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Thielicke über die Suche Gottes im Leiden

Aus „Wie die Welt begann“ von Helmut Thielicke. S.11-12:

„Aber auch dann, wenn der Knecht Gottes Hiob durch Katastrophen haus und Hof verliert, wenn ihm seine Kinder sterben und wenn Krankheit und Verzweiflung über ihn hereinbrechen, kann er das nicht mehr dumpf und passiv über sich ergehen lassen, so wie ein krankes Pferd einfach als stumme Kreatur leidet, sondern dann muss er auch das wieder sofort in eine Beziehung zu Gott bringen, muss er mit diesem Gott rechten, sich mit ihm auseinandersetzen und ihm die Frage entgegenschleudern: Warum lässt du das alles zu? ich habe dir immer treu gedient. Hast du denn gar kein Gefühl für Gerechtigkeit? Warum treibst du Schindluder mit mir?

Dadurch also, dass Hiob so alles, was er erlebt und erleidet, auf Gott beziehen muss, werden seine Leiden nur noch größer und abgründiger. Denn das Schlimmste sind für Hiob ja ar nicht seine juckenden Schwären, seine geschäftlichen Verluste und seine Familientragödie. Dagegen könnte vielleicht noch ein stoischer Gleichmut helfen. Das Aufwühlende und Quälende bei ihm kommt erst dadurch zustande, dass er Gott nicht mehr begreift, dass er irre an ihm wird und dadurch ins Leere und in die Sinnlosigkeit stürzt.

So ist es doch auch bei uns: Alles, auch das Schlimmste in unserem Leben, können wir einigermaßen und mit einer gewissen Tapferkeit ertragen, wenn wir es „annehmen“ können und einen Weg entdecken, um uns damit abzufinden. Aber es wird unerträglich und kann uns an den Rand des Wahnsinns bringen, wenn wir keinen Sinn mehr in dem finden, was wir leiden müssen, wenn wir damit hadern und uns die Frage überfällt.: Warum geschieht das gerade mir, warum werde ich von Pechsträhnen verfolgt, während andere, die keine Spur besser sind, immer wieder auf die Füße fallen und alles für sie genau richtig arrangiert ist? Krebs allein ist schon schlimm. Aber wer darüber hinaus noch mit der Frage fertig werden muss, warum Gott ihn zulässt, hat noch Schwereres zu tragen.

In solchen Lebenslagen, die jeder kennt, setzen wir uns im Grund mit Gott auseinander. Wer Gott einmal begegnet ist, kann gar nicht mehr anders, als sich ständig und in allen Situationen so mit ihm auseinanderzusetzen: Ihm einersets zu danken für viele Erfüllungen in sienem Lebrn; andererseits aber auch zu protestieren, wenn Gott zu versagen scheint; Ihn zu bitten, wenn wir Wünsche haben, aber ihn auch zu warnen, fall er sie nicht erfüllen sollte.“

Vgl. auch diese Einschätzung von Leid von W. Somerset Maugham.