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„Ruhm dem Luther! Ewiger Ruhm dem teuren Manne…“

Durch Heiko A. Obermans Biographie über Martin Luther bin ich auf ein ungewöhnliches Werk Heinrich Heines aufmerksam geworden: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland.

Das Werk ist in drei Teile aufgeteilt, dessen erster Teil die Religionsgeschichte in Deutschland bis einschließlich Luther beschreibt. Hier schildert Heine Luther als einen Nationalheld, der das Christentum überhaupt nach Deutschland brachte. Gleichzeitig möchte er (da er derzeit als Flüchtling in Frankreich lebt) zeigen, dass die radikalen rationalistischen Freiheits-bewegungen Frankreichs bei weitem nicht so viel „Freiheit“ erreichen werden, weil sie nur alter Katholizismus im säkularen Gewand bleiben:

„Jene Persiflage aber, namentlich die Voltairesche,  hat in Frankreich ihre Mission erfüllt, und wer sie  weiter fortsetzen wollte, handelte ebenso unzeitgemäß wie unklug. Denn wenn man die letzten sichtbaren Reste des Katholizismus vertilgen würde, könnte es  sich leicht ereignen, daß die Idee desselben sich in  eine neue Form, gleichsam in einen neuen Leib flüchtet und, sogar den Namen Christentum ablegend, in  dieser Umwandlung uns noch weit verdrießlicher belästigen könnte als in ihrer jetzigen gebrochenen, ruinierten und allgemein diskreditierten Gestalt. Ja, es hat sein Gutes, daß der Spiritualismus durch eine Religion und eine Priesterschaft repräsentiert werde, wovon die erstere ihre beste Kraft schon verloren und letztere mit dem ganzen Freiheitsenthusiasmus unserer Zeit in direkter Opposition steht.“

Verfolgt Heine hier eine Art Prä-Existentialismus? Interessanterweise schreibt Heine im Vorwort zur zweiten Auflage in aller Deutlichkeit über seine Bekehrung zum Theismus. In typischer sehr offener Heine-Art berichtet er: „Ich könnte zwar, wie manche Schriftsteller in solchen  Fällen tun, zu einer Milderung der Ausdrücke, zu  Verhüllungen durch Phrase meine Zuflucht nehmen; aber ich hasse im Grund meiner Seele die zweideutigen Worte, die heuchlerischen Blumen, die feigen Feigenblätter. Einem ehrlichen Manne bleibt aber  unter allen Umständen das unveräußerliche Recht,  seinen Irrtum offen zu gestehen, und ich will es ohne Scheu hier ausüben. Ich bekenne daher unumwunden, daß alles, was in diesem Buche namentlich auf die große Gottesfrage Bezug hat, ebenso falsch wie unbesonnen ist.“ Heine erklärt auch, wie es zu diesem Wandel kam. Die Bekehrung geschah nicht durch ein Wunder, eine Vision oder eine Stimme vom Himmel, sondern „ganz einfach (durch) die Lektüre eines Buches. – Eines Buches? Ja, und es ist ein altes, schlichtes Buch, bescheiden wie die Natur, auch natürlich wie diese; ein Buch, das werkeltägig und anspruchslos aussieht, wie die Sonne, die uns wärmt, wie das Brot, das uns nährt; ein Buch, das so traulich, so segnend gütig uns anblickt wie eine alte Großmutter, die auch täglich in dem Buche liest, mit den lieben, bebenden Lippen und mit der Brille auf der Nase – und dieses Buch heißt auch ganz kurzweg das Buch, die Bibel. Mit Fug nennt man diese auch die Heilige Schrift; wer seinen Gott verloren hat, der kannihn in diesem Buche wiederfinden, und wer ihn nie gekannt, dem weht hier entgegen der Odem des göttlichen Wortes.Heine war ein Popstar seiner Zeit und ähnlich wie bei Bob Dylan heute bleibt wohl unklar ob er sich nun zum Christentum oder zum Judentum bekehrt hatte. Weiterlesen