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Es sind der Predigten unzählige, die nach unabänderlichem Muster ablaufen: Ausgehend von einem Text wie z.B. Joh.10, der über die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des guten Hirten Jesus spricht, konzentrierte sich der Prediger die zwanzig bis dreißig Minuten seiner Predigt nahezu ausschließlich darauf, zu erläutern, dass diese Verheißung uns nicht leichtfertig machen soll, es vor allem darum geh, den guten Hirten zu hören und mit ewiger Heilsgewissheit hat dieser Text sowieso erst einmal nichts zu tun. An dieser Stelle möchte man jedes Mal fragen: Wieso steht nicht genau das im Text. Was nützt das Gerede vom Skopus, wenn er dich überhaupt nicht interessiert? Wieso sagt Jesus, oder zumindest die Apostel an einer anderen Stelle, als Diskussion dieser Begebenheit, etwas darüber, dass die Zuhörer doch bitte mit all diesen Verheißungen nicht übertreiben sollen. Das man diesen Text schnell missbrauchen kann und dass man jetzt unbedingt hinzufügen muss, dass es vor allem darum geht, auszuhalten (und eben nicht um die Vertrauenswürdigkeit des Hirten).
Im Übrigen, passiert das auf der anderen Seite des Spektrums genauso: Eher seltener predigt man über Texte, wie die berühmte Stelle in Hebräer 6. Aber jedes Mal, wenn sie genannt wird, verpasste es bisher kein Prediger, denn ich dazu (live) hören durfte, anzumerken, dass es so „schlimm schon nicht sein wird“, und wir einen gnädigen Gott haben, und dieser Text womöglich nicht unbedingt etwas in unsere Kreise sagt. Und ein endgültiger Abfall jetzt so endgültig womöglich nicht ist. Und überhaupt, sollten wir uns alle nicht zu sehr beunruhigen lassen. Meine Frage wieder: Warum nicht einfach von der endgültigen Gefahr des Abfallens sprechen, wie es der Text tut?
Beide obige Beispiele sollten zeigen, dass es sich eben nicht um ein Calvinismus-Arminianismus-Problem handelt, denn beide Probleme habe ich sowohl im reformierten, wie im zeitgenössisch evangelikalen Spektrum beobachtet: Kaum findet sich eine Troststelle in der Bibel, kann man nicht mehr ernst genug über die Verantwortung sprechen. Kaum findet sich eine mahnende, gar drohende Stelle, kann man nicht genug über die Gnade Gottes sprechen. Warum kann man nicht einfach darüber sprechen, was im Text steht? Genau das meine ich, wenn ich von den „Harmonisierugnen des Todes“ sprechen möchte. Also Erklärungen, die den biblischen Text „deaktivieren“, statt ihn zu „aktivieren“. Spätestens, wenn man sich in die Lage eines verzweifelten, verängstigten Zuhörers versetzt, der womöglich unter völliger Verzweiflung oder Entmutigung oder Ablehnung leidet: Wie viel könnte man hier mit dem Verweis auf einen völlig zuverlässigen und mitfühlenden Hirten erreichen? Und wie viel verpasst man, weil man auch bei solchen Texten nur bei der eigenen Verantwortung bleibt? Abgründe tun sich hier auf, die einen erschaudern lassen. Weiterlesen