Alle Artikel in der Kategorie “Biblische Lehre

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Ein neues Standardwerk der Homiletik: Bryan Chapell: Die Auslegungspredigt mit Fokus auf Christus

Wer heute über die Kunst der Predigt nachdenkt, kommt an drei Büchern kaum vorbei: D. Martyn Lloyd-Jones’ Die Predigt und der Prediger, Charles Spurgeon Ratschläge für Prediger – und, in neuerer Zeit, Bryan Chapells Die Auslegungspredigt mit Fokus auf Christus. Wenn die beiden erstgenannten Werke als Klassiker des 19. und 20. Jahrhunderts gelten, so darf Chapells Buch als das maßgebliche Handbuch für eine neue Generation von Predigern bezeichnet werden. Umfang, Tiefe und Praxisnähe machen es zu einem Werk, das im besten Sinne „zeitlos“ ist – gründlich reformatorisch und doch zeitgemäß.

Ein Werk von beeindruckendem Umfang und Struktur

Schon der erste Eindruck verrät: Dieses Buch ist kein bloßer Ratgeber oder eine Sammlung von Tipps, sondern ein vollständiges, systematisch aufgebautes Lehrbuch der Homiletik. Mit über 500 Seiten ist es etwa so umfangreich wie Lloyd-Jones und Spurgeon zusammen. Es ist in drei große Hauptteile gegliedert:

  1. Grundprinzipien der Auslegungspredigt – die theologische und geistliche Basis.
  2. Die Vorbereitung der Auslegungspredigt – das praktische Handwerkszeug.
  3. Eine Theologie der christuszentrierten Verkündigung – die geistliche Zielrichtung.

Dazu kommen über 100 Seiten Anhang mit Beispielpredigten, Gliederungshilfen, Mustern, Hinweise zur Rhetorik und einem gründlichen „Auswertungsbogen“, der Predigern hilft, sich selbst zu prüfen und zu wachsen.

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Gottes Vorsehung entschuldigt unsere Bosheit nicht

Wer eine reformierte Sicht des Zusammenspiels von Gottes Vorsehung und Dingen wie Zufall, dem Bösen, menschlicher Verantwortung sucht handelt sicherlich nicht falsch wenn er zu Calvins Institutio zeigt. In den Kapiteln 16 bis 18 widmet sich Calvin dem Thema der Vorsehung. Zunächst wird die Lehre von der Vorsehung definiert: Es ist Gottes Erhaltung seiner Schöpfung. das biblische Bild von der Schöpfung ist nicht einfach bloß ein Theistisches als hätte ein großer Erschaffer einmal einen Knopf gedrückt und nun arbeitet ein äußerst komplexer Mechanismus ganz autonom ein Programm ab – Nein die Bibel zeichnet ein Bild, dass die Schöpfung auch nicht einen Augenblick bestehen kann, wenn sie nicht durchgehend erhalten würde (Heb. 1,3 man vgl. aber auch die vielen weiteren Beispieltexte die Calvin zu dieser These aufführt).

In Kapitel 16 bespricht Calvin nun das Zusammenspiel von Menschlicher Verantwortung und Gottes Vorsehung. Wem die griechischen und römischen Sagen und Legenden nur am Rande bekannt sind, wird über die große Obsession der Antike überrascht sein, dass der Einzelne einem Unabänderlichen Schicksal ausgeliefert ist. Genau da greift Calvin ein und zitiert einige bekannte „Klassiker“. Das christliche Modell von Gottes Souveränität und ist selbstverständlich komplexer,freier, gründlicher. In jedem Fall ist Gottes absolute Vorsehung und Kontrolle niemals eine Ausrede für das was wir anrichten. Daran lässt Calvin keinen Zweifel übrig. Ein Auszug aus dem dritten Abschnitt vom 16 Kapitel des ersten Buches der Institutio. Das vollständige erste Buch findet sich kostenfrei im Web.

„Wem solche Bescheidenheit zuteil geworden ist, der wird weder um der Widerwär­tigkeiten vergangener Zeiten willen gegen Gott murren, noch auch die Schuld für die Übeltaten auf ihn schieben, wie es Agamemnon bei Homer tut: „Ich bin dessen nicht schuld, sondern Zeus und das Schicksal!“ Er wird sich auch nicht wie jener Jüngling bei Plautus, wie vom Schicksal dahingerissen, verzweifelt ins Verderben stürzen: „Unbeständig ist das Los der Dinge, nach Willkür handelt das Schicksal am Menschen; ich will mich zum Felsen begeben, um mit meinem Leben der Sache ein Ende zu machen!“ Auch wird er nicht nach dem Beispiel eines anderen mit dem Na­men Gottes seine Untaten beschönigen. So spricht es Lyconides in einer anderen Ko­mödie (des Plautus) aus: „Gott war der Anstifter, ich glaube, die Götter haben es so gewollt; denn ich weiß: hätten sie es nicht gewollt, so wäre es nicht geschehen!“ Nein, er wird aus der Schrift forschen und lernen, was Gott gefällt, um unter Führung des Geistes danach sich auszustrecken; er wird zugleich bereit sein, Gott zu folgen, wohin er ihn ruft, und damit zeigen, daß nichts heilsamer ist, als diese Lehre zu kennen.

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„Evangelischer Glaube Kompakt“ von Thomas Schirrmacher
Darüber wie es ist, als Nicht-Presbyterianer das Westminster Bekenntnis zu lesen

Das hat mich zunächst in dieser Version des Westminster Glaubensbekenntnisses von 1647 (Im folgenden mit WB abgekürzt) von Thomas Schirrmacher irritiert, dass er das Werk mit einem zusätzlichen Titel versieht: „evangelischer Glaube kompakt“. Je mehr ich aber auf diese Bekenntnisschrift zurückgreife, desto eher sehe ich es als eine Art „Cheat-Buch“ für dogmatische Fragen.  Als ich vor einiger Zeit z.B. für eine Jugendgruppe einen Vortrag über das Thema Heilsgewissheit vorbereitet habe, griff ich vollständig auf die Struktur zurück, wie es das WB In Kapitel 18 darstellt: Behutsam entwickelt das Bekenntnis an dieser Stelle, dass es vor allem um den Wachstum im Glauben geht, dass Heilsgewissheit möglich, aber nicht heilsnotwendig sei, erstrebenswert, aber nicht auf eine zu verzweifelnde Weise, sondern im Gottvertrauen anzueignen.

Oder nehmen wir Kapitel 9: Vom freien Willen. Das Bekenntnis hat hier die augustinische Struktur im Hintergrund, so dass es die Willensfreiheit vor dem Fall, nach dem Fall, nach der Wiedergeburt und in der Herrlichkeit betrachtet. Somit fällt die Antwort nicht einfach plump mit „ja oder nein“  aus, sondern führt zielstrebig zur Frage nach „echter Willensfreiheit“  Mit den Worten des Bekenntnisses, dass es übrigens kostenfrei zum Download gibt: (Artikel 9,5) „Der Wille des Menschen wird erst im Stand der Herrlichkeit volkkommen und unveränderlich frei gemacht, nur Gutes zu tun.“ Damit argumentiert das Bekenntnis an dieser Stelle völlig anders, als die übliche evangelikale Lösung, die meint, wir würden im Himmel nicht mehr sündigen, weil Satan nicht mehr da sei.

Sehr hilfreich auch für Jungscharunterricht oder allgemein Jüngerschaft, sind die ersten Kapitel des Bekenntnisses generell: Da wäre das erste Kapitel von der Heiligen Schrift zu erwähnen, das bei weitem nicht so plump formuliert ist, wie es gerne die liberalen Christen bibelgläubigen Evangelikalen vorwerfen, und natürlich das Kapitel über die Dreieinigkeit, oder schließlich, das sei besonders hervorgehoben,  das Kapitel über Christus den Mittler.

Das Mittelstück des Bekenntnisses bilden Fragen der Errettung, wie der Rechtfertigung, der Adoption, der Buße, des Ausharrens und des Gesetzes Gottes mit abschließenden Fragen nach der Beziehung zwischen Staat und Kirche, des Sabbats, der Ehe und den Sakramenten, sowie der Gemeindezucht.

Wer ein Bekenntnis aus reformierter Sicht sucht, kommt niemals an dieser Bekenntnisschrift vorbei. Schirrmachers Ausgabe wird durch zahlreiche Stützstellen und durch die weiteren Varianten dieser protestantischen Bekenntnisschrift deutlich bereichert. John Owen war bekanntlich nicht der presbyterianischen Kirchenordnung zugeneigt, und erweiterte das Kapitel zum Thema „Gemeinde“ erheblich. Diese Variante wiederum war grundlegend für Anpassungen zum Thema Taufe und formten so das Glaubensbekenntnis der britischen Baptisten (natürlich das von 1689).  Auf diese Weise kann Schirrmacher aufzeigen, wie zentral das WB für unterschiedliche protestantische Strömungen wurde. Weiterlesen

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Christus in der ganzen Schrift erkennen und verkündigen
Literaturhinweise für ein Bibelstudium mit Christus im Zentrum

Preaching Christ in All of Scripture (English Edition) by [Edmund P. Clowney]Meine Reise in ein Bibellesen mit Christus im Zentrum fing mit Edmund Clowney an. Zuerst bin ich auf die von Clowney mit Tim Keller gemeinsam gehaltene Vorlesung „Preaching Christ in a Postmodern World gestoßen“.  Diese war ein gewisser Startpunkt und später griff ich zur Vorlesung zur biblischen Theology von Clowney, die ebenfalls kostenfrei zugänglich ist.

Seine Strategie stellt Clowney in Kürze auch in einem Essay vor, der das Einleitungskapitel zu einem Predigtsammelband von ihm darstellt: Preaching Christ in All of Scripture – Christus aus der ganzen Schrift predigen.

Durch Clowney habe ich auch unerwartete Fährten der Schrift entdeckt, die zu Christus führen. In seiner Vorlesung führt Clowney aus, wie z.B. das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ auf Christus zeigt: Gott nimmt nicht eine bereits vorhandene Institution der Ehe, um diese als Metapher für die Liebe Christi zu seiner Gemeinde zu verwenden, sondern die Ehe ist ein Abbild einer längst, ja vor Grundlegung der Welt vorhandenen Realität, der dienenden Liebe Christi. Unsere Ehen werden an diesem Anspruch, der im Sohn Gottes zu sehen ist, gemessen. Deswegen ist Ehebruch und Hurerei auch so tragisch, da wir dem nicht nachkommen, zu dem wir als Abbilder/Bilder Gottes berufen sind. Apropos Bilder Gottes. Sollen wir uns nicht auch deswegen keinerlei Bilder von Gott machen, da Gott selbst „den Abganz seiner Herrlichkeit“ (Heb. 1.1-2) in seinem Sohn zeigen will und wir eben nur einen Antichristen produzieren würden, wenn wir selber ein Bild von Gott machen würden?

In dieser Weise entdeckt und beschreibt Clowney, wie alle Spuren, Bilder, Gedanken, Gebote, Traditionen und Praktiken der Bibel zu Christus führen. Ist Christus in den Gesetzen der Thora zu finden, verstehen wir plötzlich, warum sich die Psalmsänger an den Geboten, ob nun den Zeremonialgesetzen oder den juristischen, derart erfreuen: „HERR, wenn ich an deine ewigen Ordnungen denke, so werde ich getröstet. (…) Deine Gebote sind mir ein Lied geworden“ (Ps. 119,52.54) Weiterlesen

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Rezension: Gemeinde wiederentdecken

Gemeinde wiederentdecken

Vor vielen Jahren hörte ich eine Vortragsserie von John MacArthur: Warum ich die Gemeinde liebe. Ich hörte mit einer großen Begeisterung, aber auch mit einer tiefen Beschämung zu. Noch nie hatte ich so einen tiefen Einblick in die Gemeindelehre erhalten, obwohl ich, seitdem ich lebe, in der Gemeinde aufgewachsen bin. Da mein Vater immer aktiv im Gemeindedienst war und seit vielen Jahren als Ältester dient, hatte ich zwar einen umfassenden Einblick in das Gemeindeleben. Flecken und Runzeln habe ich zuhauf gesehen. Natürlich prägte auch Helles und Hoffnungsvolles meinen Blick auf Gemeinde. Aber erst MacArthur öffnete mir die Augen für die Herrlichkeit der Gemeinde Jesu Christi.

Viel Zeit ist seitdem vergangen. Trotz aller Widrigkeiten ist mir die Gemeinde wichtig, lebenserhaltend und lieb geblieben. Auch gerade und trotz der Corona Zeit. Hansen und Leeman haben weit über die USA hinaus Einblick in Gemeinden. Corona hat die Gemeinden erschüttert. Gemeinden haben sich geändert. Gemeindeglieder sind offener für neue Formen des Gemeindelebens geworden oder nehmen vorlieb mit einem Leben ohne Gemeinde. Es deutet auf schlimme Zustände, wenn Gemeinde wiederentdeckt werden muss. Sie wurde verschüttet, verzichtbar und unsichtbar gemacht. Verschiedene Tendenzen erwecken den Anschein, als sei Gemeinde kein wesentlicher Bestandteil der Christen mehr. Hier muss gegengesteuert werden. Weiterlesen

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Ein Loblied auf den Jakobusbrief
Die Bibel lesen.

Fast jeder meiner Logos-Kommentare zum Jakobus-Brief nimmt Bezug auf Luthers Geringschätzung des Jakobusbriefes. Luther machte wenig Hehl daraus, dass er nicht viel für diesen Brief übrig hatte. Aber lasst ihn dahin fahren! Ich will lieber Luthers Werk vergessen und von allen Lutheranern getrennt sein, als nicht den Jakobusbrief zu besitzen.

In meiner christlichen Bubble hat man den Jakobusbrief immer wertgeschätzt. Ein kostbares Erbe meiner Kindheit und russlanddeutschen Prägung ist es, dass ich sogar angehalten wurde, diesen Brief auswendig zu lernen. Ein lohnenswerter Invest für gerade mal 108 Verse.

Im folgenden möchte ich skizzenhaft davon berichten, was ich am Jakobusbrief wertschätze und auf ein paar Einwände eingehen, die uns ggf. vom Lesen und Umsetzen des Jakobusbriefes abhalten könnten.

Seelsorgerliche Qualität

Der Brief ist kurz, sehr praktisch und von unerwarteter seelsorgerlicher Qualität. Immer wieder fallen mir neue Perlen auf. Eine Auswahl.

Versuchungen als Grund zur Freude:

Jakobus ist furchtbar realistisch. Versuchungen sind nicht der Ausnahmezustand, sondern die Norm. Ja, Versuchungen und Freude können Hand in Hand gehen: „Meine Brüder und Schwestern, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt“, (Jak. 1,2) ruft der Autor uns zu. Er blickt auf das Ziel überstandener Anfechtungen: Vollkommenheit (V.4). In den Versuchungen ist Gott am Werk mit einem Ziel. Die Weisheit hier durchzublicken mag uns fehlen, doch wir wissen wo wir um Hilfe flehen dürfen. Jakobus hat hier unsere Probleme im Blick: Will Gott uns in unseren Anfechtungen etwa wirklich erhören? Natürlich, deswegen sollen wir Zweifel meiden(V.7). Jakobus hat dabei nicht nur feinsinnige oder feingeistige Anfechtungen im Blick, sondern durchaus auch materiellen Mangel (V9-11), aber auch materiellen Erfolg und verweist auf die richtige Reaktion darauf. Der Reiche soll sich nicht durch seinen Erfolg zum Stolz verführen lassen, sondern sich unter Gottes Hand demütigen. Der Arme und Niedrige, braucht nicht zu verzweifeln, sondern darf sich seiner Höhe (in Christus) rühmen.

Immer wenn ich mich über Anfechtungen „aufregen“ möchte und sie als „unfair“ empfinde. Erinnere ich mich an Jak. 1,2-12. Weiterlesen

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„Die Liebe Gottes findet nicht vor, sondern schafft sich, was sie liebt.“
Die Heidelberger Disputation 1518

Durch Carl Trueman (z.B. in seiner Vorlesung zur Reformationsgeschichte, in der Essay-Sammlung des Autors  „Reformation – heute noch aktuell“ im kürzlich erschienen Buch „Luther on the christian life“ geht er jeweils sehr ausführlich auf Luthers Unterscheidung zwischen Theologen der Herrlichkeit und Theologen des Kreuzes ein). wurde ich auf ein Ereignis in Luthers Laufbahn aufmerksam, dass in vielen Darstellungen des Reformators schnell untergeht. 

Im April 1518 (und noch deutlich vor der Eröffnung des Verfahrens durch die römische Kurie  im Juli 1518) fand unter Leitung Luthers eine Disputation in der Versammlung der Augustiner statt, die seine Thesen zum Ablass diskutieren sollte. Luther bereitete Thesen vor, die wohl einige überrascht haben dürften. Sehr entschieden entscheidet sich Luther für eine augustinische Darstellung des Heils. Einige der 28 Thesen (hier samt Begründung vollständig zu finden) im Wortlaut:

Die Werke der Menschen, wenn sie auch noch so sehr in die Augen fallen und gut zu sein scheinen, müssen doch als Todsünden gelten.

Der Mensch, der da meint, er wolle dadurch zur Gnade gelangen, dass er tut, soviel ihm möglich ist, häuft Sünde auf Sünde, so dass er doppelt schuldig wird.

Ganz gewiss muss ein Mensch an sich selbst verzweifeln, um für den Empfang der Gnade Christi bereitet zu werden.

Das Gesetz sagt: »Tue das!«, und es geschieht niemals. Die Gnade spricht: »An den sollst du glauben!«, und alles ist schon getan.

Nicht der ist gerecht, der viel Werke tut, sondern wer ohne Werke viel an Christus glaubt.

Die Liebe Gottes findet nicht vor, sondern schafft sich, was sie liebt. Die Liebe des Menschen entsteht nur an dem, was sie liebenswert findet.

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Von der ewigen Vorherbestimmung Gottes

Calvin widmete diese Schrifte, deren Teile später auch in die 1559- Auflage der Institutio bildeten, der Stadt Genf. Die Schrift wurde Anfang 1552 als gemeinsame Erklärung der Genfer Pastoren. Calvin setzt sich mit dieser Schrift mit zwei katholischen Widersachern, Pighius und Siculus auseinander, aber er stellt sich auch der Ablehnung der doppelten Prädestination im protestantischen Lager. Die Schrift, ist in 47 kleinere Abschnitte eingeteilt, die immer wieder für ein „Deja-Vu“ gesorgt haben. Immer wieder ernüchternd festzustellen, wie uralt „moderne“ Einwände gegen die Prädestinationslehre sind.

Das Buch ist sicherlich eines der anspruchsvollsten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, das aber weniger durch das gewählte Thema zurückzuführen ist, als darauf, dass Calvin ständig Bezug auf die Thesen seiner Kritiker Pighius und Siculus nimmt. Man müsste eigentlich ihre Werke ebenfalls zur Hand haben. Aus diesem Grunde musste ich regelmäßig Abschnitte wiederholt durchlesen und kam relativ langsam durch das Werk voran.

Dennoch empfinde ich das Buch in mehrfacher Hinsicht als Bereicherung:

1.Wenn Calvin davon spricht, dass „Augustinus totus noster“ (Augustinus völlig unser) sei, dann ist das weniger ein Schmücken mit Federn der Kichenvätern sondern tatsächlich sattelfeste Kenntnis der unterschiedlichsten Werke von Augustinus. Bestimmt nimmt er etwa hundert Mal Bezug zu den Werken Augustins. Das spiegelt auch Calvins Absicht wieder, keine originellen theologischen Konzepte entwickeln zu wollen, sondern „klassisches Christentum“ zu vermitteln. Eine Köstlichkeit aus Augustinus´Enchiridion, dass ich durch Calvins Werk entdeckt habe:

„Es geschieht also nichts, wenn nicht der Allmächtige will, dass es geschieht, sei es, indem er zulässt, dass es geschieht, oder indem er es selbst tut (…) Und man darf nicht zweifeln, dass Gott gut tut, indem er geschehen lässt, was Böses geschieht. Denn er lässt es nur nach gerechtem Gerichte zu… Obgleich also nun das Böse, insofern es böse ist, nicht gut ist, so ist es dennoch gut, dass es nicht nur Gutes, sondern auch Böses gibt. Denn wenn es nicht gut wäre, dass auch Böses ist, so würde auf keine Weise von dem guten Allmächtigen zugelassen werden, dass Böses wäre. Ihm ist es ohne Zweifel ebenso leicht, zu tun, was er will, wie nicht zuzulassen, was er nicht will. wenn wir dies nicht glauben, so ist der Anfang unseres Glaubens selbst in Gefahr, mit dem wir an den allmächtigen Gott zu glauben bekennen.“

Nach der Lektüre habe ich unterschiedliche Werke von Augustinus auf meine Leseliste genommen. Weiterlesen

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Benjamin Breckinridge Warfield

Als John MacArthur gefragt wurde, welche Bücher er auf eine einsame Insel mitnehmen würde, listet er als zweites ein Buch von Warfield auf: The Inspiration and Authority of the Bible. Wer sich auf der anderen Seite mit Warfield wohl bekanntestem Schüler, nämlich J.Gresham Machen beschäftigt, wird ebenfalls wissen, wie sehr sein Denken von Warfield gezehrt hat. Vergleiche hierfür z.B. die Kurzbiographie von Piper über Machen aus dem Jahre 1993 (J. Gresham Machen’s Response to Modernism). Somit war ein grundlegendes Interesse an den Schriften Warfields gegeben, doch bin ich an dem von MacArthur genannten Buch kläglich gescheitert. Es war mir einfach zu schwer. Deswegen war ich sehr dankbar für einen Guide, den ich in meiner Logos Bibliothek gefunden habe.   Nach einer kurzen Biographie, die an einen Wikipedia-Artikel erinnert, folgen Stationen des Lebens, Soziales Netzwerk (damit man weiß, mit wem sich Warfield auseinandergesetzt hat) und Einflüsse auf sein Denken (Wer hätte gedacht, dass niemand anderes als Franz Delitzsch Warfield ausgebildet hat). Im Übrigen: Über Frame und Van Til sind es gerade mal zwei Generationen um zurück zu Warfield zu kommen, der bis zu seinem tode 1921 am Princeton Theological Seminary unterrichtet hat und als der letzte Princetonian gilt. Weiterlesen

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„Alle hoffen, dass der Teufel jenseits des Meeres ist und wir Gott in der Tasche haben“

Book as Artifact, Artifact as Book: Part Four • Southwestern UniversityEigentlich ist es eine logische Schlussfolgerung von Luthers rigoroser Verteidigung von sola fide und sola gratia, dass man den Sinn des Gesetzes völlig in Frage stellt. So tat es auf jeden Fall auch Johannes Agricola, ein lutherischer Theologe, auf den Luther so viele Hoffnungen setzte, dass er ihn in seinem Heim in Wittenberg ließ, und sich von ihm selbst für Predigten und Vorlesungen vertreten ließ. Agricola war nun der Ansicht, dass die Predigt des Gesetzes für Christen unnötig ist, da man nun im neuen Bund, nämlich im Bund der Gnade lebt. Entsprechend gehören das Gesetz Gottes bzw. die Zehn Gebote aus der Kirche (…) verstoßen und in das Rathaus (…)verwiesen;“

Wie aber sollte die Predigt des Evangeliums ohne Gesetz möglich sein? „Lieber Gott, kann man es denn nicht ertragen, dass die heilige Kirche sich als Sünderin erkennt, die an die Vergebung der Sünden glaubt und dazu im Vaterunser um die Vergebung der Sünden bittet? Woher weiß man aber, was Sünde ist, wenn es das Gesetz und das Gewissen nicht gibt? Und woher will man lernen, was Christus ist, was er getan hat für  uns, wenn wir nicht wissen sollen, was das Gesetz ist, das er für uns erfüllt hat, oder was Sünde ist, für die er an unserer Stelle genuggetan hat?“ Agricolas Vorschlag das Evangelium nur aus dem Trost der Tat Christi zu predigen, lehnt Luther entschieden ab.

Luther listet auf, wie wichtig das Gesetz für ein protestantisches Programm der Bildung und Erziehung eines Christen wichtig ist, auch verwurzelt im lutherischen Bekenntnis: „Und es wundert mich sehr, wie man mir unterstellen kann, dass ich das Gesetz bzw. die Zehn Gebote verwerfen wollte, wo es doch von mir so viele Auslegungen der Zehn Gebote und nicht nur eine gibt, die man in unseren Kirchen auch täglich predigt und lehrt, ganz zu schweigen von der Confessio Augustana und der Apologie und unseren anderen Büchern.“

Luther hält in seiner Schrift vehement fest, dass er sowohl Gnade, wie das Gesetz erhalten nebeneinander und zusammen erhalten möchte:

Für Luther geht es dabei nicht um Details. Eine Ablehnung des Gesetzes wäre Grund genug für ein Schisma: „Selbst wenn ich unterstelle, dass ich gelehrt oder gesagt hätte, man sollte das Gesetz nicht in der Kirche lehren – obwohl doch alle meine Schriften es anders zeigen und ich von Anfang an immer den Katechismus behandelt habe –, sollte man mir darum so stur anhängen? Oder sollte man nicht mir selbst widersprechen – da ich doch alle Zeit sehr anders gelehrt habe – und von mir selbst abfallen, wie ich es mit der Lehre des Papstes getan habe?“ Weiterlesen