den ersten Fall ist genau das, was ich im vorherigen Absatz getan habe. Lies ihn noch einmal, und du wirst sehen, was ich meine. Und um den zweiten Punkt zu illustrieren, könnte ich jetzt sagen: „Lass mich dir ein Beispiel dafür geben, was ich meine“ (natürlich habe ich das, wie du siehst, gerade eben getan).

Doch was ist falsch an diesen Vorreden? Wenn es keinen triftigen Grund dafür gibt, unterbrechen sie den Gedankengang dessen, was gesagt wird – denn sie lenken die Aufmerksamkeit weg vom Inhalt und hin zur Struktur, durch die der Inhalt vermittelt wird.

Manche Homiletiker haben törichterweise behauptet, ein Prediger müsse in jeder Predigt alle seine Punkte im Voraus nennen. Warum? Weil sie es sagen, darum. Einen anderen vernünftigen Grund gibt es nicht. Auch ein biblisches Vorbild für diese Praxis lässt sich nicht finden. Du kannst die Schrift durchsuchen – du wirst keinen einzigen Fall finden, in dem jemand sagt: „Heute Morgen möchte ich euch drei Tatsachen über die Hölle mitteilen“ (oder was auch immer). So etwas kommt einfach nicht vor. Und es kommt nicht vor, weil es nicht vorkommen sollte. Solche Vorreden bringen keinen Nutzen, sondern richten Schaden an.

Ich habe jedoch eine Einschränkung erwähnt: Man sollte Punkte nur dann im Voraus nennen, wenn und nur wenn dadurch der Inhalt gefördert wird. Das heißt zum Beispiel: Wenn es „zwei und nur zwei Schritte“ zur Bewältigung eines bestimmten Verhaltensmusters gibt (etwa: ablegen und anziehen), und es wichtig ist zu betonen, dass es weder mehr noch weniger sind, dann werden die Schritte und ihre Anzahl selbst zum Teil des Inhalts.

Nur dann ist es sinnvoll, Gliederungspunkte anzukündigen: Wenn das Wissen um diese Punkte selbst in gewisser Weise zur Aussage beiträgt. Andernfalls lenken Vorreden und Ankündigungen nur ab.

Dasselbe gilt auch für das Ankündigen von Beispielen und Veranschaulichungen. Es ist grundsätzlich falsch, es sei denn, es verfolgt einen besseren Zweck, als dem Redner Zeit zum Nachdenken zu verschaffen (das sollte längst vor dem Gang auf die Kanzel geschehen sein). Es gibt natürlich Situationen, in denen es hilfreich sein kann, darauf hinzuweisen, dass man gleich ein Beispiel geben wird. Etwa so: „Das Beispiel, das ich gleich nenne, trifft nicht immer zu und gilt auch nicht für jeden. Frag dich beim Zuhören also, ob es auf dich zutrifft.“ In einem solchen Fall, in dem es für den Hörer wichtig ist, das Kommende entsprechend einzuordnen, kann die Vorrede nützlich – ja sogar entscheidend – sein.

Doch die meisten Vorreden – ob von Beispielen, Gliederungspunkten oder Bibeltexten – sind Füllmaterial. Und genau das macht viele Predigten langweilig und wenig einladend: Füllmaterial.

Daher gebe ich dir jetzt folgenden Rat: Hör auf, uns zu sagen, was du tun willst – tu es einfach. Kündige keine Punkte an, sondern bring sie; kündige keine Beispiele an, sondern gib sie – und deine Predigten werden flüssiger und kraftvoller sein.“

aus: Jay E. Adams, „Don’t Tell Us What You Are Going to Do—Do It“, The Journal of Pastoral Practice 5, Nr. 2 (1981): 113–114.

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Review: Hard Sayings of the Bible

Ich bin gleichzeitig begeistert und frustriert mit dem Buch „Hard Sayings of the Bible“. Das könnte an dem Rundumschlag liegen, denn das Werk versucht. Es versucht wirklich alle „kratzenden“ und „schwer“ zu verdauenden Stellen der Bibel zu besprechen, ob sie nun vom Schöpfungsauftrag sprechen oder von der Kopfbedeckung, unterschiedliche Zahlenangaben besitzen oder unterschiedlcihe Erzählweisen (z.B. bei den Synoptikern). Die Begeisterung fängt schon mit den Autoren an, ein Gemeinschaftswerk von Kaiser UND Bruce? Unglaublich. Auch die Gliederung des Werkes ist äußerst gelungen. Das Buch besteht im wesentlichen aus drei Teilen: Einem ausführlichen Einleitungskapitel, Thematischen Fragestellungen, die häufig vorkommende Fragestellungen bespricht, wie „Ist der Gott des alten Testaments zorniger als der im Neuen Testament“, „Stimmen biblische Zahlenangaben“. Der dritte und umfangreichste Teilt geht konkrete Biblische Texte nach. Damit ähnelt das Werk „Schwer zu verstehen“ von Gleason L. Archer, welches wir hier auch schon einmal besprochen haben. Es ist aber umfangreicher und die Autoren sprechen auch regelmäßig die Texte an, die wir modernen Menschen gerne eher etwas gedämpft oder nicht ganz so hart haben würden wollen. Auch das gelingt dem Werk meistens sehr gut. Übrigens ist das Werk ein Potpourri oder die Quintessenz davor vorhandener Werke, die einzelne Themenblöcke davon bereits besprochen haben, so Bruce die Harten Reden Jesu und Brauch die schweren Stellen von Paulus.

Etwas Frustration bekam ich beim Lesen der Besprechungen der einzelnen „harten Texte“ der Bibel, weil es schien, dass auch die Autoren oft eine Härte gegenüber anderen Meinungen entwickelten. Es ist sicher auch die typisch amerikanische selbstbewusste Art häufig sehr einfach und eindeutig zu argumentieren, aber damit auch nicht wirklich ernsthaft. Eigentlich hätte ich das von einem Werk, an dem Bruce und Kaiser beteiligt sind, nicht erwartet. Während das Werk z.B. vehement eine allzu pazifistische Deutung von, immerhin auch als harte Texte, erkannte Stellen ablehnt, bekämpft es auch vehement alle Versuche die Lüge sei in Fällen, in denen man damit z.B. ein Leben retten könnte (man denke an Rahabs Lüge) zulässig. Während man im letzteren Fall lautstark protestiert: Das Gebot der Lüge kenne keine Ausnahme und wer könne wohl den Text vorbringen, dass das Retten eines Lebens wichtiger wäre als die Wahrhaftigkeit, weiß man im anderen Fall allzu genau, dass Krieg zulässig ist, während doch „nicht zu töten“ noch vor dem Gebot „nicht zu lügen“ veröffentlicht wird.

Wie gesagt, ich könnte mit diesen Positionen der Autoren leben, wenn sie diese wenigstens nicht so vehement und unbarmherzig vertreten würden. Gerade weil sie ja regelmäßig dazu aufrufen Harte Stellen nicht „zu verweichlichen“ passiert genau das, wenn man die Texte allzu sehr in eine Richtung harmonisiert.

Diese Frustration soll mich aber nicht abhalten, einen längeren Auszug aus der Einleitung zu veröffentlichen, das ich für richtig gelungen halte. An dieser Stelle schreibt Kaiser über die harten Worte Jesu(Hervorhebung meine):

„Viele derjenigen, die Jesus während seines öffentlichen Wirkens zuhörten, empfanden einige seiner Aussagen als „hart“ – und sagten das auch. Viele derjenigen, die seine Worte heute lesen oder sie in der Kirche hören, empfinden sie ebenfalls als hart, äußern das jedoch nicht immer, weil sie es unangebracht finden.

Die Worte unseres Herrn waren im Einklang mit seinem Handeln und seinem gesamten Lebensstil. Je weniger vorgefasste Meinungen wir aus dem Außen an die Evangelien herantragen, desto klarer werden wir ihn so erkennen, wie er wirklich war. Es ist allzu leicht, an einen Jesus zu glauben, der im Wesentlichen eine Erfindung unserer eigenen Vorstellungskraft ist – eine harmlose Person, die niemanden wirklich dazu bringen würde, ihn zu kreuzigen. Doch der Jesus, dem wir in den Evangelien begegnen, war alles andere als harmlos – er stieß überall an. Selbst seine treuen Anhänger empfanden ihn mitunter als zutiefst befremdlich. Er stellte alle gängigen Vorstellungen religiöser Angemessenheit auf den Kopf. Er sprach von Gott in einer Vertrautheit, die wie Gotteslästerung klang. Er schien zweifelhafte Gesellschaft geradezu zu genießen. Und er begab sich mit offenen Augen auf einen Weg, der nach Ansicht der „vernünftigen“ Leute zwangsläufig ins Verderben führen musste.

Doch in denen, die sich nicht von ihm abwenden ließen, entfachte er eine leidenschaftliche Liebe und Treue, die selbst der Tod nicht zerstören konnte. Sie wussten, dass sie in ihm den Weg zur Annahme, zum Frieden des Gewissens, zum wahren Leben gefunden hatten. Mehr noch: In ihm erkannten sie Gott selbst auf neue Weise; hier wurde das Leben Gottes in einem echten menschlichen Leben sichtbar – und durch ihn auf sie übertragen. Und es gibt auch heute viele Menschen, die Jesus nicht in Galiläa und Judäa, sondern im Zeugnis der Evangelien begegnen – und auf ähnliche Weise seine kraftvolle Anziehungskraft erfahren, sodass sie denselben Weg einschlagen wie jene, die damals positiv auf ihn reagierten.

Ein Grund dafür, dass Jesu Worte als hart empfunden wurden, lag darin, dass er seine Zuhörer zum Denken brachte. Für manche Menschen ist das Denken eine schwierige und unangenehme Übung – besonders dann, wenn es bedeutet, fest verankerte Vorurteile und Überzeugungen kritisch zu hinterfragen oder den herrschenden Meinungskonsens in Zweifel zu ziehen. Jede Aussage, die zu solchem Denken auffordert, gilt daher als eine harte Rede. Viele der Worte Jesu waren in diesem Sinn hart. Sie deuteten an, dass es gut wäre, Dinge zu überdenken, die jeder vernünftige Mensch als selbstverständlich ansah. In einer Welt, in der das Rennen den Schnellen und der Sieg den Starken gehörte, in der die Lebenspreise an die Durchsetzungsfähigen und Macher gingen, war es völlig absurd, den Sanftmütigen zu gratulieren und ihnen zu sagen, dass sie das Erdreich besitzen oder – noch besser – das Himmelreich erlangen würden. Vielleicht sind die Seligpreisungen damals wie heute Jesu härteste Aussagen.

Für die westliche Welt ist die Härte vieler Aussagen Jesu heute umso größer, weil wir in einer anderen Kultur leben als derjenigen, in der sie gesprochen wurden, und weil wir eine andere Sprache sprechen. Jesus sprach offenbar überwiegend Aramäisch, aber mit wenigen Ausnahmen sind seine aramäischen Worte nicht überliefert. Seine Aussagen sind in Übersetzung zu uns gekommen – und diese Übersetzung, das Griechisch der Evangelien, muss wiederum in unsere eigene Sprache übersetzt werden. Doch wenn die sprachlichen Hürden soweit wie möglich überwunden sind und wir seine Worte in einer sogenannten „dynamisch äquivalenten“ Übersetzung hören – also einer Übersetzung, die denselben Eindruck bei uns erzeugen soll wie die Originalworte bei ihren ersten Hörern –, dann kann die Überwindung der einen Schwierigkeit neue Schwierigkeiten hervorrufen.

Denn für uns gibt es zwei Arten harter Worte: solche, die schwer zu verstehen sind – und solche, die allzu leicht zu verstehen sind. Wenn Aussagen Jesu, die in ersterem Sinn schwer sind, in dynamisch äquivalente Begriffe übersetzt werden, werden sie oft im zweiten Sinn hart: weil sie auf einmal verständlich sind. Mark Twain sprach für viele, als er sagte, dass ihn nicht die unverständlichen Stellen in der Bibel beunruhigten, sondern gerade die, die er verstand. Das gilt besonders für die Worte Jesu. Je besser wir sie verstehen, desto schwerer sind sie auszuhalten. (Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum manche religiösen Menschen modernen Bibelübersetzungen so feindlich gegenüberstehen: Diese machen den Sinn deutlich – und der klare Sinn ist schwer zu ertragen.)

Insgesamt ein hilfreiche Ergänzung für jemanden, der bereits über einige Kommentare verfügt und konkret problematische Fragestellungen anschauen möchte. Vor allem im Neuen Testament gibt es zu jedem Kapitel meist mehrere Eintragungen.

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Krone des Lebens – Die Geschichte von Blanche Gamond von E.E. Ronner

Hinweis: Wiederveröffentlichung des Artikeln aus dem Jahr 2023 zur Neuauflage dieses Buches bei CLV 2025.


Endlich habe ich Zeit gehabt, die eindrucksvolle Biographie von Blanche Gamond zu lesen. Der Schweizer, der die Geschichte dieser Leidens- und Glaubensheldin niederschrieb, hat viele solcher Biographien aufgearbeitet und erhält so die Geschichte vom schweren Schicksal der Hugenotten auch für unsere Zeit.

Blanche ist einzige Tochter einer wohlhabenden Seidenzüchter-Familie in Saint-Paul. Obwohl der Druck auf die französischen Protestanten immer mehr zunimmt und sie z.B. zwangsweise die Einquartierung von Dragonern (= „gestiefelte Missionare“) dulden müssen (natürlich auf eigene Kosten), ist ihnen im Edikt von Nantes Toleranz zugesagt. Doch König Ludwig XIV widerruft dieses Edikt 1685. Er hat ein Ziel, zu dem er von den Engsten Beratern am Hofe mit angefeuert wird: Frankreich frei von „Ketzerei“ zu machen. Dabei setzt er zunächst auf Zwangsbekehrungen. Jede Ausreise aus dem Land ist den Hugenotten untersagt. Was nun anfängt sind einige Jahre brutale Verfolgung sämtlicher Protestanten (und ihrer Sympathisanten) in Frankreich. In genau diese Zeit fällt Blanche junges Leben. Auf der Flucht, während sie schon das rettende Ufer der „Schweiz“ sieht, wird sie und ihre Mutter ergriffen. Sie muss ansehen, wie viele Hugenotten der Haft/Folter/Verachtung/Ausgrenzung nachgeben und zum Papismus konvertieren, so auch ihre Eltern. Doch Blanche und viele andere Schwestern bleiben treu. Selbst dann als sie in die Hände von niemand geringerem als La Rapine landen. Er ist Spezialist für die „Unverbesserlichen“ im Spital von Valence und denkt sich nahezu täglich neue Teufeleien für die Ketzer aus. Eine Odyssee des Leidens beginnt nun für Blanche, aus der Sie mit Gottes Hilfe siegreich hervorgeht.

Das Buch von Ronner ist hervorragend recherchiert. Die individuelle Geschichte von Blanche wird mit vielen Informationen über das Schicksal der Hugenotten erläutert. Immer wieder zitiert er offizielle Dokumente, Predigttexte, Briefe. Die Grundlage seines Werkes ist aber vor allem die Aufzeichnung über ihre Leiden, die Blanche Gamond in ihrem Exil in Bern selbst verfasst hat.

Insgesamt ein lesenswertes Buch und ein guter Einstieg in die Geschichte der leidenden protestantischen Kirche Frankreichs.

Update am 05.06.2025:

Ein Neuauflage ist bei CLV erschienen:

Emil Ernst Ronner
Krone des Lebens – Die Geschichte von Blanche Gamond
Band 14 der Jugendbuchreihe »stark und mutig«

erhältlich auch bei cbuch.de.

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Devil in the Family – Der Fall Ruby Franke

Vor einigen Jahren zog die Verhaftung der bekannten „Erziehungsbloggerin“ Ruby Franke sogar die internationale Aufmerksamkeit auf sich. Die Aufnahme einer Überwachungskamera, die ihren zwölf Jahre alten Sohn dabei zeigt, wie er bei Nachbarn Hilfe holt, ist erschütternd. Zum Zeitpunkt er Verhaftung war es mir nicht möglich gewesen, weitere Hintergrundinformationen zu der Entwicklung dieser Frau, die von Youtube für den Muttertag als DIE Mutter überhaupt ausgewählt wurde, nachzuverfolgen. Denn mit der Verhaftung waren alle Blogs und Auftritte natürlich entsprechend weg.

Umso dankbarer bin ich für Die Dokumentation „Devil in the Family: The Fall of Ruby Franke“, die in Deutschland leider bisher nur via Disney-Plus zugänglich ist (soweit ich recherchieren konnte). Ein Trailer findet sich hier.

Diese dreiteilige, insgesamt etwa 2,5h lange Dokumentation ist überraschend gut gemacht und enthält einige lehrreiche, wenn auch schockierende Lektionen. Ruby fängt 2015 mit Ihrem Youtube-Channel „8 Passengers“ an, in dem sie das Leben ihrer 8 köpfigen Familie filmt. Schon den ersten Folgen des Vlogs ist eine gewisse Sehnsucht nach Perfektion anzumerken, eindrucksvoll ruft Ruby in die Kamera, dass das für sie „der Himmel auf Erden“ sei, für Ihre Familie in der Küche zu stehen. Jeder kennt die Anspannung in der Öffentlichkeit zu sein. Immer nur privat können wir niemals bleiben, und ich denke jeder ist schon einmal in die Falle gegangen, dass die Außenwirkung besser war, als „das Wahre und Persönliche“.

Entsprechend zeigen die veröffentlichten Folgen von 8 Passengers schon bald nur das, was die Familie zeigen möchte. Die Kinder machen zunächst begeistert mit, denn sie fühlen sich wie kleine Stars. Doch schon bald wird Ist die Kamera immer dabei, und als die Familie in ein neues Haus zieht, wird dieses mehr wie ein Studio hergerichtet. Eine Szene zeigt die Ankunft des Vaters von der Arbeit – immer ein kritischer Moment – ,man erkennt einen erschöpften Mann, der sich zu einem Lächeln für die Kamera zwingt.

Für die Mormonin Ruby wird diese Show immer mehr zur Mission. Sie sieht in ihrem Channel immer mehr eine Art Mission und Tränen stehen ihr im Gesicht, als sie einen jungen Mann trifft, der sich wegen Ihrem Channel der Kirche der Heiligen der Letzten Tage, anschließt.

Es scheint in R. Frankes Vlog zwei Umbrüche zu geben. Irgendwann, und dieser Moment ist nicht so ganz eindeutig in der Doku auszumachen, dominiert nicht mehr bloß die Darstellung des Familienalltags. Ruby fängt an, immer mehr über ihre zunehmend harschen Erziehungspraktiken zu reden. Zu einem Bruch mit den Followern kommt es, als sie in einem Video erzählt, dass der Älteste Sohn wegen unzufriedenstellenden Umgangs mit seinem Smartphone zu sieben Monate langem Schlafen auf dem Sitzkissen verdonnert wurde. Mit den Followern verschwinden auch die Einnahmen, die bis zu 100.000Dollar monatlich betrugen. Ruby sieht sich einer Woken Cancel-Kultur ausgeliefert und die Familie bekommt Kontakt mit der mormonischen „Seelsorgerin“ Jodi Hildebrandt. Sie macht erst mächtig Eindruck auf die Familie, sowohl der Ehemann wie auch der Sohn haben nun wöchentlich mit Ihr Online-Treffen, Ruby selbst wird schon bald Assistentin von J. Hildebrandt.

Nun überschlagen sich die Ereignisse. Es ist 2019-2020 mittein in Corona und sowohl für Fam. Franke wie für Jodi Hildebrandt ist klar: Die letzte Zeit ist vor der Tür. J. Hildebrandt interpretiert sich zunehmend als eine Prophetin dieser Zeit und wird begeistert von Ruby angefeuert, die sie nun immer mehr in ihre Familie lässt. Mit fatalen Folgen: Kevin, der Mann von Ruby wird zu einer Zwangstrennung verdonnert, die beiden ältesten Kinder dürfen keinen Kontakt mehr mit der Familie haben. Zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht Ruby vor allem Prepper-Videos.

Sie ist nun überzeugt, dass ihre jüngsten Kinder dämonisch besessen sind. Austreiben kann die Dämonen hier nur noch mehr Härte, so lässt sie die Kinder in der Sonne stehen, verschmiert Ihre Wunden mit Pfeffer, hält sie gefangen fest. Verhungert, verprügelt und mit letzter Kraft gelingt dem 12 Jährigen Sohn die Flucht – Jodi und Ruby werden verhaftet. Im Verlauf des Verfahrens bekennen sie sich schuldig und werden zu jeweils 30 Jahren Haft verurteilt.

An der Dokumentation wirken auch die zwei ältesten Kinder Rubys, Chad und Shary Franke, so wie ihr Mann Kevin Franke mit. Die Kinder erzählen sehr behutsam und vorsichtig, fast schon zu unkritisch von dem Verhalten Ihrer Eltern, aber das gibt einen umso zuverlässigeren Einblick in die vorgegangenen Situationen. Das Verhalten des Ehemanns Frankes wirkt aber verstörend, und ein Stück weit versucht er wohl seine Schuld reinzuwaschen, aber leider ist ein Großteil der Entwicklung dieser Familie nur möglich gewesen, weil er zu oft zu passiv war.

Die Dokumentation fesselt einen eigentlich von der ersten bis zur letzten Minute. Sie ist ein guter Warnruf für jeden, der öffentlich, nicht nur mit Youtube-Beiträgen, sondern z.B. mit Blogs oder Instagram-Beiträgen aktiv ist. Gerade wenn man „seine Familie“ präsentiert, ist man schnell dabei, diese in einem gewünschten, statt tatsächlichen Licht zu sehen und zu präsentieren. Und schon bald fängt man an das verkaufte Bild selbst zu glauben und jede Abweichung von diesem Ideal wird zu einer großen Krise. Die Dokumentation bringt glaubhaft herüber, dass Franks Ansinnen zunächst wirklich ein gutes war, doch sie verliert sich letztlich in einem schrecklichen Albtraum. Jeder der öffentlich auch nur irgendetwas geäußert hat, wird um diesen Kampf wissen, sich „besser darzustellen, als die Realität ist“. Die Dokumentation zeigt dafür eine gut gewählte Szene (die auch im Trailer zu sehen ist). Die Mutter möchte eine glückliche Familie zeigen, doch der Sohn ist zermürbt. Also fordert sie ihn auf „zu faken, dass er glücklich ist“.

Auch wenn der Mormonismus ebenfalls eine Ursache dieser Entwicklung ist, was in der Dokumentation regelmäßig, aber leider nicht vertiefend genug, besprochen wird, sind die Parallelen zu allen Christlichen Lebensmodellen in denen Jesus zwar durchaus wichtiges Vorbild, aber eben kein Freund und Versöhner ist, deutlich. Überall sah diese Familie Dämonen, und fing an, diese zu bekämpfen, und merkte in all diesem Kampf nicht, dass sie dem Teufel schon längst Tür und Tor geöffnet haben. Die Parallelen hier zu einigen Gesprächen mit z.B. Pfingstlern waren beängstigend. Gleichzeitig besitzen sie eine geradezu krankhafte Gier nach Perfektion, und eigentlich nicht nur Fam. Franke, sondern der ganze Ort, getrieben von einer erbarmungslosen Leistungs-Theologie des Mormonismus.

Aber auch Ihr Kontakt mit einer Seelsorgerin, die zwar Paar-Therapie anbot, aber selber geschieden war, ist ein lehrreicher Aspekt. Seelsorge ist eine behutsame Sache und gehört nicht in die Hände von Spezialisten- geschweige den in die von selbsternannten Aposteln – , sondern in den geschützten Rahmen der Gemeinde. J. Hildebrandt hat übrigens ein vierstöckiges Herrenhaus ganz alleine bewohnt. Und trotz allem ihrem Wohlstand war sie eine Prepperin und besaß einen ganzen Keller voll Vorräte.

Die Dokumentation zeigt auch die zentralen Ratschläge Hildebrandts: Isolation und Trennung. Gemixt mit feministischen Ideen, wurden Paare, die sich von ihr beraten lassen haben, sehr bald zur Trennung ermutigt und zur Isolation von anderen. Seelsorge kann auch in evangelikalen Kreisen genau diesen gefährlichen Trend entwickeln: Isolation und Trennung. Umso beklagenswerter ist, dass obwohl ihr und Ruby das Handwerk gelegt wurde, sie letztlich ihr Ziel erreicht hat. Die Beziehung von Vater zu den Kindern und den Kindern untereinander ist nachhaltig gestört.

Diese Rahmenbedingungen: Die Sekte der Mormonen, durch manipulierte Seelsorge herangezüchtete Angst vor Dämonie, der Prepper-Wahn und der Perfektionismus der digitalen Selbstdarstellung waren das Gift aus dem die Zerstörungswut Ruby Frankes wuchs, die ihren Kindern beinahe das Leben gekostet hat. Für mich persönlich war vor allem der letzte Aspekt eine wichtige Mahnung ehrlicher und demütiger in der digitalen Welt aufzutreten (oder eben nicht aufzutreten). Es wäre viel besser, wenn diese Frau auch nicht ein Video gefilmt hätte, auch nicht einen Like bekommen hätte, auch nicht einen Follower gehabt hätte, und doch ihre Seele und ihre Familie gerettet hätte.

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Hörbuch und Dokumentation über Philipp Mickenbecker

(Sprachliche Anpassung vom 19.05.2025)

Langsam klingt der Hype um die Real Life Guys sicher ab, und wie so oft, bin ich ein paar Jahre hinterher. Dennoch finde ich, enthält die Geschichte Philipps – neben einigen kritischen Elementen, sehr viel Gutes Material. Zu Gute kommt, dass die Dokumentation „Philipp Mickenbecker – Real Life“ nahezu eine nahtlose Ergänzung des Hörbuchs /Buchs „Meine Real Life Story – Und die Sache mit Gott“ ist(Wir haben dieses Werk bereits einmal besprochen). Diese Biographie, – gelesen vom Autor selbst- , erschien noch in einer Zeit, in der Philipp den Krebs nun endgültig für überwunden hielt. Im Hörbuch schildert der Autor seine Kindheit, seine Bekehrung, seine erste (und zweite Krebsdiagnose) und auch den Unglücksfall seiner Schwester. Immer wieder war bewegt, wie differenziert Philipp in diesem jungen Alter über Themen wie „Willen Gottes erkennen“, „individuelle Freiheit“, „Gebrauch und Umgang medizinischer Hilfe“, „Tod“, „Zweifel“ schreiben konnte. Die apologetische Stärke der Biographie ist mir erst langsam aufgegangen, was die Geschichte zu einem wertvollen missionarischen Instrument macht.

Die Dokumentation beschreibt in gewisser Weise die Geschichte Philipps weiter. Sie fängt mit dem Flugzeug-Absturz der Schwester an und wie dieses Ereignis Philipps geistliches Leben verändert hat. Grob lässt sich die Dokumentation (Achtung Spoiler) wohl in drei Teile teilen. Das erste drittel zeigt einige mediale Auswirkungen vom Schicksal Philipps auf, die ihm durch die große Reichweite seiner Channels ermöglichten in den unterschiedlichsten Sendungen seinen Glauben zu bekennen. Auch herausfordernden Fragen begegnete Philipp mit sowohl Verständnis wie Klarheit – Beides für das Alter sehr unerwartet und überraschend reif.

Das zweite Drittel beschreibt den Aufenthalt der Real Life Guys in der dominikanischen Republik, es ist Philipps letzte Unternehmung. Sein Krebs entwickelte sich hier bereits zu einer offenen Wunde, in die sich nun während dem Inselaufenthalt Maden einnisten.

Das letzte Drittel der Doku zeigt den Kampf gegen den Krebs, der langsam verloren wird. Man erlebt ein langsames Dahinsiechen, ja auch die letzten Tage und Stunden ,und dass inmitten von Corona! Schon einige Male konnte ich diese „gelbe alte“ Haut von Krebskranken persönlich miterleben, und hier sah ich sie am Leib des ansonsten sportlichen jungen Mannes wieder. Auch die Ärzte geben ihm keine Hoffnung mehr – äußerst loyal hält die Freundesgruppe in dieser Zeit zusammen und sie verbringen viel Zeit im Singen, Bibellesen und Gebet. Besonders eindrücklich ist das Gespräch zwischen Samuel Koch und Philipp wenige Stunden vor seinem Tod. Aber auch als Philipp Freunden und Eltern bekennen kann, dass er seinen Frieden mit Gott hat und seine Mutter erwidern kann, „wir auch“ das fand ich wirklich tröstlich. Kaum ist Philipp verstorben bewegt das einen seiner Guys das Christentum anzunehmen.

Eindrucksvoll endet die Dokumentation mit den in den Himmel aufsteigenden Ballons auf der Beerdigung Philipps (der natürlich, wie auch anders, in einer Badewanne beerdigt wurde) und während die Kamera langsam in den Himmel blickt, erscheint der Schriftzug „Real Life“. Das echte Leben erwartet den Christen erst noch!

Obwohl ich verstehe, dass der Lebensstil der Real Life Guys nicht jedermanns Sache ist, und einiges im Verhalten der Guys gelegentlich irritierend ist, lässt sich das klare Zeugnis von Philipp dadurch keinesfalls schmälern. Sein Zeugnis nur deswegen abzulehnen weil er aus keiner Friedensstimme- oder mennonitischen Gemeinde stammt, ist wirklich ein Armutszeugnis. Es ist auch ungerecht an einen, der schon mit 23 Jahren verstirbt, die gleichen Erwartungen zu stellen wie an einen 40-Jährigen. Diese Nachsicht mit der Jugend vermisse ich nahezu vollständig an allen Kritiken, die so durch den „Buschfunk“ gehen. Das schreibe ich nicht, weil ich Hoffnung hege, irgendwelche Kritiker zu irgendwas überzeugen, sondern weil ich die Wahrheit liebe.

Als Familie empfanden wir sowohl Hörbuch wie auch Dokumentation als eine große Ermutigung. Gerade in der letzten Zeit, in der das Leben unserer jüngsten immer wieder am seidenen Faden hing und das Thema „Medizin“ so unfassbar nah an einen trat, war diese Ausrichtung auf „das Real Life“ im Himmel ein großer Trost.

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Neues und Altes für die Ohren

Gelegentlich ist es gar nicht mehr so einfach gutes Hörmaterial ausfindig zu machen. In letzter Zeit habe ich mich schwer getan ansprechendes und „wirksames“ für unsere Kids aufindig zu machen. Dennoch gab es den ein oder anderen Glückgriff, den ich hier vorstellen möchte:

Um mit „Neuem“ anzufangen: Ganz druckfrisch aus der CD-Presse findet sich der 2 Teil der „Schwestern von Sea View“ von Julie Klassen in einer gelungenen Lesung von Sabine Schmitt. Ich überwand mich einige Stellen mit meiner Tochter anzuhören. Ansonsten dürfte es es eher für junge Damen ein ansprechendes Hörbuch sein.

In diesem Zusammenhang muss „Liebe wächst wie ein Baum“ erwähnt werden. Erst durch die szenische Lesung von SCM/ERF ist mir die tiefe und Zärtlichkeit dieser Geschichte aufgegangen, bzw. J. Oke als geschickte Schriftstellerin. Seit diesem Hörbuch bin ich ein großer Fan des Buches geworden.

Bei der Suche nach weiteren ERF-Hörbüchern dieser Qualität entdeckte ich außerdem „Tewje, der Milchmann“ von Scholem Alejchem. Ein unfassbar ehrliches Buch über das jüdische Leben im Südwesesten Russlands, dass seinen Humor und Optimismus nicht verliert.

„Der Junge mit dem Cowboyhut“ – über dieses Werk habe ich schon einiges gute gehört, bin aber erst jetzt dazugekommen es (zum großen Teil) mit den Kindern anzuhören, und die geradlinige Erzählweise hat mir genauso zugesagt, wie die nahbaren Personen des Werkes: Die Protagonisten werden kindsgerecht und doch mit ihren Schwächen und Stärken geschildert.

Reiner Unglaub wird als Sprecher selbst von Hörbibeln geschätzt. Wir schätzten ihn als den Sprecher von „Das Wirtshaus im Spessart“ kennen. Er liest diesen Märchenzyklus von Wilhelm Hauff mit einer ergreifenden Klarheit.

Wenn wir schon bei ergreifenden Sprechern sind: Die Bearbeitung der Wilhelm-Tell-Legende von Schiller durch Barbara Kindermann ist super gut gelungen und von Otto Sander einfach eindrucksvoll und berührend vorgelesen. Ich habe diese Geschichte gleich zwei mal durchgelesen. Da finden sich so viele interessante Aspekte zum Weitererzählung und Besprechen mit den Kindern… (Man müsste es, dass muss ich gestehen, nur häufiger machen). Anmerkung: Dieses Hörbuch lässt sich nicht mehr auf Audible erwerben.

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Logos Unchained – Ein Testbericht über Logos Pro

Wenn ich auch bei meiner zweiten Rezension über die Bibelsoftware Logos eine Anspielung an die Pop-Kultur wähle, dann auch, weil Logos mittlerweile ebenfalls ein Teil der Pop-Kultur ist, zumindest für jeden, der „populär“ die Bibel erforschen möchte. Populär meint hier, flexibel auf den unterschiedlichsten Geräten, ob Mobilgerät, Desktop-PC oder Browser-Anwendung und Populär meint auch die dadurch entstehende „zeitliche Flexibilität“. Populär meint auch den Zugriff auf „religiöses Big Data“.

Als nun langjähriger Logos-Nutzer freue ich mich, dass Logos viele Schritte in die richtige Richtung unternommen hat. Den neuen Trend mit dem Abo halte ich aber für mindestens verfrüht. Ich berichte.

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Trostworte aus „Ich bin der Herr dein Arzt“ über die Wahl des Kreuzes.

Wenn einem Nachts das Fieber befällt, greift man zu Ibuprofen, bei anhaltendem Husten zur Thymian-Salbe und bei Schlaflosigkeit zu einem Baldrian Tee. Es gibt Situationen, da tut Medizin gut, ja wahre Wunder. Das erlebt man auch an tröstlichen Büchern. Man sollte sich angewöhnen, die gleiche „ich greife zum Medikament“-Mentalität in geistlichen Krisen/Krankheiten/Schwächen zu entwickeln. Ein Buch zu dem ich während geistlicher Unpässlichkeit greife, ist „Ich bin der Herr den Arzt“ von C.H. Spurgeon. Die Tage habe ich wieder einige Seiten daraus gelesen. Das kurze Werk enthält kurze Lektionen, die häufig nur eine halbe bis höchstens 2 Seiten lang sind. Einzige Ausnahme ist das einleitende Kapitel „Die Wahl des Kreuzes“, das blickt ein bisschen tiefer, theologischer auf die Frage des Leids. Hier finden sich viele wertvolle Gedanken, gleich vom ersten Bissen entfaltet diese Medizin ihre Wirkung, ich zitiere vom Beginn des Werkes, über die Wahl des Kreuzes.:

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„Alle Kinder Gottes werden gezüchtigt; aber nur selten dürfen sie wie David die Rute auswählen, aus einer Anzahl von Trübsalen die leichteste aussuchen. Gewöhnlich erscheint uns gerade das Kreuz, das uns auferlegt ist, als das schwerste. »Ich weiß wohl«, heißt es, »dass wir Trübsal haben müssen, aber mein gegenwärtiges Leiden ist das schwerste, das mich treffen konnte. Jedes andere Kreuz könnte ich leichter tragen.«

Der eine sagt: »Ach, körperliche Schmerzen wollte ich gerne ertragen.« Der andere meint: »Na ja, arm wollte ich gerne sein, wenn ich nur gesund wäre!« Der Dritte erklärt: »Spott und Verfolgung von den Gottlosen wollte ich mir gerne gefallen lassen, aber Armut ist doch zu schwer zu ertragen.« Und so weiter. Der Herr aber hat alles für jeden geordnet. Wir sind nicht die Herren, sondern die Knechte in seinem Haus und haben nur zu gehorchen.

Aber stelle dir einmal vor, du dürftest wählen! Du würdest dann die Wahrheit des Sprichworts erfahren: »Wer die Wahl hat, hat die Qual.« Wählst du körperliche Krankheit? Sag nicht so schnell: »Ja!« Ich weiß, was Krankheit ist, und auch, wie unerträglich sie sein kann. Dann etwa Armut? Mancher weiß ein Lied von ihr zu singen, und zwar kein frohes. Es ist ganz gewiss kein Vergnügen, abends nicht zu wissen, woher am folgenden Morgen das Geld für Nahrung und Kleidung kommen soll, und von wohltätigen Spenden abhängig zu sein. Oder wählst du Schmach und Verleumdung? Die können sogar einem starken Mann das Herz brechen. Oder soll es etwa der Verlust deiner Lieben sein? Möchtest du wirklich, dass der Gefährte oder die Gefährtin deines Lebens dir genommen wird oder dass dir ein Kind vom Herzen gerissen wird?

Wenn du die Wahl unter all diesen Kreuzen hättest, ginge es dir wohl wie den Eltern, die aufgefordert wurden, eines ihrer zehn Kinder einem an­deren zu überlassen. Das erste Kind konnten sie nicht hergeben, denn es war der Stammhalter; das zweite nicht, weil es ein sehr zartes Mädchen war; das dritte war seiner Mutter Ebenbild und das vierte war ganz besonders lieb. Und so ging es fort bis zum Nesthäkchen, das noch an der Brust seiner Mutter lag und das man ihr natürlich gar nicht nehmen konnte. So hätten auch wir gegen jedes Kreuz einen besonderen Einwand, und die Wahl des Kreuzes allein wäre schon »ein schweres Kreuz«.

Dazu würden wir uns wahrscheinlich ein schlimmeres Kreuz wählen als das, was wir schon tragen müssen. Unser erstes Gefühl wäre: Wir müssen unser bisheriges Kreuz loswerden; wir sind dieses Kreuz leid, und wir meinen, jede Veränderung werde auch eine Verbesserung sein. Wir sehen, wie unser Freund unter seinem Kreuz so fröhlich ist, und wünschen uns an seine Stelle. Aber glaube mir: Gott hat die Last deinem Rücken und deinen Rücken der Last angepasst, und ein Vertauschen der Last brächte für dich und deinen Freund nur Nachteile.“

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„Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe“ von Augustinus von Hippo

Manche Titel der Kirchenväter-Bücher tragen schon echt coole Titel, das „Enchiridion“ (= Handbüchlein), wie das „Buch vom Glauben, .von der Hoffnung und von der Liebe auch genannt wird“ hat definitiv einen spannenden Titel. Wie man erwarten darf, findet sich das Buch bei der Bibliothek der Kirchenväter.

Ich habe zu dem Buch aus zwei Antrieben heraus gegriffen: Zum Einen wollte ich wissen, was eigentlich die Definition von Hoffnung ist. Hoffnung ist ein Begriff, der mir noch weniger „greifbarer“ erscheint als Glaube. Irgendwie klingen versuchte Definitionen von Hoffnung nach Glaube (und teilweise auch umgekehrt).

Außerdem wollte ich wissen, ob es zu dieser Dreiteilung von Glaube, Hoffnung und Liebe weitergehende Betrachtungen gibt: Also fassen diese drei „Oberbegriffe“ alle Tugenden mit ein, in etwa dieser Art: Glaube die Tugenden in Richtung Gott (wie z.B. Treue, Vertrauen), Hoffnung die Tugenden zu sich selbst (wie z.B. Geduld, Ausharren) und Liebe die Tugenden zu den Mitmenschen (und somit auch Langmut, Sanftmut, Güte usw..).

Für diese zweite Frage fand ich in diesem Werk von Augustinus keine Antwort, auf die erste immerhin teilweise. Augustinus geht auf die Frage nach dem Unterschied von Glaube und Hoffen in Kapitel 2 dieses Werkes ein. Während man sowohl Böses wie Gutes glaubt, Vergangenes, wie Zukünftiges, blickt die Hoffnung nur auf die Zukunft und „zwar nur zu solchen Gütern, die den angehen, der die Hoffnung auf sie hegt“.

Dennoch war die Lektüre dieses mittellangen Werkes alles andere als enttäuschend. Es findet sich eine Besprechung des Glaubensbekenntnisses darin, dass Augustinus als Zusammenfassung aller christlichen Tugenden wertet. Die Exkurse, die Augustinus dabei zieht, waren teilweise sehr aufschlussreich, z.B. als er darüber nachdenkt, ob Notlügen zulässig sind (Kapitel 6, Augustinus lehnt diese Möglichkeit kategorisch ab).

Typisch Augustinus ist dabei, dass er diese Fragen oft von verschiedensten Perspektiven betrachtet. In Kapitel 7 entwickelt er seine Frage weiter: Man kann sich positiv irren und negativ nicht irren. Kann ein Irrtum etwas gutes bewirken, ja auch in guter Absicht entstanden sein, während eine Lüge, die zufälligerweise die Wahrheit trifft, weiterhin eine Lüge bleibt. Ein sehr spannendes Kapitel.

Augustinus spinnt den Faden weiter und landet bei einem Thema, dass man bei Augustinus regelmäßig trifft: Das Zusammenspiel von Gnade und freier Wille. Gerade in diesem Buch entwickelt er eine differenzierte Betrachtung darüber, wie der Wille des Menschen im Zustand im Paradies ist, wie er im Gefallenen und wie er im erlösten Zustand ist (Vergleiche auch diese Aufstellung in diesem Artikel).

Sehr spannend war die Besprechung des Sühnetods Christi (Kapitel. 13). Sehr gründlich stellt Augustinus zwei Möglichkeiten, zwei Wege, zwei Zustände dar: Entweder in Christus oder in Adam. Leider entwickelt sich hier der Faden in teils seltsame Wege. Der Zustand „in Christus“ kann nach Augustinus nur durch die Wiedergeburt der Taufe erreicht werden, ein Grund für ihn über die Notwendigkeit der Säuglingstaufe nachzudenken – dass er das tut deute ich derweil so, dass die Säuglingstaufe um das Jahr 400 noch vehement verteidigt und begründet werden musste. Während Augustinus in Kapitel 18 noch sehr vorsichtig von der Möglichkeit eines Fegefeuers spricht, klingt er in Kapitel 29 ganz anders: Hier spekuliert er, dass gute Taten der Nachkommen das Fegefeuer erträglicher machen können. Das sind so „Katholizismen“ des Buches, die aber kirchenhistorisch für die Entwicklungsgeschichte solcher Themen sehr interessant zu lesen sind. Sehr interessant ist auch wie kritisch Augustinus ehelichen Verkehr wertet (Kapitel 21). es ist im besten Fall eine durch den Apostel tolerierte Sünde.

Das Buch enthält viele interessante historische Details, z.B. die Erwähnung eines siamesischen Zwillings (Kap. 23) oder die Besprechung der Frage, ab wann eigentlich das Leben beginnt (gleiches Kapitel). Augustinus bespricht diese Fragen im Kontext von „der Auferstehung des Fleisches“. Ein starkes Kapitel, wie auch die gründliche Betrachtung der Buße in den Kapiteln 19-22. Leser, die mit Fragen nach dem Monergismus ringen, werden Kap. 27 IN wiefern heißt es 1. Tim 2,4: „Gott will, dass alle Menschen selig werden?“ interessant finden. Über weite Strecken ist das Buch von hervorragender Auslegungskraft, so werden Quellenunterschiede genauso besprochen, wie Wortstudien, Auslegungsweisen, wobei Augustinus gelegentlich über die Strenge schießt und stellenweise an Tertullians Dialektik erinnert. – Üblicherweise ist er aber ein ausgewogener und vorsichtiger Ausleger der Schrift.

Eigentlich hat man diesen Effekt bei Augustinus regelmäßig: Er klingt so oft sowohl völlig katholisch, während er noch eine Seite so radikal evangelisch klang. Mir geht es als Leser aber so, dass die radikale Zuwendung zum Evangelium und zur Gnade ein großer Trost und eine große Ermutigung wird, während der Katholizismus weiterhin ein Fremdobjekt bleibt.