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Die Messias-Sehnsucht des Karl May

Was haben „der schöne Rhein“, Spanien, China, el Chaco, der Balkan, Mexiko und die Indianer-Reservate Nordamerikas gemeinsam? In all diesen Gegenden spielen die Abenteuer, die Karl May zu Papier brachte. Die meisten dieser Orte, mit Ausnahme „des schönen Rheins“ hat der Autor dabei entweder gar nicht, oder erst nach Veröffentlichung seiner Werke besucht.

Vor einigen Monaten hatte ich die Möglichkeit gehabt, die 33Bde der Zürcher Ausgabe sehr günstig zu erwerben und konnte nicht widerstehen. Kindheitserinnerungen stiegen hoch. So wagte ich mich an drei Bände, die allesamt in Südamerika spielen: Das Vermächtnis des Inka, und der Doppelband: Am Rio de la Plata und In den Cordilleren (Viele der Karl May Bände lassen sich bei sternchenland.com kostenfrei als epub downloaden). In diesen Drei Bänden ist nicht mehr Old Schatterhand oder Kara ben Nemsi der Held, sondern ein gewisser Vater Jaguar, der aber dennoch sehr viel Ähnlichkeit mit den beiden erstgenannten besitzt (und zudem, welch Zufall, ebenfalls bürgerlich Karl heißt).

Ich will an dieser Stelle weder den Einfallsreichtums Mays besprechen, der an zahlreichen Stellen an nahezu gleiche Texte zurückgreift und offensichtlich Plotvorlagen genutzt hat, die er einfach unterschiedlich kombiniert hat. Schaut man durch den ganzen Kitsch und die Nostalgie durch, besticht die Messias-Sehnsucht Karl Mays auf eine besonders zarte Weise. Dieser Mann wünscht sich so sehr einen, der das ganze Chaos endlich zur Ruhe bringt, der die Bösen in aller Ernsthaftigkeit in die Schranken weißt, der die Gesetzeslosigkeit aufhält und der bedingungslos liebt. Um aus „das Vermächtnis des Inka“ ein prägnantes Zitat zu wählen. Vater Jaguar muss mal wieder einen Begleiter retten, der sich durch eigene (wohlgemerkt!) Torheit in Gefangenschaft und Todesgefahr gebracht hat. Nun findet eine gefährliche Rettungsaktion statt:

„die beiden andern entfernten sich, um in geduckter Haltung durch das Schilf zu schleichen So lange es Sträucher gab, hinter denen sie Deckung fanden, war dies nicht schwer; bald aber waren sie gezwungen, sich niederzulegen. Sie mußten sich dabei in acht nehmen, das Schilf nicht zu bewegen; die scharfen Halme desselben schnitten ihnen in die Hände, was sie jedoch nicht beachteten. Oft mußten sie, um das Terrain gut auszunutzen, durch eine übelriechende Lache kriechen, deren Jauche ihnen bis an die Ellbogen reichte; sie taten das ohne Zögern, da es sehr wahrscheinlich ein oder gar zwei Menschenleben galt.“ Weiterlesen