Alle Artikel mit dem Schlagwort “Fabeln

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Wenn es nach dem Willen des Wolfes geht, so ist das Lamm im Unrecht“

„Ein Wolf und Lämmlein kamen von ungefähr beide an einen Bach zu trinken. Der Wolf trank oben am Bach, das Lämmlein aber fern unten. Da der Wolf des Lämmleins gewahr ward, rief er zu ihm und sprach: Warum trübest du mir das Wasser, dass ich nicht trinken kann?“ Das Lämmlein antwortet: „Wie kann ich dir das Wasser trüben, trinkst du doch über mir und möchtest es mir wohl trüben?“ Der Wolf sprach: „Wie, fluchst du mir noch dazu?“ Das Lämmlein antwortet: „Ich fluche nicht.“ Der Wolf sprach: „Ja, dein Vater tat mir vor sechs Monden auch ein solch’s.“ Das Lämmlein antwortet: „Bin ich doch dazumal nicht geboren gewest, wie soll ich es meinem Vater entgelten?“ Der Wolf sprach: „So hast du mir aber meine Wiesen und Äcker abgenaget und verderbet.“ Das Lämmlein antwortet: „Wie ist das möglich, habe ich doch (noch) gar keine Zähne?“ „Ei“, sprach der Wolf, „und wenn du gleich viel ausreden und schwätzen kannst, will ich dennoch heute nicht ohne Fressen bleiben.“ Und würget also das unschuldige Lämmlein und fraß es


Lehre: Der Welt Lauf ist: Wer fromm sein will, der muss leiden, sollt man eine Sache vom alten Zaun brechen. Denn Gewalt geht vor Recht. Wenn man dem Hunde zu willen (ist), so hat er das Leder gefressen. Wenn es nach dem Willen des Wolfes geht, so ist das Lamm im Unrecht“

Aus Martin Luthers Fabeln.

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Die Fabeln Martin Luthers

Ein Hahn scharret auf dem Mist und fand eine köstliche Perle. Als er dieselbe im Kot so liegen sah, sprach er: „Siehe, du feines Dinglein, liegst hier so jämmerlich. Wenn dich ein Kaufmann fände, der würde deiner froh werden und du würdest zu großen ‚Ehren kommen. Aber du bist mir und ich dir, kein (nichts) nütze. Ich nehme ein Körnlein oder Würmeln und ließe ihm alle Perlen.

Lehre: Diese Fabel lehret, dass dies Büchlein, bei Bauern und großen Leuten unwert ist, wie denn alle Kunst und Weisheit bei selbigen verachtet ist. Wie man spricht: Kunst gehet nach Brot. Sie warnt aber, dass man die Lehre nicht verachten soll

Nur wenige wissen, wie vielseitig der Reformator Luther tatsächlich war. Neben seiner Arbeit als Bibelübersetzer, war er ein geschickter Prediger, ein treuer Seelsorger, ein feiner Liederdichter und zuletzt auch bemüht die Allgemeinbildung des „gemeinen“ Volkes aufrecht zu erhalten. So übersetzte er auch eine Vielzahl der Fabeln Äsops ins Deutsche, da „heute niemand die Wahrheit hören möchte“, verträgt man es besser, wenn „ein Wolf oder Bär oder Löwe im Buch dem rechten Wolf und Löwen einen guten Text heimlich liest, den ihm sonst kein Prediger, Freund oder Feind lesen dürfte.“ 

Bei der Übersetzung geht Luther frei zur Sache, und vor allem die Moral der Fabel lenkt er geschickt um. Zudem hat Luther eine Fabel auch selbst verfasst, die sich ebenfalls in diesem kleinen Büchlein finden lässt. Weiterlesen

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Es war einmal …

Wirklich, ich muss zugeben, ich liebe Märchen. Schon als Kind und Teenager (damals hielt ich das vor meinen Freunden geheim) war ich immer auf der Suche nach spannendem Lesematerial. Möglicherweise hat es mit meiner Herkunft zu tun, denn dadurch, dass die Sowjetunion ein Vielvölkerstaat war, hat jede Kultur ihre Sagen und Märchen mitgebracht. Sehr viele dieser Märchen sind natürlich bloßes Unterhaltungsmaterial. Zumeist wird dargestellt, wie einer durch Beharrlichkeit, Geschicklichkeit und ein Maß an Witz zu Erfolg kommt. Neben diesen oberflächlichen Erzählungen übersieht man aber die wahren Perlen dieser volkstümlichen Literatur. Ich möchte dies an drei Beispielen illustrieren.

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