Alle Artikel in der Kategorie “Gedichte/Lyrik

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Ein Gedicht von Kurt Tucholsky
Augen in der Großstadt

Seit vor einigen Tagen die Maskenpflicht in einem Großteil der Innenräume gefallen ist, habe ich mich  wiederholt gefragt, wie ich das so einfach zulassen konnte, mit so einer Übermenge an irren und unmenschlichen Maßnahmen mitzumachen.

Kurt Tucholsky Literature MuseumIch beobachte, wie ich gierig die Gesichter meines Gegenüber lesen will und wie sehr mir das die letzten zwei Jahre gefehlt hat. – Gefehlt hat? Ist es nicht ein Stückweit die anonyme Individualität der Verstädterung die in der Gesichtsvermummung vollendet wird?

Ich auf jeden Fall, entdecke die Freiheit aufs Neue, auch dem hässlichen, unangenehmen, böse drein blickenden Bürger frisch entgegenzublicken und zu rufen: „Grüß Gott“, „Das Leben ist schön“, „Hallo“, „Jesus lebt“ oder was auch immer. Wie sehr hat mir das gefehlt! Ein Grund Freiheit radikal neu zu entdecken!

Das wiederum erinnert mich besonders an das Gedicht „Augen in der Großstadt“. Unter den vielen prägnanten und ausdrucksvollen Gedichten und Prosatexten Tucholskys (eine gute Auswahl findet sich hier), passt das heute besonders gut.. Kurt Tucholsky, der die Katastrophe des Nationalsozialismus nahezu prophetisch bevorsah, überlebte seine Enttäuschung am Untergang seines Vaterlandes nicht, das Vaterland, das seine Bücher zum Teil der ersten Bücherverbrennungen 1933 erklärte…

Augen in der Großstadt

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
dann zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder.

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast’s gefunden,
nur für Sekunden…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück…
vorbei, verweht, nie wieder.

Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
und zieht vorüber…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.

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Ein christliches Lied, das Deutschland zur Buße ermahnt

Es ist schon einige Jahrhunderte her, es war im Jahr 1561, da verfasste Johann Walter im Rückblick auf die damals gerade von Gott geschenkte Reformation das folgende Gedicht:

 1. Wach auf, wach auf, du deutsches Land!
Du hast genug geschlafen,
bedenk, was Gott an dich gewandt,
wozu er dich erschaffen.
Bedenk, was Gott dir hat gesandt
und dir vertraut sein höchstes Pfand,
drum magst du wohl aufwachen.

2. Gott hat dich, Deutschland, hoch geehrt
mit seinem Wort der Gnaden.
Ein großes Licht dir auch beschert
und hat dich lassen laden
zu seinem Reich, welchs ewig ist,
dazu du denn geladen bist,
will heilen deinen Schaden.

3. Gott hat dir Christus, seinen Sohn,
die Wahrheit und das Leben,
sein liebes Evangelium
aus lauter Gnad gegeben;
denn Christus ist allein der Mann,
der für der Welt Sünd gnug getan,
kein Werk hilft sonst daneben.

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Brief an einen Dauerzocker
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Brief an einen Dauerzocker

Lieber Zocker

Vielleicht wird dich dieser Brief ärgern. Das wünsche ich mir eigentlich. Weil mir Unwille und Widerstand lieber sind als passives Hinnehmen. Passivität deutet nämlich auf Enttäuschung hin. Könnte es sein, dass du zu einem bestimmten Zeitpunkt resigniert hast? Für Jungs ist die Schule ein Ort für solche Enttäuschungen. Sie ist öde. Die Inhalte gefallen nur Mädchen, die brav Vokabeln büffeln.

Dabei hättest du es wahrscheinlich faustdick hinter den Ohren, ich meine damit (auch) im Kopf. Nur ist dein Kopf nicht gleichermassen trainiert wie deine Finger. Ich frage mich, was wohl geschehen würde, wenn du konsequent dein Hirn trainieren würdest! Zugegeben, das braucht einige Jährchen. Doch jetzt sitzt du die beste Zeit deines Lebens ab, als ob es nichts Spannenderes geben würde als auf eine kleine Glastafel zu gucken (oder auf das Tablet bzw. den PC). Und ich befürchte, dass es tatsächlich nichts Spannenderes gibt. Sonst würdest du es nicht ständig tun.

Ein gescheiter Mann hat gesagt: Wer ein Wozu hat, erträgt fast jedes Wie. Und ich füge hinzu: Wer kein Wozu hat, testet fast jedes Wie aus. Die Stimulation des Hirns durch das Zocken ist nicht zu verachten. Die Ausschüttungen sind beträchtlich. Nur muss der Stoff – wie beim Süchtigen – immer höher dosiert werden. Online-Spiele sind Betäubung und Ablenkung. Die Kräfte, Ideen und Erwartungen werden umgelenkt.

Steil vorgelegt: Ein erfülltes Leben und (übermässiges) Zocken schliessen sich gegenseitig aus. Du suchst das, was alle Menschen suchen. Glück. Aber du suchst es am falschen Ort (im virtuellen Raum) und in einer falschen Form (unmittelbarer Kick-back in Form von positiven Gefühlen). Ich vermute, dass du es dir nicht eingestehen willst, dass du suchst. Ich denke mir auch, dass du es gar nicht wissen willst. Also begibst du dich lieber in freiwillige Gefangenschaft: Am selben Ort, alleine (physisch, meine ich), gedanklich absorbiert, körperlich immer in derselben (oft verkrampften) Körperhaltung.

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Mein Volk, das in vergang’nen Tagen

Vor einigen Jahren bin ich auf dieses Lied gestoßen, dass ich gerne mit euch teilen würde, da der Inhalt doch ungewöhnlich ist im Vergleich zu vielen der anderen alten Glaubenslieder:

1. Mein Volk, das in vergangnen Tagen
des Herren Banner fröhlich schwang,
dazu, von hohem Geist getragen,
so himmlisch schöne Lieder sang,
wo ist denn deiner Väter Glauben,
ihr‘ feste Burg, ihr‘ Waff und Wehr?
Du ließt dein höchstes Gut dir rauben
von einem ganzen Höllenheer!

2. Mein Volk, das in verfloss’nen Zeiten
mit einer heiligen Geduld,
verfolgt, erträgt die schwersten Leiden,
gestützt auf Gottes Vaterhuld,
kaum sah’n wir dich dem Leid entrinnen,
so warfst du dich zum Herrscher auf,
um schnell am Faden fortzuspinnen,
wo Rom verlor den blut’gen Lauf!

3. Mein Volk, das einstens protestierte
voll Kühnheit wider Trug und Wahn,
dass schnell dein Geist, der lang‘ verirrte,
betrat der Wahrheit lichte Bahn.
Ist jener Kampf denn schon beendet,
im Geist besiegt der Lügner Rott‘?
Weh‘ dir, du hast dein Herz gewendet,
bekämpfst das Licht nun selbst mit Spott!

4. Mein Volk, erwach aus deinem Schlummer
und kehr zu deinem Herrn zurück,
sonst trifft dich endlich schwerer Kummer,
verscherz doch nicht dein eignes Glück!
Folg deiner Väter treuem Mahnen,
noch hast du hierzu Gnadenfrist.
O schar dich eilends zu den Fahnen
des Siegesfürsten Jesus Christ.

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Sarah und die Verheißung

Sie waren hochbetagt und alt,
Die Füße langsam, die Hände kalt,
Doch als Gott sie erwählte vor der Welt,
Da folgten sie treu, es hielt sie kein Geld.

Gott sagte nicht viel, doch deutlich sein Wort
Abram, du musst ziehen an einen anderen Ort
Überhäuft wirst mit Segen du in der fremden Au,
Dein ganzes Geschlecht und auch deine Frau.

Abraham glaubte dem was Gott hier sagte,
Der Weg war weit, doch keiner klagte,
Auch Sarah folgte Schritt um Schritt
Durch Nacht und Wüste ging ihr Ritt.

Wie sieht er aus, dieser neue Segen?
Sarah fühlte eine neue Hoffnung sich regen.
Gott sprach: ich werde euch mehren,
Die Frau konnte kaum dem Zweifel wehren.

Und als sie nach langer Reise Last
Fanden in Kanaan ihre Rast,
Wo blieb da bloß der Verheißung Brot,
Im Lande herrschte Hunger, sogar der Tod.

Bei Abraham wurden die Sorgen groß
In Ägypten, dacht er, da finden wir Trost,
Sara sah die Schwäche des Gatten
Doch würde sie ihn niemals verraten.

An den sie sich lehnte, der Mann,
Der floh nach Ägypten alsdann.
Hier blieb Gott treu und gerecht,
Er verschaffte Sarah ihr Recht

Zurück in der Heimat, spricht Gott deutlich und klar:
„Nicht mehr lange und das Verheißne wird wahr“.
Doch Sarah treffen mächtige Sorgen,
Trifft der Segen ein, so erst morgen.

Vielleicht hat Gott nur Abram im Blick,
vielleicht ist die Sache doch noch verzwickt,
Vielleicht trifft der Segen nur Abraham,
nicht ihre sondern nur seine Nachfahrn‘?

Sarah musst sich tief beugen,
Es lässt sich nun mal nicht leugnen,
Gott blieb treu seinem Worte,
der Segen galt Sarah an dem Orte.

Da verhieß Gott ohne Hohn
Noch ein Jahr, und da ist der Sohn,
Sarah muss lachen, es kommen die Zweifel
Die im Herzen nährt der Teufel.

Doch Gott zeigt sein Gnädiges Angesicht,
Gott hat Sarah ein Lachen zugericht.
Und Isaak hält sie in den Händen,
Gottes Führung hat viele frohe Enden

Wo nahm Sarah die Kraft und die Treue?
War es nicht der Glaub‘ ohne Reue,
Sie achtete auf den, der alles verhieß,
Auch ihren alten Leib er nicht verstieß.

Und viele wurden geboren, wie am Himmel die Sterne,
Wie der Sand am Meere in der Ferne,
Wo zahlreich sind ihre Nachkommen,
Seid nicht ihr es alle, ihr Frommen?

Trotz ihrer Schwächen, Sarah glaubte,
Und Abraham und Gott sie sicher traute.
Dadurch wurden beide in ihren Leben fest
Sie wussten, dass Gott sie niemals verlässt.

Der Mensch, der Verborgne war ihr Schmuck
Der sichtbar wird ohne Lug und Trug,
Der sanfte stille Geist,
Das ist, was Gott als köstlich heißt.

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