Lyndal Roper stellt in ihrer Biographie über Martin Luther schlüssig dar, mit welcher Leichtigkeit Luther ein tausend Jahre altes Verständnis über Ehe und vor allem über Sexualität zur Seite wischte. Liest man seine zahlreichen Aussagen über die Ehe, wird schnell deutlich, dass Luther deswegen derart revolutionär, faszinierend fortschrittlich und mutig anti-kulturell ist, dabei aber praktisch und in sich schlüssig bleibt, weil er beharrlich und immer wieder zum Wort Gottes zurückkehrt. Im Folgenden eine kleine Auswahl; die Quellennachweise habe ich dabei gesondert gesammelt(download).
Zum Aufwärmen einige Aussagen aus den Tischreden:
„Es ist sehr gut, daß Gott nicht will, daß die Ehe zerrissen werde, denn sonst würde sie zugrunde gehen und aufhören, die Sorge für die Kinder würde in Gefahr geraten und der Hausstand würde fallen, und danach würde auch das Weltregiment und die Religion vernachlässigt werden. Es ist aber die Ehe die Grundlage des Hauswesens, der öffentlichen Ordnung, der Religion.“ [1]
„Über die Ehe, diese ehrwürdige und göttliche Stiftung, sagte er (Luther) vieles Ausgezeichnete: daß sie nach dem Gottesdienst um vieler Ursachen willen der wichtigste Stand sei, aber die Menschen, das Vieh auf dem Felde und die Hefe dieser Welt fliehen sie um der (damit verbundenen) persönlichen Unbequemlichkeit willen. Sie wollen dem Regen entlaufen und fallen dabei ins Wasser. Deshalb muß man es im Namen des Herrn wagen und das Kreuz auf sich nehmen. Man muß die Ordnung Gottes beachten, wegen der Aufgabe, Kinder zu zeugen. Wenn es diesen Grund nicht gäbe, so sollten wir doch bedenken, daß sie ein Mittel gegen die Sünde ist.“ [2]
Eine kurze Anmerkung dazu: Mit „Sünde“ meint Luther an dieser Stelle den Geschlechtsverkehr.
Am Tage nach Neujahr schrie das Kind des Doktor Martinus so sehr, daß es sich von niemandem zur Ruhe bringen ließ. Da saß der Herr Doktor eine ganze Stunde traurig mit seiner Frau. Dann sagte er: Das sind die Nöte der Ehe, um derentwillen sich jeder vor der Ehe scheut. Wir fürchten uns alle vor dem Eigensinn der Frauen, vor dem Geschrei der Kinder, vor den Sorgen und vor schlechten Nachbarn. Deshalb wollen wir gern frei sein und nicht gebunden. Wir wollen freie Herren bleiben und gehen (lieber) zu einer Dirne. Außerdem haben die Väter auch nichts Bemerkenswertes über die Ehe geschrieben. [3]
„Die höchste Gnade Gottes ist es, wenn in der Ehe die Liebe dauernd blüht. Die erste Liebe ist feurig, eine trunkene Liebe, mit der wir geblendet werden und wie die Trunkenen hinangehen. Wenn wir die Trunkenheit ausgeschlafen haben, dann bleibt in den Frommen die echte Eheliebe, die Gottlosen aber haben die Reue.“ [4] Weiterlesen