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„Warum ich bei den Brüdern geblieben bin“ von F.F. Bruce

Da ich mehr über F.F. Bruce wissen wollte, von dem ich vor kurzem ein Werk vorgestellt habe, bin ich auf eine ihm und seinem Werk geweihte Seite gestoßen. Auf dieser Wiederum fand ich zwei Essays unterschiedlicher Länge, in der Bruce seine Zugehörigkeit zur Brüderbewegung erläutert. Der kürzere Essay mit dem Titel „Warum ich bei den Brüdern geblieben bin“ sprach mir ganz aus dem Herzen. Regelmäßig tritt auch an mich die Frage heran, warum ich eine Evangeliums-Christen-Baptisten Gemeinde besuche. Wie Bruce brachte mich die Frage in Schwierigkeiten, nicht weil die Frage an sich schwer zu beantworten ist, sondern weil ich nichts so recht damit anfangen kann und mich etwa dafür rechtfertigen müsste, so als wären die Evangeliums-Christen außerhalb der christlichen Orthodoxie. Bruce Statement hilft mir konkreter zu antworten, auch wenn natürlich die Brüderbewegung nicht vollständig mit den Evangeliums-Christen zu vergleichen ist, und ich mir wünschen würde, dass meine Ortsgemeinde den ersten von Bruce genannten Aspekt mehr leben würde. Der zweite Aspekt wird in Gemeinden „unseres Musters“ aber wirklich so gelebt, wie Bruce es in den britischen Brüdergemeinen erlebt hat. Ich übersetze den Text „Why I have stayed with the Brethren“ vollständig:

„Obwohl mir diese Frage von Zeit zu Zeit gestellt wird, fällt es mir schwer, sie zu beantworten, weil ich Zweifel an ihren Implikationen habe. Kirchlich gesprochen gehöre ich (1) zur universalen Kirche und (2) zur örtlichen Gemeinde, die sich in der Crescent Road in Stockport trifft; und kirchlich gesprochen gehöre ich zu nichts anderem. Die einzige Alternative zur Zugehörigkeit zur universalen Kirche wäre, den einst überlieferten Glauben zu verleugnen; und wenn man mich fragt, warum ich in der Gemeinde an der Crescent Road in Stockport bleibe, muss meine Antwort lauten: „Wenn du diese Gemeinde kennen würdest, müsstest du gar nicht fragen, warum ich bleibe!“

Ich bin seit fünf bis sechs Jahren Mitglied der Gemeinde an der Crescent Road, aber ich gehöre seit vielen Jahren bereits Gemeinden desselben allgemeinen Musters an. Und wenn Leute mich fragen: „Warum bleibst du bei den Brüdern?“, meinen sie damit: „Warum bleibst du bei Gemeinden dieses besonderen Musters?“ Und dann muss ich nach einer Antwort suchen, denn es ist mir nie in den Sinn gekommen, eine Mitgliedschaft in einer Gemeinde mit einem anderen Muster zu suchen. Zweifellos spielt dabei auch eine gewisse Trägheit eine Rolle; Menschen neigen dazu, in der Gemeindegemeinschaft zu bleiben, in der sie begonnen haben, es sei denn, sie haben einen zwingenden Grund, zu wechseln – und einen solchen Grund habe ich nie bewusst verspürt.

Aber wenn ich über die Sache nachdenke, entdecke ich einige positive Gründe, zu bleiben, und ich kann zwei davon nennen, die in meinen Augen erhebliches Gewicht haben.

Der eine Grund ist, dass ich in diesen Gemeinden dazu ermutigt werde, meine Zugehörigkeit zur universalen Kirche anzuerkennen. Es wird mir nie suggeriert, dass „unsere Denomination“ oder „unser Kreis von Versammlungen“ einen besonderen Anspruch auf meine Loyalität hätte – jenseits des Anspruchs, an dem meine Mitgeschwister weltweit teilhaben. Hier finde ich einen Rahmen, in dem echte christliche Einheit aufrichtig und vorbehaltlos gelebt werden kann. Zu einer Gemeinde dieses Musters dürfen alle Gläubigen an unseren Herrn kommen und dürfen sicher sein, um Seinetwillen willkommen zu sein; und es wäre mir unerträglich, einer Gemeinde anzugehören, die nicht alle aufnimmt, die Christus aufgenommen hat. Aus einer Gemeinde dieses Musters heraus kann ich Gemeinschaft mit allen Gläubigen an unserem Herrn haben, ohne irgendeinen „konfessionellen Grundsatz“ zu kompromittieren – denn in einer solchen Gemeinde gibt es keine konfessionellen Grundsätze, die man kompromittieren könnte. Vor dem Hintergrund meiner weiten Erfahrung mit gelegentlicher Gemeinschaft in Gemeinden unterschiedlichster Ausprägung ruht meine Überzeugung darin, dass eine Gemeinde dieses Musters für mich die richtige ist.

Der andere positive Grund ist, dass ich in diesen Gemeinden eine Atmosphäre geistlicher und intellektueller Freiheit gefunden habe, die mir so angenehm und geradezu belebend erscheint, dass ich bezweifle, ob sie anderswo ihresgleichen fände. Ich weiß auch, dass diese Erfahrung nicht nur mir eigen ist, oder nur den Gemeinden, denen ich im Laufe der Jahre glücklicherweise angehören durfte. In einem Brief, den er 1961 als Vorsitzender des Komitees an die Mitglieder der „Young Men’s Bible Teaching Conference“ sandte, schrieb Dr. W. M. Capper: „Eines der Dinge, die viele von uns zu den Christlichen Brüdern hinzieht, ist ihre Weite – nicht ihre Enge.“ Mit angemessener Zurückhaltung hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „die Christlichen Brüder“ sage ich zu diesen Worten: Amen.

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Review: Hard Sayings of the Bible

Ich bin gleichzeitig begeistert und frustriert mit dem Buch „Hard Sayings of the Bible“. Das könnte an dem Rundumschlag liegen, denn das Werk versucht. Es versucht wirklich alle „kratzenden“ und „schwer“ zu verdauenden Stellen der Bibel zu besprechen, ob sie nun vom Schöpfungsauftrag sprechen oder von der Kopfbedeckung, unterschiedliche Zahlenangaben besitzen oder unterschiedlcihe Erzählweisen (z.B. bei den Synoptikern). Die Begeisterung fängt schon mit den Autoren an, ein Gemeinschaftswerk von Kaiser UND Bruce? Unglaublich. Auch die Gliederung des Werkes ist äußerst gelungen. Das Buch besteht im wesentlichen aus drei Teilen: Einem ausführlichen Einleitungskapitel, Thematischen Fragestellungen, die häufig vorkommende Fragestellungen bespricht, wie „Ist der Gott des alten Testaments zorniger als der im Neuen Testament“, „Stimmen biblische Zahlenangaben“. Der dritte und umfangreichste Teilt geht konkrete Biblische Texte nach. Damit ähnelt das Werk „Schwer zu verstehen“ von Gleason L. Archer, welches wir hier auch schon einmal besprochen haben. Es ist aber umfangreicher und die Autoren sprechen auch regelmäßig die Texte an, die wir modernen Menschen gerne eher etwas gedämpft oder nicht ganz so hart haben würden wollen. Auch das gelingt dem Werk meistens sehr gut. Übrigens ist das Werk ein Potpourri oder die Quintessenz davor vorhandener Werke, die einzelne Themenblöcke davon bereits besprochen haben, so Bruce die Harten Reden Jesu und Brauch die schweren Stellen von Paulus.

Etwas Frustration bekam ich beim Lesen der Besprechungen der einzelnen „harten Texte“ der Bibel, weil es schien, dass auch die Autoren oft eine Härte gegenüber anderen Meinungen entwickelten. Es ist sicher auch die typisch amerikanische selbstbewusste Art häufig sehr einfach und eindeutig zu argumentieren, aber damit auch nicht wirklich ernsthaft. Eigentlich hätte ich das von einem Werk, an dem Bruce und Kaiser beteiligt sind, nicht erwartet. Während das Werk z.B. vehement eine allzu pazifistische Deutung von, immerhin auch als harte Texte, erkannte Stellen ablehnt, bekämpft es auch vehement alle Versuche die Lüge sei in Fällen, in denen man damit z.B. ein Leben retten könnte (man denke an Rahabs Lüge) zulässig. Während man im letzteren Fall lautstark protestiert: Das Gebot der Lüge kenne keine Ausnahme und wer könne wohl den Text vorbringen, dass das Retten eines Lebens wichtiger wäre als die Wahrhaftigkeit, weiß man im anderen Fall allzu genau, dass Krieg zulässig ist, während doch „nicht zu töten“ noch vor dem Gebot „nicht zu lügen“ veröffentlicht wird.

Wie gesagt, ich könnte mit diesen Positionen der Autoren leben, wenn sie diese wenigstens nicht so vehement und unbarmherzig vertreten würden. Gerade weil sie ja regelmäßig dazu aufrufen Harte Stellen nicht „zu verweichlichen“ passiert genau das, wenn man die Texte allzu sehr in eine Richtung harmonisiert.

Diese Frustration soll mich aber nicht abhalten, einen längeren Auszug aus der Einleitung zu veröffentlichen, das ich für richtig gelungen halte. An dieser Stelle schreibt Kaiser über die harten Worte Jesu(Hervorhebung meine):

„Viele derjenigen, die Jesus während seines öffentlichen Wirkens zuhörten, empfanden einige seiner Aussagen als „hart“ – und sagten das auch. Viele derjenigen, die seine Worte heute lesen oder sie in der Kirche hören, empfinden sie ebenfalls als hart, äußern das jedoch nicht immer, weil sie es unangebracht finden.

Die Worte unseres Herrn waren im Einklang mit seinem Handeln und seinem gesamten Lebensstil. Je weniger vorgefasste Meinungen wir aus dem Außen an die Evangelien herantragen, desto klarer werden wir ihn so erkennen, wie er wirklich war. Es ist allzu leicht, an einen Jesus zu glauben, der im Wesentlichen eine Erfindung unserer eigenen Vorstellungskraft ist – eine harmlose Person, die niemanden wirklich dazu bringen würde, ihn zu kreuzigen. Doch der Jesus, dem wir in den Evangelien begegnen, war alles andere als harmlos – er stieß überall an. Selbst seine treuen Anhänger empfanden ihn mitunter als zutiefst befremdlich. Er stellte alle gängigen Vorstellungen religiöser Angemessenheit auf den Kopf. Er sprach von Gott in einer Vertrautheit, die wie Gotteslästerung klang. Er schien zweifelhafte Gesellschaft geradezu zu genießen. Und er begab sich mit offenen Augen auf einen Weg, der nach Ansicht der „vernünftigen“ Leute zwangsläufig ins Verderben führen musste.

Doch in denen, die sich nicht von ihm abwenden ließen, entfachte er eine leidenschaftliche Liebe und Treue, die selbst der Tod nicht zerstören konnte. Sie wussten, dass sie in ihm den Weg zur Annahme, zum Frieden des Gewissens, zum wahren Leben gefunden hatten. Mehr noch: In ihm erkannten sie Gott selbst auf neue Weise; hier wurde das Leben Gottes in einem echten menschlichen Leben sichtbar – und durch ihn auf sie übertragen. Und es gibt auch heute viele Menschen, die Jesus nicht in Galiläa und Judäa, sondern im Zeugnis der Evangelien begegnen – und auf ähnliche Weise seine kraftvolle Anziehungskraft erfahren, sodass sie denselben Weg einschlagen wie jene, die damals positiv auf ihn reagierten.

Ein Grund dafür, dass Jesu Worte als hart empfunden wurden, lag darin, dass er seine Zuhörer zum Denken brachte. Für manche Menschen ist das Denken eine schwierige und unangenehme Übung – besonders dann, wenn es bedeutet, fest verankerte Vorurteile und Überzeugungen kritisch zu hinterfragen oder den herrschenden Meinungskonsens in Zweifel zu ziehen. Jede Aussage, die zu solchem Denken auffordert, gilt daher als eine harte Rede. Viele der Worte Jesu waren in diesem Sinn hart. Sie deuteten an, dass es gut wäre, Dinge zu überdenken, die jeder vernünftige Mensch als selbstverständlich ansah. In einer Welt, in der das Rennen den Schnellen und der Sieg den Starken gehörte, in der die Lebenspreise an die Durchsetzungsfähigen und Macher gingen, war es völlig absurd, den Sanftmütigen zu gratulieren und ihnen zu sagen, dass sie das Erdreich besitzen oder – noch besser – das Himmelreich erlangen würden. Vielleicht sind die Seligpreisungen damals wie heute Jesu härteste Aussagen.

Für die westliche Welt ist die Härte vieler Aussagen Jesu heute umso größer, weil wir in einer anderen Kultur leben als derjenigen, in der sie gesprochen wurden, und weil wir eine andere Sprache sprechen. Jesus sprach offenbar überwiegend Aramäisch, aber mit wenigen Ausnahmen sind seine aramäischen Worte nicht überliefert. Seine Aussagen sind in Übersetzung zu uns gekommen – und diese Übersetzung, das Griechisch der Evangelien, muss wiederum in unsere eigene Sprache übersetzt werden. Doch wenn die sprachlichen Hürden soweit wie möglich überwunden sind und wir seine Worte in einer sogenannten „dynamisch äquivalenten“ Übersetzung hören – also einer Übersetzung, die denselben Eindruck bei uns erzeugen soll wie die Originalworte bei ihren ersten Hörern –, dann kann die Überwindung der einen Schwierigkeit neue Schwierigkeiten hervorrufen.

Denn für uns gibt es zwei Arten harter Worte: solche, die schwer zu verstehen sind – und solche, die allzu leicht zu verstehen sind. Wenn Aussagen Jesu, die in ersterem Sinn schwer sind, in dynamisch äquivalente Begriffe übersetzt werden, werden sie oft im zweiten Sinn hart: weil sie auf einmal verständlich sind. Mark Twain sprach für viele, als er sagte, dass ihn nicht die unverständlichen Stellen in der Bibel beunruhigten, sondern gerade die, die er verstand. Das gilt besonders für die Worte Jesu. Je besser wir sie verstehen, desto schwerer sind sie auszuhalten. (Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum manche religiösen Menschen modernen Bibelübersetzungen so feindlich gegenüberstehen: Diese machen den Sinn deutlich – und der klare Sinn ist schwer zu ertragen.)

Insgesamt ein hilfreiche Ergänzung für jemanden, der bereits über einige Kommentare verfügt und konkret problematische Fragestellungen anschauen möchte. Vor allem im Neuen Testament gibt es zu jedem Kapitel meist mehrere Eintragungen.