Alle Artikel in der Kategorie “Zeitgeschehen

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Über das Halten von Viertelstunden-Andachten

Seit einigen Jahren bin ich in meiner Gemeinde als Laienprediger tätig. Für mich ist das einerseits eine hohe und kostbare Berufung, andererseits eine Herausforderung, die von Mal zu Mal größer wird (da einem die Verantwortung bewusst wird). Was Laienpredigten in russlanddeutschen Gemeinden von z.B. Predigten in reformierten Gemeinden unterscheidet ist die Kürze. Meist sind es zwei bis drei Brüder, die am Wort dienen und hier etwa 15 bis 25 Minuten Zeit dafür haben. Mit dieser Praxis will man auch 1 Kor. 14,26-33 genügen.

Auch wenn sicherlich nicht immer alles reibungslos abläuft, ist das Modell der Laienpredigt eine Reflexion des Allgemeinen Priestertums und der Vielfalt der Gaben, die in der Gemeinde vorhanden sind. Manchmal wird gegen die Laienpredigt einwendet, dass die Bibel ja nur berufene Pastoren kennt, doch damit verwechselt man das Pastorenamt mit dem Dienst der Predigt. So als wäre irgendein Laienprediger meiner Gemeinde nicht von Gemeinde (durch die Leitung) zum Dienst berufen. Selbst die Berufung zum Dienst entspricht hier also eher dem biblischen Modell, als wenn man die Berufen hält, die von Ihren theologischen Ausbildungen berufen sind. So als würde die Uni die Prediger einer Gemeinde berufen!

Doch nicht die Verteidigung der russlanddeutschen Predigt ist das Ziel dieses Artikels, sondern eine andere Überlegung: Da es mein Ziel war, diese Aufgabe gut zu erfüllen, habe ich einiges an Literatur referenziert und festgestellt – bei dem vielen Guten das sie beibringen – das ein Umsetzungsproblem bleibt. Ein Großteil dieser Werke, Podcasts und Anleitungen hat vor allem 45-Minuten lange Predigten im Blick. Nicht alles davon kann man eins zu eins auf eine 15-Minütige Andacht übertragen. Eben weil man mehrere Brüder reden lässt, sind die Predigten in russlanddeutschen Gemeinden häufig kürzer. Aus diesem Grund habe ich meine Andachten auch „Viertelstunden“ genannt.

Ok genug der Vorrede, einige Erfahrungen, die ich in der Zeit sammeln konnte:

  • Verachte die Möglichkeit vor anderen über religiöse Fragen zu reden nicht! Wolfgang Dyck berichtet in seinen Werken davon, dass er in den Nachtclubs und Discos von St. Pauli und Co nur wenige Minuten für ein Wort bekam! Überhaupt gibt es eine Menge Situationen, in denen man nur wenige Minuten etwas zu sagen hat bzw. auf offene Ohren stößt. Es gibt die schädliche Überlegung, die sich einschleichen kann, dass man anfängt zu denken, nur eine Predigt von 45 Minuten ist eine Predigt, die der Mühe wert ist. Obwohl 45 Minuten Predigten ihre Vorteile haben, ist es einfach ein anderes Szenario. Aber hier gibt es keinen Unterschied in der Wichtigkeit!
  • Noch mehr „fällen“. Sporadisch konnte ich auch längere Vorträge und Themen halten. Selbst hier war ich immer wieder erstaunt, dass man mindestens 2/3 der Vorarbeit „fällen“ muss. In „Jesus predigen- nicht irgendwas“ spricht Wilhelm Busch über die Wichtigkeit dieser Aufgabe. Die Vorbereitung muss eigentlich ausfallen wie für eine Predigt von 45 Minuten und nun fängt ein intensives Fällen an.
  • Noch mehr „konzentrieren“: Es predigen zwei: Einer predigt 45 Minuten, einer 15 Minuten. Beide weichen für die geringe Zeit von 5 Minuten ab. Nehmen einen uneindeutigen Verweis, ein unpassendes Zitat, ein oberflächliches Beispiel. Der Erste Prediger mit der Langen Andacht, kann noch ohne weiteres die Kurve kriegen. Die 5 MInuten sind gerade mal 10% seiner Andacht gewesen. Vielleicht werden sie gar vergessen, da der andere Teil gelingt. Bei einem drittel verlorener Zeit sieht die Situation für den zweiten Prediger ganz anders aus: Das bedeutet, das jede Illustration, jedes Beispiel, jeder gewählte Vers bei einer kurzen Andacht noch viel mehr (vor allem im Gebet und in der Gemeinschaft mit Christus) ausgewählt werden sollte. Selbstverständlich bedeutet es auch, dass jede rein rhetorisch angesetzte „Phrasenwiederholung“ wirklich ernsthaft erwägt werden sollte.
  • Noch mehr Eindeutigkeit: Eine längere Andacht kann emotionell wandern: Nüchtern anfangen, emotionall anfangen und schließlich ziemlich ermahnend ändern. Eine kurze Andacht kann das alles auch sein: Entweder sachlich, oder emotionell, oder herausfordernd, oder exegetisch gründlich, oder wie „ein Lexikonartikel“: Aber sie kann nur eines davon sein
  • Kürze nur nicht am biblischen Text: Eine Herausforderung, an der Viele scheitern. Ihnen ist die Knappheit der Zeit klar, somit fängt man an nur einen Text eines größeren Bibelabschnitts zu wählen. Den Rest fast man in eigenen Worten zusammen. Außer in dem Fall wo der zu besprechenden Text vorgeben ist, halte ich dieses Vorgehen für falsch. Es gibt nichts besseres, was wir sagen können, als den biblischen Text. Und wenn wir den Lesern Lust zum Worte Gottes gemacht haben, Jesus schmackhaft gemacht haben, mögliche Störfrequenzen und Stolpersteine für den gewählten Text beseitigt haben, dann haben wir unsere Arbeit getan.
  • Zum Schluss eine Ermutigung: Wer sein Thema in 15 Minuten überzeugend vorbringen kann, dem gelingt das auch in 45 Minuten. Umgekehrt ist es schwieriger.
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Ein neuer Blog über das Leben in sexueller Reinheit
unbeschwert laufen... frei von Pornographie!

Die Tage wurde ich auf einen noch recht neuen Blog aufmerksam gemacht, den ich gerne weiter empfehlen möchte: Auf unbeschwert-laufen.de  finden wir einen Blog, der sich den Kampf um sexuelle Reinheit und gegen die Pornographie und Selbstbefriedigung auf die Fahne geschrieben hat. Ich schreibe hier Blog, aber es ist wohl vielmehr eine umfangreiche Datenbank, oder noch besser, eine Informationsstation. Auf unbeschwert-laufen.de finden sich zahlreiche Informationen, darunter eine der umfangreichsten Literatur-Sammlungen zu diesem geistlichen Kampffeld und eine ausführliche Darstellung mit gegenwärtig mehr als 200 Ressourcen zu diesem Thema, darunter auch Ansprechstellen für Seelsorge und Beratung  oder Ressourcen für Frauen (als Täter und/oder Opfer betroffen) oder eine Auflistung der unterschiedlichsten Zeitschriftenartikel.

In besonderer Weise hat mir die Aufbereitung audiovisueller Beiträge zugesagt, die man hier finden kann. Überhaupt ist die Seite sehr ordentlich und übersichtlich aufgebaut und besitzt ein ansprechendes Design. Ich hatte vor kurzem auch die Möglichkeit den Verantwortlichen des Blogs persönlich zu sprechen und sein Eifer,  in diesem Thema vor allem Männern zu helfen Sieg und Befreiung zu erfahren, wirkte ansteckend. Ich bin mir sicher, dass Gott diese Seite und die Materialien darauf segensbringend verwenden wird. Wenn ich etwas bemängeln würde, dann höchstens den sehr engen thematischen Rahmen, so fände ich z.B. auch eine etwas allgemeinere Seite zur christlichen Sexualethik hilfreich. Womöglich ist aber gerade diese konzentrierte thematische Fixierung eine Unterstützung/Orientierungshilfe für Menschen, die gerade gegen ihre Pornosucht kämpfen. Auf diese Weise bleibt der Blog auch eine Hilfestellung für die, die Menschen in Ihren Anfechtungen auf diesem Gebiet begleiten.

 

 

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Ein Gedicht von Kurt Tucholsky
Augen in der Großstadt

Seit vor einigen Tagen die Maskenpflicht in einem Großteil der Innenräume gefallen ist, habe ich mich  wiederholt gefragt, wie ich das so einfach zulassen konnte, mit so einer Übermenge an irren und unmenschlichen Maßnahmen mitzumachen.

Kurt Tucholsky Literature MuseumIch beobachte, wie ich gierig die Gesichter meines Gegenüber lesen will und wie sehr mir das die letzten zwei Jahre gefehlt hat. – Gefehlt hat? Ist es nicht ein Stückweit die anonyme Individualität der Verstädterung die in der Gesichtsvermummung vollendet wird?

Ich auf jeden Fall, entdecke die Freiheit aufs Neue, auch dem hässlichen, unangenehmen, böse drein blickenden Bürger frisch entgegenzublicken und zu rufen: „Grüß Gott“, „Das Leben ist schön“, „Hallo“, „Jesus lebt“ oder was auch immer. Wie sehr hat mir das gefehlt! Ein Grund Freiheit radikal neu zu entdecken!

Das wiederum erinnert mich besonders an das Gedicht „Augen in der Großstadt“. Unter den vielen prägnanten und ausdrucksvollen Gedichten und Prosatexten Tucholskys (eine gute Auswahl findet sich hier), passt das heute besonders gut.. Kurt Tucholsky, der die Katastrophe des Nationalsozialismus nahezu prophetisch bevorsah, überlebte seine Enttäuschung am Untergang seines Vaterlandes nicht, das Vaterland, das seine Bücher zum Teil der ersten Bücherverbrennungen 1933 erklärte…

Augen in der Großstadt

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
dann zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder.

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast’s gefunden,
nur für Sekunden…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück…
vorbei, verweht, nie wieder.

Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
und zieht vorüber…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.

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Tipp: The Rise and Triumph of the Modern Self

Eine Gastrezension von David Tissen:

„So many Christian books seek to explain the church to the modern world. But in these pages, Carl Trueman explains modernity to the church, with depth, clarity, and force. The significance of The Rise and Triumph of the Modern Self, arriving at this late hour, is hard to overstate.“ (Rod Dreher)

Was ist die Welt, in der wir leben? Was ist die Welt, in der Christen heute aufgerufen werden das Wort Gottes zu verkündigen?

Carl Trueman, von seiner Überzeugung Protestant und Dozent am Grove City College (Pennsylvania, USA), geht dieser Frage nach. Um die Notwendigkeit dieser Aufgabe zu erklären, verweise ich auf eine Begebenheit, die Carl Trueman häufig seinen Studenten erzählt.

Carl Trueman fragt seine Studenten oft nach der Ursache des Zusammenstürzens der beiden World Trade Center Türme. Nachdem einige Studenten Antworten geben, gibt Trueman selbst folgende Antwort: „Sie sind aufgrund der Thermodynamik eingestürzt. Die Stahlträger konnten aufgrund der Hitze die Belastung nicht mehr halten und sind eingestürzt.“ (In eigenen Worten wiedergegeben)

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Wie dein Smartphone dich verändert
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Ein Abend ohne Social Media

Das macht gar nichts. Ein Abend ohne Social Media ist wirklich verkraftbar. Heute Abend, am 4. Oktober 2021 gegen 17.30 Uhr, sind drei große Social Media Plattformen aus dem Internet verschwunden. Vermutlich liegt ein technischer Fehler vor. Die Aufregung ist groß. Und ich als Informatiker kann mir gut vorstellen, welche Atmosphäre gerade im Facebook-Unternehmen herrscht. Doch die Techniker werden es wieder zum Laufen bekommen.

Aber es geht heute Abend um dich! Es ist nicht nötig, nach alternativen Plattformen zu suchen. Wende dich den wirklichen wichtigen Dingen des Lebens zu. Davon gibt es unzählige. Ich mache dir einen Vorschlag. Nimm doch wieder mal ein Buch zur Hand. So wie damals. Früher, als dein Smartphone dich noch nicht beherrschte. Wer Bücher liebt, der weiß, wovon ich rede. Es war eine schöne Zeit. Und die kann es heute auch wieder werden. Auch wenn morgen die Welt wieder in Ordnung ist und die Technik wieder wie gewohnt funktioniert. Mache es dir ab heute zur Gewohnheit und nimm ein Buch in die Hand.

Für heute Abend gebe ich dir zwei Empfehlungen. Diese Bücher sprechen mir sehr aus dem Herzen: Weiterlesen

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Wieso Verantwortung in der Sexualaufklärung wichtig ist
Ein Interview von Sergej Pauli mit Dr. med. Ute Buth, Frauenärztin und Sexualberaterin

S.P: Sehr geehrte Frau Dr. med. Buth, Sie haben bereits mehrere Bücher zur Sexualaufklärung aus christlicher Sicht verfasst. Wie sind Sie überhaupt zur schriftstellerischen Tätigkeit gekommen?

U.B.: Als Frauenärztin und Sexualberaterin arbeite ich schon seit 14 Jahren für das Weiße Kreuz Deutschland e.V.. Für das Werk bin ich als Fachreferentin und Fachberaterin für Frauenheilkundliche Fragen tätig und arbeite u.a. im Redaktionsteam unserer Zeitschrift mit, verfasse Artikel zu meinen Spezialthemen. Darüber kam ich in Kontakt mit einem Verlag, der zum Thema unerfüllter Kinderwunsch ein Buch veröffentlichen wollte. Insgesamt empfinde ich das Schreiben als sehr hilfreiche Möglichkeit der Multiplikation. Auf diesem Weg kann man sehr viele Menschen mit speziellen Themen, die sie interessieren, erreichen.

S.P.: An welchem Thema arbeiten Sie gegenwärtig?

U.B.: 2019 ist mein Bilderaufklärungsbuch „Erklärt mir mal, wo komm ich her?“ erschienen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass als Nächstes Softcoverversionen dieses Buches in englischer und russischer Sprache erscheinen werden. Die englische Ausgabe ist für Ende dieses Jahres geplant, Russisch dann für 2022. Weitere Sprachen könnten folgen. Außerdem arbeite ich an einem Aufklärungsbuch, das die Lücke zwischen dem Bilderbuch „Erklärt mir mal, wo komm ich her?“ und dem Teenageraufklärungsbuch „Mädelskram“ schließen wird, sich ca. an die Altersgruppe 8-12 Jahre richtet.

S.P.: Wann war es leichter (eigene) Kinder aufzuklären? Heute oder vor hundert Jahren? Weiterlesen

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„Aber wer sich lange dumm stellt, wird vielleicht eines Tages wirklich dumm“

Die Schildbürger sind ursprünglich für ihre Klugheit weithin bekannt und werden überall in der Welt gefragt um mit ihrer Klugheit die Dinge zu regeln. Doch Schilda, ihr Heimatort geht dadurch den Bach runter. Also muss etwas unternommen werden. Die Schildbürger nehmen sich nun vor, sich besonders dumm zu stellen. Allen sagt der Plan zu, außer dem Lehrer, der einwendet:

„Wer klug tut, wir davon noch lange nicht klug.Aber wer sich lange dumm stellt, wird vielleicht eines Tages wirklich dumm“. Die anderen lachten ihn aus. „Seht, es fängt schon an.“ „Was?“, meinte der Schmied neugierig. „Eure Dummheit“, rief der Lehrer. Da lachten sie ihn alle aus.

Als erste Dummheit beschließt man den Bau eines dreieckigen Rathauses ohne Fenster. Dieser wird bald eine weltbekannte Kuriosität und spült Geld in die Stadtkasse:

>„So wurden die Schildbürger zwar nicht wegen ihres dreieckigen Rathauses, sondern vielmehr wegen ihrer vergessenen Fenster berühmt. Es dauerte nicht lange, so kamen auch schon die ersten Reisenden nach Schilda, bestaunten die Einwohner, übernachteten und ließen überhaupt ein gutes Stück Geld in der Stadt. „Seht ihr“, sagte der Ochsenwirt zu seinen Freunden, „als wir gescheit waren, mussten wir das Geld in der Fremde verdienen. Jetzt, da wir dumm geworden sind, bringt man es uns ins Haus!“ 

Doch wie viel Dummheit ist eigentlich ideal? Als man Minna, die Kuh des Bürgermeisters dazu bringen möchte, das Gras auf einer Mauer abzugrasen und sie beim Hinaufhieven erstickt, bemerkt der Bürgermeister voll Kummer:

„Liebe Freunde«, sagte er zerknirscht, »an Minnas vorzeitigem Ableben ist einzig und allein unser Scharfsinn und Verstand schuld. Hätte ich das Gras auf der Mauer nicht bemerkt und daraus gefolgert, daß es nutzbringend verwendet werden müsse, wäre das brave Tier noch munter und guter Dinge. Ich fürchte, wir sind noch immer nicht dumm genug.« Die anderen nickten nachdenklich.“

Weil die Schildbürger irgendwann mit dem Umgang mit einem „Maushund“ überfordert sind, zünden sie ihre ganze Stadt an und sind so gezwungen in die ganze Welt auszuwandern:

„Und so kommt es, daß es heutzutage die Stadt Schilda nicht mehr gibt und die Schildbürger auch nicht. Das heißt: Es gibt sie natürlich noch. Nur ihre Enkel und Urenkel und deren Enkel und Urenkel leben über die ganze Erde verstreut. Sie wissen gar nicht mehr, daß sie von den Schildbürgern abstammen. Von Leuten also, die sich, um glücklich zu werden, dumm stellten und dadurch ins Unglück gerieten, daß sie dumm wurden. Und sie können es auch gar nicht wissen.

Denn heutzutage gelangen die Dummen zu Ruhm und Rang, zu Geld und Glück genauso wie die Gescheiten. Woran sollten also die Dummen auf unserer Erde merken, daß sie dumm sind? Ein einziges Merkmal gibt es, woran man die Dummen erkennt: Mit dem, was sie erreicht haben, sind sie selten, aber mit sich selber sind sie stets zufrieden. Gebt also gut Obacht! Bei den anderen, und bei wem noch? Ganz recht,bei euch!“

Alle Zitate aus Erich Kästner: Die Schildbürger.

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Not a Fan!

Ich habe mir schon länger überlegt über dieses Thema einen Artikel zu schreiben. Der Skandal um Ravi Zacharias macht mir deutlich, dass ich eher unnötig lang gezögert habe:

Und sollt niemand Vater heißen auf Erden, denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist. (Mt. 23,9)

Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen? (Joh. 1,46)

Manchmal frage ich mich, ob gerade die Abwesenheit eines formellen Papsttums uns Evangelikale derart anfällig für den Personenkult macht? Bevor ich hier überhaupt wage, auf jemand anderen mit dem Finger zu zeigen, wird mir mein götzendienerisches Herz auf beschämende Weise bewusst.

Mir ist es neulich beim Lesen von„Schmeckt und Seht“ aufgefallen, dass John Piper völlig überflüssige und unnötige Hinweise auf C.S. Lewis gibt. Auf S. 76 und 78 z.B. findet sich zuerst ein Verweis darüber, wie wichtig es ist über die „gewöhnliche alltägliche Schöpfung“, wie Bäume zu staunen, und im zweiten Fall, wie wichtig es ist, gute Bücher zu lesen. In beiden Fällen hielt Piper einen Verweis auf Lewis für notwendig, obwohl der Artikel explizit über das Leben eines völlig anderen Theologen handelte (Clyde Kilby). Ist das Staunen über Bäume deswegen so wichtig, weil Lewis es tat? Ist das Lesen alter Bücher vor allem deswegen so nützlich, weil Lewis das nahelegt? Mir ist beim Lesen aufgefallen, dass die besseren Argumente dafür, warum man beides (also Bäume bestaunen und alte Bücher lesen) tun sollte, dadurch nicht erwähnt wurden, weil man sich auf einen Verweis auf eine Autorität beschränkte. Beim Lesen aufgefallen?! Eigentlich ist mir das nur bewusst geworden, weil ich an dem Abend zu viele Nüsse gegessen habe, schlecht schlafen konnte und mir nachts der gelesene Artikel immer wieder vor Augen kam. Beim Lesen selbst war mein dominierender Gedanke: Ich muss unbedingt mehr von Lewis lesen, immerhin schwärmt ja Piper von diesem Autor! Weiterlesen

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Meine Real Life Story (und die Sache mit Gott) 

Philipp Mickenbecker ist 23 Jahre alt; mit seinem Bruder Johannes und Freunden betreibt er einen YouTube Kanal mit Millionenreichweite (The Real Life Guys). Auf ihrem Kanal bauen sie ein U-Boot, bringen eine Badewanne zum Fliegen, oder konstruieren eine Achterbahn in einem Baumarkt. Dabei wollen sie Jugendliche dazu motivieren, statt ihre Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen, sich zurück ins reale Leben zu begeben, und selber Dinge zu unternehmen. Ihr Motto: «Do Something». Philipp bekam Mitte 2020 seine dritte Krebsdiagnose. Kurz davor veröffentlichte er seine persönliche Real Life Story. Ich habe das Hörbuch dazu auf Spotify angehört, dass der Autor selber vorliest.  

Philipp wuchs in einem christlichen Elternhaus auf und wurde anfangs zu Hause unterrichtet. Doch ab der vierten Klasse mussten er und seine Geschwister (neben seinem Zwillingsbruder Johannes hatte er noch eine Schwester) an eine offizielle Schule wechseln, weil Homeschooling in Deutschland nicht erlaubt ist. Zuhause lernten sie aus Interesse. An der neuen Schule wurde dieses Prinzip umgekehrt: die Lehrer verordneten den Lernstoff. Die Schule wurde, wie er schreibt, für sie zum Gefängnis. Aus Langeweile gestalteten sie sich den Schulalltag selbst spannender, und begannen mit Exprimenten und Streichen. So hackten sie sich beispielsweise in das gesamte IT-Netz der Schule. In dieser Zeit bekam Philipp die erste Krebsdiagnose. Als er während der Chemo die Bibel zu lesen begann, machte er erste Erfahrungen mit Gott. Mehrere Verse sprachen ihn an, und er fand Parallelen zwischen Leiderfahrungen der biblischen Personen und ihm. Doch als es ihm langsam wieder besser ging, vergass er diese Erfahrungen, und stürzte sich in neue Projekte. Nach gut vier Jahren kam der Krebs wieder. Dieses Mal hatte er keine Kraft mehr für eine weitere Chemo. So probierte er viele alternative Behandlungsmethoden aus. Auch begann er wieder, die Bibel zu lesen, und forderte von Gott ein Zeichen als Beweis für dessen Existenz. Immer wieder sprach Gott durch Verse in der Bibel zu ihm. Durch ein solches Erlebnis kam er zum Glauben. Vorher hatte er den Sinn des Lebens in den verrückten Abenteuern gesucht, doch fand er ihn erst in Christus. Er beschreibt sich als einen rational denkenden Menschen. Damit meint er, dass sein Verstand in den Glauben eingeschlossen sein muss. In den folgenden Zeilen beschreibt er treffend, was ihn vom Christentum fernhielt: 

«Am meisten gestört habe ich mich an den Christen, die mich mit ihrem Leben einfach nicht überzeugen konnten. Ich kannte ja diese ganzen Versprechen aus der Bibel, und habe überall nach erfüllten, glücklichen Menschen gesucht, die einander lieben und ein Licht in der Welt sind. Stattdessen begegneten mir Besserwisser und Spassbremsen, Verklemmte und Vorschriftspolizisten, die sich selbst und anderen das Leben schwer machten.»   Weiterlesen

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Christus ist das Haupt der Kirche, nicht Cäsar

Wilfried Plock hat mich auf diese legendäre Aktion von John F. MacArthur aufmerksam gemacht. Danke dafür!

Die Reaktion der GCC (Grace Community Church) ist angesichts der aktuell veranlassten unbefristeten und vollständigen Versammlungsverbote in Kalifornien nachvollziehbar:

Das erste Versammlungsverbot für Großveranstaltungen (eingeschlossen Gottesdienste) galt, ähnlich wie in Deutschland, für April/Mai diesen Jahres. Dabei wurde vorausgesetzt, dass die neu erlassenen Regelungen zeitlich befristet sind und schrittweise gelockert werden. Im Juni und zu Beginn des Juli konnten Gottesdienste unter besonderen Maßnahmen wieder stattfinden. Das nachfolgende Statement bezieht sich auf eine erneute, zweite Sperre, die im Juli erlassen wurde und nun speziell und unbefristet jegliche Ausübung von Religions-veranstaltungen, einschließlich Gottesdiensten und anderen Gemeindeveranstaltungen, in Kalifornien verbietet.

Die GCC stellt in ihrer Stellungsnahme klar:

„Die biblische Verpflichtung für unsere Kirchen offen zu bleiben Christus ist Herr über alles. Er ist das einzige wahre Haupt der Kirche (Epheser 1,22; 5,23; Kolosser 1,18). Er ist der König der Könige – Herrscher über jede irdische Autorität (1.Timotheus 6,15; Offenbarung 17,14; 19,16). Die Grace Community Church steht seit jeher unerschütterlich auf diesen biblischen Prinzipien. Als sein Volk sind wir seinem Willen und seinen Geboten unterworfen, wie sie in der Heiligen Schrift offenbart werden. Deshalb können und wollen wir eine von der Regierung auferlegte Sperre unserer wöchentlichen Gemeindegottesdienste oder anderen regelmäßigen gemeinsamen Versammlungen nicht hinnehmen. Eine Einwilligung wäre Ungehorsam gegenüber den klaren Geboten unseres Herrn.

Vielleicht denkt mancher, dass eine solch konkrete Aussage in direkten Widerspruch zu dem in Römer 13 und 1. Petrus 2 dargelegten Gebot steht, sich regierenden Autoritäten zu unterwerfen. Die Heilige Schrift gebietet einen sorgfältigen, gewissenhaften Gehorsam gegenüber allen regierenden Autoritäten, einschließlich Königen, Präsidenten, Arbeitgebern und ihren Bevollmächtigten (d.h., um es mit den Worten des Petrus zu sagen: „nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten“ [1. Petrus 2,18, Elbefelder 1905]). Soweit die Regierungsbehörden nicht versuchen, kirchliche Autorität auszuüben, oder Befehle zu erteilen, die unseren Gehorsam gegenüber Gottes Gesetzen verbieten, ist ihrer Autorität zu gehorchen, ob wir nun mit ihren Entscheidungen einverstanden sind oder nicht. Mit anderen Worten: Römer 13 und 1. Petrus 2 binden immer noch das Gewissen des einzelnen Christen. Wir sollen unseren irdischen Autoritäten gehorchen, da diese von Gott selbst eingesetzt sind.

Doch obwohl die zivile Regierung mit göttlicher Autorität ausgestattet ist um den Staat zu regieren, gewährt keiner der oben zitierten Texte (und auch kein anderer) den irdischen Machthabern die Rechtshoheit über die Kirche. Gott hat drei Institutionen innerhalb der menschlichen Gesellschaft geschaffen: die Familie, den Staat und die Kirche. Jede Institution hat ihren eigenen Autoritätsbereich mit Zuständigkeitsgrenzen, die respektiert werden müssen. Die Autorität eines Vaters ist auf seine eigene Familie beschränkt. Die Autorität der Kirchenführer (die ihnen von Christus übertragen wurde) ist auf kirchliche Angelegenheiten beschränkt. Und die Regierung ist speziell mit der Aufsicht und dem Schutz des bürgerlichen Friedens und Wohlergehens innerhalb der Grenzen einer Nation oder Gesellschaft betraut. Gott hat den irdischen Machthabern keine Autorität über die Lehre, die Praxis oder die Gestalt der Gemeinschaft in der Kirche verliehen. Der biblische Ordnungsrahmen beschränkt die Autorität jeder Institution auf ihre spezifische Zuständigkeit. Die Kirche hat nicht das Recht, sich in die Angelegenheiten einzelner Familien einzumischen und die elterliche Autorität zu ignorieren. Eltern haben nicht das Recht, öffentliche Angelegenheiten unter Umgehung der zuständigen staatlichen Beamten zu regeln. Und ebenso wenig haben Regierungsbeamte das Recht, sich in kirchliche Angelegenheiten in einer Weise einzumischen, welche die von Gott verliehene Autorität von Pastoren und Ältesten untergräbt oder missachtet…“ Weiterlesen hier.

Hier findet sich die Stellungnahme auf der Homepage der Gemeinde. Es ist möglich, diese mit seiner Unterschrift zu unterstützen.

In der Zwischenzeit hat man der GCC  übrigens angedroht den Strom abzuschalten, und bald danach das Wasser, um kirchliche Versammlungen unmöglich zu machen, falls sich die Kirche nicht den Sperren beugt. (siehe twitter posts bei GCC’s Pastor Phil Johnson)