Alle Artikel mit dem Schlagwort “Israel

Kommentare 0

Spurgeon – wie ihn keiner kennt?

Ich möchte auf zwei Zitate aufmerksam machen, die man von Spurgeon wahrscheinlich nicht erwarten würde:

Das erste habe ich in der siebten von ihm überhaupt schriftlich veröffentlichten Predigt zum Thema „The Church of Christ“ gefunden. Geradezu prophetisch sieht Spurgeon die Zukunft Israels vor Augen. Neben einem offensichtlich physischen Israel, das Spurgeon im Blick hat, fällt auch die positive Eschatologie auf. Die Hoffnung, dass schon bald die ganze Welt „evangelikalisiert“ wird, erwies sich bekanntlich als Trugschluss und aus der überaus positiv enthusiastischen Phase, die sicher bis in den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts unter Evangelikalen anhielt, folgte spätestens nach dem ersten Weltkrieg eine frustrierende Ernüchterung. Das wäre sicherlich eine interessante Studie, in wie weit auch die Euphorie um Spurgeon zu dieser Entwicklung beigetragen hat:

„Not long shall it be ere they shall come-shall come from distant lands wher’er they rest or roam; and she who has been the offscouring of all things, whose name has been a proverb and a byword, shall become the glory of all lands. Dejected Zion shall raise her head, shaking herself from dust, and darkness, and the dead. Then shall the Lord feed his people, and make them and the places round about his hill a blessing. I think we do not attach sufficient importance to the restoration of the Jews. We do not think enough of it. But certainly, if there is anything promised in the Bible, it is this. I imagine that you cannot read the Bible without seeing clearly that there is to be an actual restoration of the children of Israel. „Thither they shall go up; they shall come with weeping unto Zion, and with supplications unto Jerusalem.“ May that happy day soon come! For when the Jews are restored, then the fulness of the Gentiles shall be gathered in; and as soon as they return, then Jesus will come upon Mount Zion to reign with his ancients gloriously, and the halcyon days of the Millennium shall then dawn; we shall then know every man to be a brother and a friend; Christ shall rule, with universal sway.“

Über das zweite Zitat bin ich in „Finding the right hills to die on“ von Gavin Ortlund gestoßen. Tatsächlich findet sich dieses Zitat in der sechsten von Spurgeons Predigten. Also ein Frühwerk aus dem Jahr 1855. Vier Jahre bevor Darwins „Origins of the Species“ erschien, traf Spurgeon in einer Predigt diese Aussage: 

„We do not know how remote the period of the creation of this globe may be—certainly many millions of years before the time of Adam. Our planet has passed through various stages of existence, and different kinds of creatures have lived on its surface, all of which have been fashioned by God.“

Später zitiert Gavin Spurgeon aus einer weiteren Predigt:

„We have discovered that thousands of years before that God was preparing chaotic matter to make it a fit abode for man, putting races of creatures upon it who might die and leave behind the marks of His handiwork and marvelous skill before He tried His hand on man.“

Beide Zitate zeigen im Übrigen, dass die Gap-Theorie, die gerne Scofield zugeschrieben wird, von Spurgeon locker in seinen Predigten verwendet wurde.

Im Aktuelleren Kontext gibt es eher das Problem, dass man Spurgeons explizite und bewusst vertretene reformierte Positionen entweder übersehen, oder als eine Haltung „eines Kindes seiner Zeit“ abgetan werden. Mehr dazu findet sich in I.H. Murrays Beitrag, auf den mein Artikeltitel ja anspielt.

Insgesamt zeigen aber die drei aufgeführten Zitate, dass wir bei Christen der Kirchengeschichte generell viel mehr Abweichungen von unseren eigenen Standards gestatten, als von unseren Zeitgenossen. Die ganze Debatte, ob man nur dann Evangelikal sein kann, wenn man rigoros am Kurzzeit-Kreationismus festhält, tönt in die gleiche Richtung.

Gleichzeitig sind wir besorgt, Personen vergangener Zeit gemäß unseren Vorstellungen zu harmonisieren. So fällt es mir durchaus schwer, obige Aussagen so zu akzeptieren. Und der Druck, diese wegzuerklären (z.B.: als Verweis auf vermeintliches Frühwerk) ist immens.

Kommentare 0

„Frieden im Klassenzimmer“

„Pädagogisch wertvoll“, „werbefrei“, „empfohlen von der Stiftung Lesen“ sind nur einige der Lobeshymnen, mit der die Kinderzeitschrift „Benni“ beworben wird. In der Tat ist die Aufmachung gelungen, das Magazin ist durchaus konservativ angelegt und ich habe ein Exemplar in einer katholischen Kirche bekommen. Eine Recherche zeigt auch die Herkunft des Magazins aus dem Weltbild-Verlag.

BENNI Cover

Was natürlich jedem sofort klar wird, wenn er sich säkulare Kinderzeitschriften anschaut, wie „Geolino“, „Dein Spiegel“ etc., ist die unglaubliche Meinungsbevormundung in diesen Zeitschriften. Man gehe nur mal in die Bibliothek und mache sich selbst ein Bild davon. Die Thematiken sind vorgegeben. Es wird in den besten Tönen von einem wachsenden Europa geschrieben, in „Dein Spiegel“ las ich vor einiger Zeit, wie schädlich und töricht doch der Brexit sei, und einige Politiker wollen sich total gegen jede Logik einer wachsenden Globalisierung stellen.

Vegetarismus ist total in, Protektionismus definitiv out. Eine liberale, freie Gesellschaft ist total toll, vor allem wenn Europa noch mehr zusammenwächst usw. Neutrale Berichterstattung wird ja immer seltener, in Kindermagazinen gehört diese längst der Vergangenheit an. Die Ziele sind bekannt, die Berichte werden entsprechend angepasst. Aber selten habe ich einen derart manipulierten Artikel gelesen, wie den hier unten aufgeführten. Weiterlesen

Kommentare 5

Unter Linken – Ein schönes Versehen

Die Regel ist, dass auf eddi-on.de besonders empfehlenswerte CHRISTLICHE Bücher und andere Medien vorgestellt werden. Heute werde ich jedoch eine Ausnahme machen. Ich möchte euch „Unter Linken“ vorstellen.

Der Autor Jan Fleischhauer arbeitet für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Der „Spiegel“ ist nun wirklich nicht bekannt, Sympathie für den christlichen Glauben zu hegen. Auch die politische Grundhaltung liegt sicherlich nicht im konservativen Milieu. Jan Fleischhauer scheint hier jedoch eine erfreuliche Ausnahme in der Redaktion des „Spiegels“ zu sein.

Da in meiner Freizeit, wie bei vielen, die tatsächliche Freizeit und somit auch Lesezeit begrenzt ist, nutze ich meinen Bürostuhl am Arbeitsplatz in den Pausen als Lesesessel. In den letzten Wochen nun, las ich „Unter Linken – Von einem, der aus Versehen konservativ wurde“. Ich muss sagen, dass ich bei keinem in den Pausen gelesenen Büchern regelmäßig in mich hinein lachen musste. Aber dieses Buch hat es geschafft.

Aber worum geht es in diesem mich so amüsierenden Buch eigentlich? Es geht, wie der Titel schon sagt, um die Linken in unserem Lande. Wenige sind es nicht. Bei den letzten Wahlen haben die linksorientierten Parteien eindrucksvoll gezeigt, wie viele Wähler diese hinter sich bringen können. Noch eindrucksvoller schaut es unter den deutschen Meinungsmachern aus. Bei einer repräsentativen Umfrage unter 1500 Journalisten verteilte sich die politische Sympathie wie folgt: Grüne: 35,5 Prozent, SPD: 26 Prozent, CDU: 8,7 Prozent, FDP: 6,8 Prozent, keine Präferenz: 19,6 Prozent. (S. 352)

Insgesamt fühlen sich also nicht einmal ein Sechstel der deutschen Journalisten den bürgerlichen Parteien verbunden. Es darf dem Wertkonservativen demnach nicht verwundern, wenn seine Position im linken Mediendschungel nur selten zu Sprache kommt. Umso größer nun mein Erstaunen bei einem Spiegel-Autor das zu finden, wonach bisher lange gesucht werden musste:

Eine Erkundung der linken Lebenswelten – persönlich, offen und sehr unterhaltsam. Linke Positionen in Deutschland müssen nicht verteidigt werden. Sie sind in den Medien tonangebend und sind nach eigener Auffassung der Inbegriff des Guten. Wer nicht links ist, macht sich schon verdächtig. Roger Köppel von „Die Weltwoche“ hatte das Buch so kommentiert: „Mit so viel Witz und scharfer Intelligenz hat sich noch keiner in Deutschland die Linke vorgenommen.“

Und es ist wahr. Kapitel für Kapitel eröffnen dem Leser einen immer besseren Einblick in das linke Denken. Dabei macht es einfach nur Spaß ein Buch zu lesen, in dem nicht immer nur Israel der Böse im Nahen Osten ist. Ein Buch, in dem nicht Blauäugigkeit und Gutmenschentum im Umgang mit Straffälligen und Migranten dominieren. Ein Buch, dass Leistung belohnen will und aufzeigt, dass die guten linken Motive oft schon in ihren Ursprüngen gar nicht so edel sind.

Jeder Wertkonservative wird an diesem Buch seine Freude haben. Es tut einfach gut, Positionen zu lesen, die in den säkularen Medien nur selten vorkommen. Und linksorientierte Leser werden hier eine manchmal bissige, aber insgesamt faire Beschreibung ihrer linken Lebenswelt entdecken.

Als Paperback bei Rowohlt erschienen und hier erhältlich.