Die Fünfhundert-Jahr-Feier zur Reformation habe ich persönlich genutzt, um mich ausführlicher mit verschiedenen Positionen Luthers und auch anderer Reformatoren zu befassen. Luther ist in der Tat in vielen Fragen als Pionier zu sehen, andererseits jedoch sind von anderen Streitgenossen noch weniger Schriften verfügbar. Generell will unsere Zeit sich nicht allzu viel von den Reformatoren reinreden lassen. Nun habe ich mich auch lange genug vor einer intensiven Befassung mit der Reformation gescheut, da man tief in seinem Inneren eine Angst spürt, Antworten zu hören, die einem nicht gefallen könnten. Positionen, die einem nicht gefallen könnten, hat man ja an Luther genug, der (angebliche) Antisemitismus Luthers wurde ja in den Medien passend zur Jahrhunderfeier oft genug erwähnt. Vielleicht ist auch eine typisch freikirchliche Haltung in mir tief schlummernd, die generell sich hütet, allzu vielen Fragen nachzugehen. Eine Haltung übrigens, die ich natürlich immer verwerfen würde, die aber doch im Stillen mitklingt, auch in Gesprächen mit anderen. Jedoch halte ich an einem fest, nämlich dem, dass es keine Frage geben kann, die nicht in einen Bezug oder Zusammenhang zu Christus stehen kann.
Diese allzu lange Einleitung habe ich eingefügt, um deutlich zu machen, dass es sich für mich gelohnt hat, länger und tiefer zu bohren, auch in rein geschichtliche Fragen. Schon länger haben mich verschiedene, doch zweifelhafte Positionen Luthers zu schaffen gemacht, und ich habe mich gefragt, wo hier der Wurm der Sache, des Pudels Kern ist. Gibt es in diesen Positionen ein System? Ich komme zum Ergebnis, das es dieses in der Tat gibt. Wenn es eine Position gibt, in der sich die Reformatoren geirrt haben (welch hartes Wort!), – oder vielleicht besser, in der Sie nicht wirklich den Durchblick hatten, oder sich nicht klar genug positioniert haben, offensichtlich auch in ihrem Leben geschwankt haben, dann ist das die Frage, welcher Zusammenhang zwischen Gemeinde und Gesellschaft besteht. Weiterlesen