Alle Artikel in der Kategorie “Biblische Lehre

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Lesen gegen den Trend: Ein Ziel für das Jahr 2025

Für V.H.

Lieber V., deine regelmäßigen Nachrichten über deine Lektüre waren in den letzten Wochen eine große Ermutigung für mich. Die Wahl meiner Lektüre fällt sicher anders aus, als deine, aber ich möchte dich unbgedingt ermutigen, weiterhin gegen den Strom zu schwimmen.

Lesen ist so out wie nie – eine verwandte Seele sagt mir immer, wenn ich ein Buch erwerbe, dass es die reinste Geldverschwendung wäre, man könne doch alles auch im Internet nachlesen. Lesen ist in etwa genauso out, wie das Bloggen. Für was einen Artikel lesen, wenn man sich durch Insta-Reels klicken kann?

Ich bin sowohl zu anachronistisch, wie auch zu sturr, um einfach jedem Trend zu folgen, und beklage jeden (christlichen) Blogger, der das Bloggen für Insta (oder sonst was) -Flimmerbildchen eingetauscht hat. Keine Option für mich. Und es scheint auch keine Option für meine beiden Mitautoren Alex R. und Eduard K.

Sehr beklagenswert ist auch, dass beide, sowohl Alex, wie auch Eduard durch Ihre Einbindung in Lokaler (und weltweiter) Gemdeinde, kaum oder keine Zeit mehr für Bloggen haben. Sie wären deutlich bessere Autoren als ich, die auch über einen viel besseren Geschmack verfügen, was zumindest christliche Literatur angeht. Ich kann meinerseits höchstens auf meine Expertise für Literatur des 19ten und frühen 20ten Jahrhunderts verweisen, das ist nun wirklich anachronistisch! Übrigens, habt ihr gewusst, dass Eduard Pastor (als Mennoniten sagen sie das Wort Pastor nicht, aber he has no choice) einer großartigen Mennonitischen Gemeinde in Weingarten ist . Ich wünschte, es wäre mir vergönnt, ein Mennonit zu sein! Und trotz des seitlichen Banners geht es unter, das Alex mit cebooks.de christliche Ebooks überhaupt marktfähig gemacht hat.

In jeder Hinsicht war es somit immer eine Adelung für mich, an NIMM-LIES mitzuwirken. Das Projekt nur deswegen zu vernachlässigen, weil es nicht dem Trend entspricht, macht mich trotzig! Mehr als 1200 veröffentlichte Artikel können nicht irren.

Ein anderer Freund fragte mich, worauf ich mich für das Jahr 2025 freue – Seit der Schulzeit bin ich getaktet darauf, dass das Neue Jahr im September anfängt, deswegen war der erste Januar nie ein wesentlich relevantes Datum für mich. Dennoch hier sei ein Ziel für das Jahr 2025 geäußert: Wieder mehr Stoff unter der Marke „NIMM-LIES“. Und um konkreter zu werden, als die aktuell infaltionären Wahlprogramme unserer lupenreiner Demokraten: Mindestens 50 Artikel und die Steigerung der Zugriffszahlen um 30% im Vergleich zu 2024. Mit Gottes Hilfe wollen wir das in einem Jahr reviewen!

Und hier mein lieber V. brauche ich deine Hilfe: Warum eigentlich keine Rezensionen schreiben? Ein Ziel könnte doch sein, ein Viertel des Workloads zu übernehmen? Dass du gut texten kannst, ist mir bereits bekannt….

Und für den Rest: Was habt ihr in letzter Zeit so Gutes gelesen?

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Was uns vom Bibellesen abhält

“Verständiger bin ich als alle meine Lehrer. Denn deine Zeugnisse sind mein Überlegen.” (Psalm 119,99)

Manche Dinge verwundern einen je mehr, je älter man wird. Dazu gehört das Lesen der Bibel. Je älter ich werde, desto eher wird mir bewusst, was für ein Wunder es eigentlich ist, wenn ein Mensch oder ein Christ zu seiner Bibel greift.

Nimmt einer die Bibel zur Hand, und ich meine ernsthaft, um sich mit dem darin Geschriebenen auseinanderzusetzen, dann ist schon ein beachtlicher Sieg errungen, das ist schon ein Geschenk der Gnade, wenn einer anfängt in der Bibel zu lesen.

Ich habe hier die unterschiedlichsten Dinge beobachtet: Als Jugendlicher durfte ich häufiger einen Evangelisiten begleiten, der viele Junge Burschen häufig fragte: Kannst du lesen? Er meinte damit nicht Alphabetismus, Analphabenten- also sprichwörtliche – findet man äußerst selten. Aber er meinte die Muße und Fähigkeit ein Buch zu nehmen und es durchzulesen; Geduld zu haben, einen Text oder einen Textabschnitt geduldig durchzuarbeiten. Gerade in unserer Zeit von Ablenkung und Dauerberieselung durch TV, Prime, Netflix, Werbung, Smartphone, Whatsapp, X über alle möglichen Kanäle, über Ohr und Auge bleibt einfach keine Geduld mehr für ein Buch.

Das ist sicherlich ein gewaltiger Faktor und für eine ganze Menge an Menschen ein gewaltiges Hindernis, zur Bibel zu greifen. Aber dass die Hindernisse viel vertrackter sind, ist mir erst im Laufe der Zeit bewusst geworden. Immer wieder begegnen mir Theologen, ja selbst Doktoren der Heiligen Schrift, die zwar sehr wohl die Rezeption von Johannes Calvin in der postreformatorischen Geschichte aufzählen können (und das im Schlaf!) aber häufig wirklich wenig Zeit mit der Bibel verbringen, und selbst während ihres jahrelangen Studiums verbracht haben – Und ich meine nicht die gottlosen biblekritischen Schwätzer – ich meine bibelgläubige Christen!

Hier beobachte ich regelmäßig, dass man sehr wohl manch eine Doktrin, z.B. die von der Rechtfertigung oder die von der stellvertretenden Sühne sehr bibelfest und mit vielen Beweistexten kennt, aber in irgendeiner Weise sehr „schulbuchmäßig“ kennt, manchmal in einer „leblosen Orthodoxie“- Variante, manchmal aber auch wirklich lebendig und verbunden mit diesem Lehren, aber doch eben „nur“ (wenn man das Wörtchen „nur“ im Zusammenhang mit diesen gewichtigen Lehren verwenden darf) diese Lehren, die in irgendeiner Weise in der Ausbildung relevant waren – ansonsten existiert häufig wenig Interesse an der Schrift – so als hätte sie entweder nichts mehr nennenswertes zu bieten, oder wäre schon ausreichend bekannt, oder eben an den anderen Lehren eigentlich auch gar nicht so wichtig. Die beschriebene Beobachtung ist kein Einzelfall gewesen.

Es gibt unfassbar viele Hindernisse, die uns davon abhalten zu unserer Bibel zu greifen. Der Zeitmangel ist nur eines davon. Als Vater von sieben Kindern muss ich Br. Viktor Fade recht geben, der mir in meiner Jugendzeit immer ans Herz legte, „als Jugendlicher“ in der Schrift zu forschen – also in der Zeit, in der man sowohl Zeit wie auch „Hirnschmalz“ hat, das Gelesene zu merken. Aber wer soll schon Bibel lesen, wenn man die EM schauen könnte, oder die Olympischen Spiele, Champions League, Bundesliga, NHL, NBA und American Football ist ja auch immer mehr in Trend…

Irgendwie hat sich bei vielen Christen die Überzeugung breit gemacht, dass uns Gottes Wort selbst dann ausreichend nährt, wenn wir es an den Rand unserer Nahrungskette schieben. Sakrileg, wenn einer an der Bedeutung der Bibel rüttelt, aber unser Tagein Tagaus zeigt die Bedeutungslosigkeit, die die Bibel hier oft hat.

Warum halten wir die Bibel für bedeutungslos? Weil Sie keine Aktualität und Relevanz für „die wahren Probleme“ des Lebens besitzt. Die „Sache mit Gott“ wäre ja durch Bekehrung und Taufe geklärt, da stellt sich die Frage: Kann man nicht einfach glauben? – Und in der Zwischenzeit muss ich die neuesten Reels und Threads verfolgen – Ist es nicht beschämend, dass gerade das was „Bedeutungslosigkeit in Perfektion ist“, nämlich Instagram-Stories und Facebook-Reels (hier stellvertretend für mach anderes Zeug), die bereits morgen niemand mehr aufrufen wird und übermorgen jeder vergessen hat von uns mit gewichtiger Bedeutung beachtet werden als Gottes Wort, dass doch „ewiglich bleibt“, selbst wenn Himmel und Erde vergehen?

So kann sich ein Teufelskreis entwickeln: Wir lesen nicht die Bibel, weil sie für uns nichts von aktueller Bedeutung liefern kann – wir finden aktuelle Bedeutung irgendwo anders, werden hier kurzfristig gesättigt und haben noch weniger Lust zu unserer Bibel zu greifen, selbst wenn wir uns dazu zwingen wollen, und greifen wir dazu, ist der „Tank schon so voll“ dass kaum noch Aufnahmepotential vorhanden ist und siehe da, wir finden auch nichts mehr von aktueller Bedeutung – Und plötzlich ist Bibellesen geradezu ein Synonym für Frustration und Verbitterung!

Zu diesem Artikel passt der Name unseres Blogs recht gut: Nimm und Lies!

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Believer’s Baptism: Sign of the New Covenant in Christ

In der Nähe meines Wohnortes entschied die Gemeindeleitung einer bis dahin reformierten Baptistengemeinde, dass sie nun „die Sache mit der Bundestheologie“ (Zitat) besser verstehe und jetzt auch Kinder taufen wolle. Ich fand es auf mehreren Ebenen befremdlich: Zum einen sind Konversionen von Pädobaptisten zu Credobaptisten üblicher, zum anderen war mir gerade diese Gemeinde dafür bekannt ,hartnäckige Vertreter der Bundestheologie schon als Credobaptisten gewesen zu sein.

Wie dem auch sei, das Ereignis bildete für mich den Trigger, sich die Sache „mit der Taufe“ noch einmal näher anzuschauen. Die Entscheidung dafür „Believer’s Baptism: Sign of the New Covenant in Christ“ zu wählen, erwies sich dabei als der richtige Schritt. Das Buch wurde von Thomas Schreiner und Shawn D. Wright herausgegeben und enthält zehn Essays bekannter baptistischer Theologen, wie Köstenberger, Wellum, Caneday, Dever, Schreiner und anderen.

Tatsächlich ist es die Absicht des Buches sich vor allem mit der pädobaptistischen Position auseinanderzusetzen, wie sie von presbyterianischen Christen vertreten wird. Treffend hält J.H. Rainbow im Essay über die baptistische Lehre der frühen Anabaptisten fest:

„Im Dialog mit reformierten Pädobaptisten haben Baptisten oft das seltsame Gefühl, „so nah und doch so weit weg“ zu sein.“

(Thomas R. Schreiner und Shawn D. Wright, Believer’s baptism: sign of the new covenant in Christ (Nashville, TN: B&H Publishing Group, 2006), S. 204., eigene Übersetzung)

Schreiner schreibt im Einführungskapitel zur Dringlichkeit des Themas, sowohl nach außen, wie auch nach innen. Ob man nun Säuglinge tauft oder nicht, ist keine zweitrangige Frage für einen Baptisten:

Wir glauben nicht, dass die Säuglingstaufe nur ein kleiner Fehler ist, auch wenn wir uns über die evangelikalen Bekenntnisse vieler freuen, mit denen wir nicht übereinstimmen. Paul Jewett bringt die Bedeutung der Gläubigentaufe auf den Punkt, wenn er sagt: „Die Taufe von Säuglingen unabhängig vom Glauben bedroht die evangelikalen Grundlagen des Evangelikalismus“.

(ibid. S. 2)

Gleichzeitig ist man nicht „aus dem Schneider“, nur weil man Erwachsene tauft. Nur weil Michael Servetus eine strenge und konservative Haltung bzgl. der Taufe von gläubigen Erwachsenen vertrat, schützte ihn das nicht davor, die Lehren von der Dreieinigkeit und der Jungfrauengeburt Jesu zu verwerfen (ibid, im Vorwort). Absicht des Buches ist es, eine belastbare und gründliche biblische Lehre von der Taufe aufzurichten.

Das versucht das Buch auf vier Wegen. Die ersten drei Kapitel betrachten die Entwicklung der Taufe in den Evangelien, in der Apostelgeschichte und den Briefen. Drei Kapitel betrachten die Taufe in der direkten Auseinandersetzung mit bekannten presbyterianischen Positionen. Und jeweils Zwei Kapitel betrachten die Taufe im historisch-theoloigschen Kontext und in praktischen Fragen.

Dadurch, das wirklich jede Erwähnung und Allusion der Taufe untersucht wird, entsteht ein ganzheitliches Bild: So wurden die vorhandenen Parallele zwischen der christlichen und der johannitischen Taufe deutlicher. Oder aber auch die eindeutige sprachliche Nähe von „baptizo“ zum „untertauchen“ (und nicht zum besprengen). So steht in Markus 7,4 („und wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, bevor sie sich gewaschen haben…) für „gewaschen haben“ βαπτίσωνται (baptizontai).

Leider vertreten gerade Baptisten oft eine sehr redundante und oberflächliche Darstellung der Taufe und reduzieren sie gerne zu „einem zweiten Gehorsamsschritt“. Die Betrachtung von Stellen wie Mk 1,4;Joh. 3,5; Apg. 2,38; 1. Kor. 6,11; Eph. 4,5; Kol. 2,11-12, 1Pet. 3,21 und weiteren mehr, die in diesem Buch sehr ausführlich begangen wird, ist sehr hilfreich um eine tiefe, gesunde und zufriedenstellende Theologie von der Taufe zu entwickeln. Deswegen bleibt das Buch vor allem für kirchliche Mitarbeiter und Pastoren empfehlenswert.

Eine große Bereicherung waren Kapitel 5 und 6, die die Positionen zur Kindertaufe während der Zeit der Kirchenväter und der Reformationszeit beleuchten. Meines Erachtens gelingt es Kapitel 5 präzise genug aufzuzeigen, dass die Taufe von Säuglingen in der Kirche erst seit der Zeit von Augustinus zur Praxis wurde. Die häufig vorgebrachte These, dass Haustaufen auch die Haushaltsmitglieder einschloss, wird gründlich widerlegt. Wird der ganze Haushalt getauft, wieso kennt dann 1. Kor. 7,12) ungetaufte Frauen und Phlm. 9-10 einen ungetauften Sklaven? Es wäre seltsam „ausschließlich Säuglinge“ aus dem Haushalt zum Inhalt von „mit seinem ganzen Hause“ mitzuzählen. Sprechen Kirchenväter (so wie Tertulian) von Kindertaufe meinen sie mündige Kinder nicht Säuglinge. (Niemand geringeres als der evangelische Theologe Kurt Aland hat in dieser Frage die gleiche Position, die er in „Die Säuglingstaufe im Neuen Testament und in der alten Kirche“ darstellt)

Die Autoren zeigen das Ringen der Presbyterianer mit diesen Stellen und die Versuche hierfür kreative Lösungen zu entwickeln. Z.B. die Lösung von Meredith Kline, der in der Taufe nicht ein Zeichen des Bundessegens, sondern des Bundesfluches sieht. Die Frage der Kindertaufe hängt für Presbyterianer mit der Frage nach der Beziehung von Altem und Neuen Bund zusammen. Darstellungen klingen hier häufig so, als wäre der neue Bund nur eine Weiterentwicklung des alten Bundes. So sind Formulierungen möglich, wie: „The new covenant is but a new—though more glorious—administration of the same covenant of grace.” („Der neue Bund ist eigentlich nur eine, wenn auch herrlichere neue Administration des gleichen Bundes der Gande ibid. S. 103). Formulierungen dieser Art finden sich immer wieder in der reformierten Literatur, wobei die Unterschiede im Kapitel 4 des Buches auch genannt werden. Für mich wurde deutlich, dass auch im presbyterianischen Lager die Positionen nicht so „monolitisch“ sind, wie oft vermittelt. So verstanden z.B. Berkhof und Warfield den Beginn des Neuen Bundes im Bund mit Abraham (nicht, wie im Westminster Bekenntnis ab Gen 3.15, vgl. diese Aussage von Warfield: „The argument in a nutshell is simply this: God established His church in the days of Abraham and put children into it. They must remain there until He puts them out. He has nowhere put them out. They are still then members of His Church and as such entitled to its ordinances“)

Dabei ist der Unterschied zur Baptistischen Position nicht nur in der Frage der „Neuheit“ des Neuen Bundes zu suchen, sondern auch in dem Umfang der Bundesgenossen (Sind wie im Alten Bund auch nicht Erwählte Mitglieder des Bundes? ) und natürlich auch der Bundeszeichen:

„Niemand bestreitet, dass das Herzstück des Neuen Testaments der neue Bund zwischen Gott und den Menschen ist, aber es ist zweifelhaft, dass man ihn als „das Muster der Erneuerung von Bündnissen durch die Ausstellung neuer Vertragsdokumente“ (Anm. d.Ü.: die Position von Meredith Kline) bezeichnen kann. Der neue Bund von Jeremia 31 ist genau das – ein neuer Bund; es handelt sich nicht um die Ausstellung neuer Vertragsdokumente mit ein paar Änderungen“ (ibid. S. 260, eigene Übersetzung)

Kapitel 9 untersucht die Taufe in der „Stone-Campbell“ Bewegung. Für mich war das ein ganz neues Thema, ich habe davor noch nie etwas von dieser Bewegung gehört und es war interessant zu sehen, wie sich eine christliche Gruppe gerade an der Tauffrage radikalisierte. Das Buch hört mit einem Essay von Mark Dever über die praktischen Fragen der Taufe auf.

Jeder der eine fundierte baptistische Position zur Glaubenstaufe sucht, sollte mit diesem Buch anfangen. Ansonsten kann man viele Säuglingstäufer-Positionen gerade aus der Reformationszeit finden. Diese sind gelegentlich völlig unzufriedenstellend und mangelhaft(wie z.B. Luthers Wider die Anabaptisten) oder faszinierend gut ausgearbeitet, bis auf die Irritation, die man hat, wenn die Autoren die Frage beantworten, „ob man den Säuglinge taufen sollte“. Ich denke so geht es jedem Baptisten, der z.B. den Heidelberger Katechismus liest. Da finden sich wundervolle Ausführungen zur Taufe, bis der Autor versucht gerade diese Frage zu beantworten.. Mit Calvins Ausführungen in der Institutio geht es einem ähnlich wie Karl Barth: „Nach Calvins eigener und an sich ausgezeichneter Tauflehre besteht die Taufe nicht nur darin, dass wir das Symbol der Gnade empfangen, sondern sie ist zugleich, in unserem consentire cum omnibus christianis, in unserem öffentlichen affirmare unseres Glaubens, in unserem iurare in Gottes Namen, auch der Ausdruck einer menschlichen velle. Das muss sie zweifellos sein, aufgrund des kognitiven Charakters der sakramentalen Kraft. Aber in diesem Fall kann die Taufe keine Art von Kindertaufe sein. Wie seltsam, dass Calvin dies in seinem nächsten Kapitel zu vergessen scheint, in dem er seine Verteidigung der Kindertaufe darlegt und dort eine Taufe empfiehlt, die ohne Entscheidung und Bekenntnis ist“

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„Evangelischer Glaube Kompakt“ von Thomas Schirrmacher
Darüber wie es ist, als Nicht-Presbyterianer das Westminster Bekenntnis zu lesen

Das hat mich zunächst in dieser Version des Westminster Glaubensbekenntnisses von 1647 (Im folgenden mit WB abgekürzt) von Thomas Schirrmacher irritiert, dass er das Werk mit einem zusätzlichen Titel versieht: „evangelischer Glaube kompakt“. Je mehr ich aber auf diese Bekenntnisschrift zurückgreife, desto eher sehe ich es als eine Art „Cheat-Buch“ für dogmatische Fragen.  Als ich vor einiger Zeit z.B. für eine Jugendgruppe einen Vortrag über das Thema Heilsgewissheit vorbereitet habe, griff ich vollständig auf die Struktur zurück, wie es das WB In Kapitel 18 darstellt: Behutsam entwickelt das Bekenntnis an dieser Stelle, dass es vor allem um den Wachstum im Glauben geht, dass Heilsgewissheit möglich, aber nicht heilsnotwendig sei, erstrebenswert, aber nicht auf eine zu verzweifelnde Weise, sondern im Gottvertrauen anzueignen.

Oder nehmen wir Kapitel 9: Vom freien Willen. Das Bekenntnis hat hier die augustinische Struktur im Hintergrund, so dass es die Willensfreiheit vor dem Fall, nach dem Fall, nach der Wiedergeburt und in der Herrlichkeit betrachtet. Somit fällt die Antwort nicht einfach plump mit „ja oder nein“  aus, sondern führt zielstrebig zur Frage nach „echter Willensfreiheit“  Mit den Worten des Bekenntnisses, dass es übrigens kostenfrei zum Download gibt: (Artikel 9,5) „Der Wille des Menschen wird erst im Stand der Herrlichkeit volkkommen und unveränderlich frei gemacht, nur Gutes zu tun.“ Damit argumentiert das Bekenntnis an dieser Stelle völlig anders, als die übliche evangelikale Lösung, die meint, wir würden im Himmel nicht mehr sündigen, weil Satan nicht mehr da sei.

Sehr hilfreich auch für Jungscharunterricht oder allgemein Jüngerschaft, sind die ersten Kapitel des Bekenntnisses generell: Da wäre das erste Kapitel von der Heiligen Schrift zu erwähnen, das bei weitem nicht so plump formuliert ist, wie es gerne die liberalen Christen bibelgläubigen Evangelikalen vorwerfen, und natürlich das Kapitel über die Dreieinigkeit, oder schließlich, das sei besonders hervorgehoben,  das Kapitel über Christus den Mittler.

Das Mittelstück des Bekenntnisses bilden Fragen der Errettung, wie der Rechtfertigung, der Adoption, der Buße, des Ausharrens und des Gesetzes Gottes mit abschließenden Fragen nach der Beziehung zwischen Staat und Kirche, des Sabbats, der Ehe und den Sakramenten, sowie der Gemeindezucht.

Wer ein Bekenntnis aus reformierter Sicht sucht, kommt niemals an dieser Bekenntnisschrift vorbei. Schirrmachers Ausgabe wird durch zahlreiche Stützstellen und durch die weiteren Varianten dieser protestantischen Bekenntnisschrift deutlich bereichert. John Owen war bekanntlich nicht der presbyterianischen Kirchenordnung zugeneigt, und erweiterte das Kapitel zum Thema „Gemeinde“ erheblich. Diese Variante wiederum war grundlegend für Anpassungen zum Thema Taufe und formten so das Glaubensbekenntnis der britischen Baptisten (natürlich das von 1689).  Auf diese Weise kann Schirrmacher aufzeigen, wie zentral das WB für unterschiedliche protestantische Strömungen wurde. Weiterlesen

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Christus in der ganzen Schrift erkennen und verkündigen
Literaturhinweise für ein Bibelstudium mit Christus im Zentrum

Preaching Christ in All of Scripture (English Edition) by [Edmund P. Clowney]Meine Reise in ein Bibellesen mit Christus im Zentrum fing mit Edmund Clowney an. Zuerst bin ich auf die von Clowney mit Tim Keller gemeinsam gehaltene Vorlesung „Preaching Christ in a Postmodern World gestoßen“.  Diese war ein gewisser Startpunkt und später griff ich zur Vorlesung zur biblischen Theology von Clowney, die ebenfalls kostenfrei zugänglich ist.

Seine Strategie stellt Clowney in Kürze auch in einem Essay vor, der das Einleitungskapitel zu einem Predigtsammelband von ihm darstellt: Preaching Christ in All of Scripture – Christus aus der ganzen Schrift predigen.

Durch Clowney habe ich auch unerwartete Fährten der Schrift entdeckt, die zu Christus führen. In seiner Vorlesung führt Clowney aus, wie z.B. das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ auf Christus zeigt: Gott nimmt nicht eine bereits vorhandene Institution der Ehe, um diese als Metapher für die Liebe Christi zu seiner Gemeinde zu verwenden, sondern die Ehe ist ein Abbild einer längst, ja vor Grundlegung der Welt vorhandenen Realität, der dienenden Liebe Christi. Unsere Ehen werden an diesem Anspruch, der im Sohn Gottes zu sehen ist, gemessen. Deswegen ist Ehebruch und Hurerei auch so tragisch, da wir dem nicht nachkommen, zu dem wir als Abbilder/Bilder Gottes berufen sind. Apropos Bilder Gottes. Sollen wir uns nicht auch deswegen keinerlei Bilder von Gott machen, da Gott selbst „den Abganz seiner Herrlichkeit“ (Heb. 1.1-2) in seinem Sohn zeigen will und wir eben nur einen Antichristen produzieren würden, wenn wir selber ein Bild von Gott machen würden?

In dieser Weise entdeckt und beschreibt Clowney, wie alle Spuren, Bilder, Gedanken, Gebote, Traditionen und Praktiken der Bibel zu Christus führen. Ist Christus in den Gesetzen der Thora zu finden, verstehen wir plötzlich, warum sich die Psalmsänger an den Geboten, ob nun den Zeremonialgesetzen oder den juristischen, derart erfreuen: „HERR, wenn ich an deine ewigen Ordnungen denke, so werde ich getröstet. (…) Deine Gebote sind mir ein Lied geworden“ (Ps. 119,52.54) Weiterlesen

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Rezension: Gemeinde wiederentdecken

Gemeinde wiederentdecken

Vor vielen Jahren hörte ich eine Vortragsserie von John MacArthur: Warum ich die Gemeinde liebe. Ich hörte mit einer großen Begeisterung, aber auch mit einer tiefen Beschämung zu. Noch nie hatte ich so einen tiefen Einblick in die Gemeindelehre erhalten, obwohl ich, seitdem ich lebe, in der Gemeinde aufgewachsen bin. Da mein Vater immer aktiv im Gemeindedienst war und seit vielen Jahren als Ältester dient, hatte ich zwar einen umfassenden Einblick in das Gemeindeleben. Flecken und Runzeln habe ich zuhauf gesehen. Natürlich prägte auch Helles und Hoffnungsvolles meinen Blick auf Gemeinde. Aber erst MacArthur öffnete mir die Augen für die Herrlichkeit der Gemeinde Jesu Christi.

Viel Zeit ist seitdem vergangen. Trotz aller Widrigkeiten ist mir die Gemeinde wichtig, lebenserhaltend und lieb geblieben. Auch gerade und trotz der Corona Zeit. Hansen und Leeman haben weit über die USA hinaus Einblick in Gemeinden. Corona hat die Gemeinden erschüttert. Gemeinden haben sich geändert. Gemeindeglieder sind offener für neue Formen des Gemeindelebens geworden oder nehmen vorlieb mit einem Leben ohne Gemeinde. Es deutet auf schlimme Zustände, wenn Gemeinde wiederentdeckt werden muss. Sie wurde verschüttet, verzichtbar und unsichtbar gemacht. Verschiedene Tendenzen erwecken den Anschein, als sei Gemeinde kein wesentlicher Bestandteil der Christen mehr. Hier muss gegengesteuert werden. Weiterlesen

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Ein Loblied auf den Jakobusbrief
Die Bibel lesen.

Fast jeder meiner Logos-Kommentare zum Jakobus-Brief nimmt Bezug auf Luthers Geringschätzung des Jakobusbriefes. Luther machte wenig Hehl daraus, dass er nicht viel für diesen Brief übrig hatte. Aber lasst ihn dahin fahren! Ich will lieber Luthers Werk vergessen und von allen Lutheranern getrennt sein, als nicht den Jakobusbrief zu besitzen.

In meiner christlichen Bubble hat man den Jakobusbrief immer wertgeschätzt. Ein kostbares Erbe meiner Kindheit und russlanddeutschen Prägung ist es, dass ich sogar angehalten wurde, diesen Brief auswendig zu lernen. Ein lohnenswerter Invest für gerade mal 108 Verse.

Im folgenden möchte ich skizzenhaft davon berichten, was ich am Jakobusbrief wertschätze und auf ein paar Einwände eingehen, die uns ggf. vom Lesen und Umsetzen des Jakobusbriefes abhalten könnten.

Seelsorgerliche Qualität

Der Brief ist kurz, sehr praktisch und von unerwarteter seelsorgerlicher Qualität. Immer wieder fallen mir neue Perlen auf. Eine Auswahl.

Versuchungen als Grund zur Freude:

Jakobus ist furchtbar realistisch. Versuchungen sind nicht der Ausnahmezustand, sondern die Norm. Ja, Versuchungen und Freude können Hand in Hand gehen: „Meine Brüder und Schwestern, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt“, (Jak. 1,2) ruft der Autor uns zu. Er blickt auf das Ziel überstandener Anfechtungen: Vollkommenheit (V.4). In den Versuchungen ist Gott am Werk mit einem Ziel. Die Weisheit hier durchzublicken mag uns fehlen, doch wir wissen wo wir um Hilfe flehen dürfen. Jakobus hat hier unsere Probleme im Blick: Will Gott uns in unseren Anfechtungen etwa wirklich erhören? Natürlich, deswegen sollen wir Zweifel meiden(V.7). Jakobus hat dabei nicht nur feinsinnige oder feingeistige Anfechtungen im Blick, sondern durchaus auch materiellen Mangel (V9-11), aber auch materiellen Erfolg und verweist auf die richtige Reaktion darauf. Der Reiche soll sich nicht durch seinen Erfolg zum Stolz verführen lassen, sondern sich unter Gottes Hand demütigen. Der Arme und Niedrige, braucht nicht zu verzweifeln, sondern darf sich seiner Höhe (in Christus) rühmen.

Immer wenn ich mich über Anfechtungen „aufregen“ möchte und sie als „unfair“ empfinde. Erinnere ich mich an Jak. 1,2-12. Weiterlesen

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„Die Liebe Gottes findet nicht vor, sondern schafft sich, was sie liebt.“
Die Heidelberger Disputation 1518

Durch Carl Trueman (z.B. in seiner Vorlesung zur Reformationsgeschichte, in der Essay-Sammlung des Autors  „Reformation – heute noch aktuell“ im kürzlich erschienen Buch „Luther on the christian life“ geht er jeweils sehr ausführlich auf Luthers Unterscheidung zwischen Theologen der Herrlichkeit und Theologen des Kreuzes ein). wurde ich auf ein Ereignis in Luthers Laufbahn aufmerksam, dass in vielen Darstellungen des Reformators schnell untergeht. 

Im April 1518 (und noch deutlich vor der Eröffnung des Verfahrens durch die römische Kurie  im Juli 1518) fand unter Leitung Luthers eine Disputation in der Versammlung der Augustiner statt, die seine Thesen zum Ablass diskutieren sollte. Luther bereitete Thesen vor, die wohl einige überrascht haben dürften. Sehr entschieden entscheidet sich Luther für eine augustinische Darstellung des Heils. Einige der 28 Thesen (hier samt Begründung vollständig zu finden) im Wortlaut:

Die Werke der Menschen, wenn sie auch noch so sehr in die Augen fallen und gut zu sein scheinen, müssen doch als Todsünden gelten.

Der Mensch, der da meint, er wolle dadurch zur Gnade gelangen, dass er tut, soviel ihm möglich ist, häuft Sünde auf Sünde, so dass er doppelt schuldig wird.

Ganz gewiss muss ein Mensch an sich selbst verzweifeln, um für den Empfang der Gnade Christi bereitet zu werden.

Das Gesetz sagt: »Tue das!«, und es geschieht niemals. Die Gnade spricht: »An den sollst du glauben!«, und alles ist schon getan.

Nicht der ist gerecht, der viel Werke tut, sondern wer ohne Werke viel an Christus glaubt.

Die Liebe Gottes findet nicht vor, sondern schafft sich, was sie liebt. Die Liebe des Menschen entsteht nur an dem, was sie liebenswert findet.

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Von der ewigen Vorherbestimmung Gottes

Calvin widmete diese Schrifte, deren Teile später auch in die 1559- Auflage der Institutio bildeten, der Stadt Genf. Die Schrift wurde Anfang 1552 als gemeinsame Erklärung der Genfer Pastoren. Calvin setzt sich mit dieser Schrift mit zwei katholischen Widersachern, Pighius und Siculus auseinander, aber er stellt sich auch der Ablehnung der doppelten Prädestination im protestantischen Lager. Die Schrift, ist in 47 kleinere Abschnitte eingeteilt, die immer wieder für ein „Deja-Vu“ gesorgt haben. Immer wieder ernüchternd festzustellen, wie uralt „moderne“ Einwände gegen die Prädestinationslehre sind.

Das Buch ist sicherlich eines der anspruchsvollsten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, das aber weniger durch das gewählte Thema zurückzuführen ist, als darauf, dass Calvin ständig Bezug auf die Thesen seiner Kritiker Pighius und Siculus nimmt. Man müsste eigentlich ihre Werke ebenfalls zur Hand haben. Aus diesem Grunde musste ich regelmäßig Abschnitte wiederholt durchlesen und kam relativ langsam durch das Werk voran.

Dennoch empfinde ich das Buch in mehrfacher Hinsicht als Bereicherung:

1.Wenn Calvin davon spricht, dass „Augustinus totus noster“ (Augustinus völlig unser) sei, dann ist das weniger ein Schmücken mit Federn der Kichenvätern sondern tatsächlich sattelfeste Kenntnis der unterschiedlichsten Werke von Augustinus. Bestimmt nimmt er etwa hundert Mal Bezug zu den Werken Augustins. Das spiegelt auch Calvins Absicht wieder, keine originellen theologischen Konzepte entwickeln zu wollen, sondern „klassisches Christentum“ zu vermitteln. Eine Köstlichkeit aus Augustinus´Enchiridion, dass ich durch Calvins Werk entdeckt habe:

„Es geschieht also nichts, wenn nicht der Allmächtige will, dass es geschieht, sei es, indem er zulässt, dass es geschieht, oder indem er es selbst tut (…) Und man darf nicht zweifeln, dass Gott gut tut, indem er geschehen lässt, was Böses geschieht. Denn er lässt es nur nach gerechtem Gerichte zu… Obgleich also nun das Böse, insofern es böse ist, nicht gut ist, so ist es dennoch gut, dass es nicht nur Gutes, sondern auch Böses gibt. Denn wenn es nicht gut wäre, dass auch Böses ist, so würde auf keine Weise von dem guten Allmächtigen zugelassen werden, dass Böses wäre. Ihm ist es ohne Zweifel ebenso leicht, zu tun, was er will, wie nicht zuzulassen, was er nicht will. wenn wir dies nicht glauben, so ist der Anfang unseres Glaubens selbst in Gefahr, mit dem wir an den allmächtigen Gott zu glauben bekennen.“

Nach der Lektüre habe ich unterschiedliche Werke von Augustinus auf meine Leseliste genommen. Weiterlesen

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Benjamin Breckinridge Warfield

Als John MacArthur gefragt wurde, welche Bücher er auf eine einsame Insel mitnehmen würde, listet er als zweites ein Buch von Warfield auf: The Inspiration and Authority of the Bible. Wer sich auf der anderen Seite mit Warfield wohl bekanntestem Schüler, nämlich J.Gresham Machen beschäftigt, wird ebenfalls wissen, wie sehr sein Denken von Warfield gezehrt hat. Vergleiche hierfür z.B. die Kurzbiographie von Piper über Machen aus dem Jahre 1993 (J. Gresham Machen’s Response to Modernism). Somit war ein grundlegendes Interesse an den Schriften Warfields gegeben, doch bin ich an dem von MacArthur genannten Buch kläglich gescheitert. Es war mir einfach zu schwer. Deswegen war ich sehr dankbar für einen Guide, den ich in meiner Logos Bibliothek gefunden habe.   Nach einer kurzen Biographie, die an einen Wikipedia-Artikel erinnert, folgen Stationen des Lebens, Soziales Netzwerk (damit man weiß, mit wem sich Warfield auseinandergesetzt hat) und Einflüsse auf sein Denken (Wer hätte gedacht, dass niemand anderes als Franz Delitzsch Warfield ausgebildet hat). Im Übrigen: Über Frame und Van Til sind es gerade mal zwei Generationen um zurück zu Warfield zu kommen, der bis zu seinem tode 1921 am Princeton Theological Seminary unterrichtet hat und als der letzte Princetonian gilt. Weiterlesen