Durch Carl Trueman (z.B. in seiner Vorlesung zur Reformationsgeschichte, in der Essay-Sammlung des Autors „Reformation – heute noch aktuell“ im kürzlich erschienen Buch „Luther on the christian life“ geht er jeweils sehr ausführlich auf Luthers Unterscheidung zwischen Theologen der Herrlichkeit und Theologen des Kreuzes ein). wurde ich auf ein Ereignis in Luthers Laufbahn aufmerksam, dass in vielen Darstellungen des Reformators schnell untergeht.
Im April 1518 (und noch deutlich vor der Eröffnung des Verfahrens durch die römische Kurie im Juli 1518) fand unter Leitung Luthers eine Disputation in der Versammlung der Augustiner statt, die seine Thesen zum Ablass diskutieren sollte. Luther bereitete Thesen vor, die wohl einige überrascht haben dürften. Sehr entschieden entscheidet sich Luther für eine augustinische Darstellung des Heils. Einige der 28 Thesen (hier samt Begründung vollständig zu finden) im Wortlaut:
Die Werke der Menschen, wenn sie auch noch so sehr in die Augen fallen und gut zu sein scheinen, müssen doch als Todsünden gelten.
Der Mensch, der da meint, er wolle dadurch zur Gnade gelangen, dass er tut, soviel ihm möglich ist, häuft Sünde auf Sünde, so dass er doppelt schuldig wird.
Ganz gewiss muss ein Mensch an sich selbst verzweifeln, um für den Empfang der Gnade Christi bereitet zu werden.
Das Gesetz sagt: »Tue das!«, und es geschieht niemals. Die Gnade spricht: »An den sollst du glauben!«, und alles ist schon getan.
Nicht der ist gerecht, der viel Werke tut, sondern wer ohne Werke viel an Christus glaubt.
Die Liebe Gottes findet nicht vor, sondern schafft sich, was sie liebt. Die Liebe des Menschen entsteht nur an dem, was sie liebenswert findet.