Alle Artikel mit dem Schlagwort “Martin Luther

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„Ein Unterricht, wie sich die Christen in Mose schicken sollen“

1525, ganz unter dem Eindruck der Bauernkriege und schwärmerischer Bewegungen, hielt Luther eine Predigt allgemeiner Art über den Umgang der Christen mit den Gesetzestexten und letztlich auch mit dem Umgang des Alten Testaments im Ganzen.

Letztlich ist seine Strategie, dass Mose die Christen nichts angehe, und dass „Heidenchristen“ das natürliche Gesetz völlig ausreicht, nicht wirklich überzeugend, aber einen Gedanken fand ich bei Luther doch sehr hilfreich. Luther hält seine Leser an, sich immer wieder zu fragen, zu wem dieser Text gesagt sei. Luther in seiner unnachahmlichen Art (Link zum Dokument):

„Aber unsere Rottengeister fahren zu; bei allem was sie in Mose lesen, sprechen sie: da redet Gott, das kann niemand leugnen, darum muss man’s halten. Da fällt denn der Pöbel ein: Hui, hat es Gott geredet, wer will da widerreden? Da werden sie denn herbeigetrieben wie die Schweine über den Trog. Unsere lieben Propheten haben es dem Volk so vorgeplappert: Liebes Volk, Gott hat sein Volk geheißen, dass sie die Amalekiter totschlagen sollten, und andere Sprüche mehr. Daraus ist Jammer und Not gekommen; da sind die Bauern aufgestanden, haben keinen Unterschied gewusst, sind derart von den tollen Rottengeistern in diesen Irrtum geführt worden. Wenn da gelehrte Prediger gewesen wären, die hätten den falschen Propheten entgegentreten und ihnen lehren und so zu ihnen sprechen können: Liebe Rottengeister, es ist wahr, Gott hat es Mose geboten und hat so zum Volk geredet. Aber wir sind nicht das Volk, zu dem es der Herr redet. Mein Lieber, Gott hat auch mit Adam geredet – ich bin darum nicht Adam. Er hat Abraham geboten er solle seinen Sohn erwürgen – ich bin darum nicht Abraham, so dass ich meinen Sohn erwürgen würde. So hat er auch mit David geredet. Es ist alles Gottes Wort, wahr istʼs. Aber Gottes Wort hin, Gottes Wort her, ich muss wissen und auch haben, zu wem das Wort geredet wird. Es ist noch lange nicht an dem, dass du das Volk seist, mit dem Gott geredet hat. (…)

Man muss mit der Schrift sorgfältig umgehen und verfahren. Das Wort ist nun seit Anbeginnauf mancherlei Weise ergangen. Man muss nicht allein darauf sehen, ob es Gottes Wort sei, ob Gott es geredet habe, sondern viel mehr, zu wem es geredet sei, ob es dich betreffe oder einen anderen. Da gibtʼs denn einen Unterschied wie Sommer und Winter. Gott hat zu David viel geredet, hat ihn dies und jenes tun geheißen. Aber es geht mich nicht an, es ist nicht auch zu mir geredet. Er kann es gewiss zu mir reden, wenn er es so haben will. Du musst auf das Wort sehen, das dich betrifft, das zu dir geredet wird, und nicht auf das, das einen anderen betrifft.

Es gibt zweierlei Wort in der Schrift: Das eine geht mich nicht an, betrifft mich auch nicht, das andere betrifft mich. Und auf dasjenige, das mich angeht, kann ichʼs kühnlich wagen und mich darauf als auf einen starken Felsen verlassen. Betrifft es mich nicht, so soll ich still halten. Die falschen Propheten fahren zu und sprechen: Liebes Volk, das ist das Wort Gottes. Es ist wahr, wir könnenʼs ja nicht leugnen. Wir sind aber nicht das Volk, zu dem er redet. Gott hat uns auch weder dies noch jenes geheißen, das er ihnen zu tun befohlen hat. (…) Darum sprich(…) so: Lass Mose und sein Volk beieinander; es ist mit
ihnen aus, er geht mich nicht an. Ich höre das Wort, das mich betrifft. Wir haben das Evangelium. Christus spricht: „Geht hin und predigt das Evangelium“, nicht allein den Juden, wie Mose, sondern „allen Heiden“, ja „allen Kreaturen“. Mir ist gesagt: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig“ (Mark. 16,15 f.), und: „Geh hin und tu deinem Nächsten wie dir geschehen ist.“ (Luk. 10,36 f.) Diese Worte betreffen auch mich, denn ich bin eine von allen Kreaturen. Wenn Christus nicht hinzugesetzt hätte „Predigt allen Kreaturen“, so wollte ich mich nicht darum kümmern, wollte nicht getauft werden und mich so dazu verhalten, wie ich mich jetzt zu Mose verhalte. Um den kümmere ich mich rein gar nicht. Er geht mich auch nicht an, denn er ist nicht mir, sondern allein den Juden gegeben. Wenn indessen Christus spricht, man solle das Evangelium: „Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden“ nicht einem Volk allein, nicht an diesem oder jenem Ort der Welt, sondern allen Kreaturen der Welt predigen, so ist niemand ausgenommen, sondern es sind alle Kreaturen darin inbegriffen. Niemand braucht daran zu zweifeln, es solle auch ihm das Evangelium gepredigt werden. So glaube ich denn dem Wort, es gehe mich an, ich gehöre auch unter das Evangelium und in das Neue Testament. Darum wage ich’s auf das Wort, und sollte es mich hunderttausendmal den Hals kosten.“

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Sermon von den guten Werken von Martin Luther

Der Sermon von den guten Werken, war damals das erste Werk, dass ich von Luther gelesen habe. Ich bin froh, dass ich mich nun etwa zehn Jahre später auf ein Rereading entschieden habe und halte das Buch weiterhin für ein besonders wertvolles Werk. Hier ist so viel dass mit der katholischen Kirche des späten Mittelalters aneckt in einer unerwarteten Einfachheit und einer geradezu unangenehmen Deutlichkeit ausgedrückt. Dabei spricht Luther ja gar nicht von Gnade, sondern von Werken! Gerade der Blick durch das Evangelium rückt die echten evangelischen guten Werke in den Mittelpunkt. Urquell seiner Struktur sind dabei die zehn Gebote, die Zentrum einer evangelischen Ethik sind. Da dem Christen die Gunst Gottes nun aus Gnaden zuteil ist, kann er freien Mutes Gott und seinem Nächsten dienen. So fängt das kurze Werk (gepriesen sei Luther für seine Kürze) schon sehr steil an:

„Zum ersten ist zu wissen, dass nur das gute Werke sind, was Gott geboten hat, wie auch nur das Sünde ist, was Gott verboten hat. Darum, wer gute Werke wissen und tun will, der braucht nichts anderes als Gottes Gebote zu wissen. So spricht Christus Matthäus 19, 17: »Willst du selig werden, so halte die Gebote!« Und als der Jüngling dort fragte, was er tun sollte, dass er selig würde, hielt ihm Christus nichts anderes vor als die zehn Gebote. Demnach müssen wir die guten Werke nach den Geboten Gottes beurteilen lernen und nicht nach dem Anschein, der Größe oder Menge der Werke an sich selber, auch nicht nach dem Gutdünken der Menschen oder menschlicher Gesetze oder Weisen, wie es, wohin wir auch sehen, gesche­hen ist und noch immer geschieht wegen unserer Blind­heit, unter großer Verachtung der göttlichen Gebote.

Zum zweiten: Das erste und höchste, alleredelste gute Werk ist der Glaube an Christus, wie er sagt Johannes 6, 25f., als die Juden ihn fragten: »Was sollen wir tun, dass wir gute, göttliche Werke tun?« Da antwortete er: »Das ist das göttlich gute Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.« Nun, wenn wir das hören oder predigen, gehen wir rasch drüber weg und halten’s für ganz gering und leicht zu tun, wo wir doch hier lange stehen und gut darüber nachdenken sollten. Denn in diesem Werk müssen alle Werke ergehen und das Einströmen ihres Gutseins wie ein Lehen von ihm empfangen. Das müssen wir kräftig her­vorheben, damit sie’s begreifen können. Wir finden viele, die beten, fasten, Stiftungen machen, dies und das tun, ein gutes Leben fuhren vor den Men­schen. Doch wenn du sie fragst, ob sie auch gewiss seien, dass es Gott wohl gefalle, was sie so tun, sprechen sie: Nein. Sie wissen’s nicht oder zweifeln daran. Darüber hinaus gibt es auch etliche große Gelehrte, die sie verfuhren und sagen, es sei nicht nötig, dessen gewiss zu sein, die doch sonst nichts anderes tun, als gute Werke zu lehren! Nun sieh, diese Werke gehen alle außerhalb des Glaubens vor sich; darum sind sie nichts und ganz tot. Denn wie ihr Gewissen zu Gott steht und glaubt, so sind auch die Werke, die daraus geschehen. Nun ist da kein Glaube, kein gutes Gewissen zu Gott. Darum ist den Werken der Kopf abgeschlagen und all ihr Leben und Gutsein ist nichts. Daher kommt es, wenn ich den Glauben so sehr hervorhebe und solche ungläubigen Werke verwerfe, beschuldigen sie mich, ich verbiete gute Werke, wo ich doch gern rechte, gute Werke des Glaubens lehren wollte!

Zum dritten: Fragst du sie weiter, ob sie das auch als gute Werke erachten, wenn sie arbeiten in ihrem Hand­werk, gehen, stehen, essen, trinken, schlafen und allerlei Werke tun zur Leibesnahrung oder gemeinem Nutzen, und ob sie glauben, dass Gott auch dabei ein Wohlgefallen an ihnen habe, so wirst du wieder finden, dass sie Nein sagen und die guten Werke so eng fassen, dass nur das Beten in der Kirche, das Fasten und Almosengeben übrig bleiben; die ändern halten sie für vergeblich, Gott sei nichts daran gelegen. Und so verkürzen und verringern sie wegen ihres verdammten Unglaubens Gott seine Dienste, dem doch alles dient, was im Glauben geschehen, geredet, gedacht werden kann. So lehrt es der Prediger: »Gehe hin fröhlich, iss und trink und wisse, deine Werke gefallen Gott wohl. Allezeit lass dein Kleid weiß sein und das Öl deinem Haupt nimmer gebrechen. Gebrauche dein Leben mit deinem Weib, das du lieb hast, alle Tage dieser unbeständigen Zeit, die dir gegeben sind.« (Prediger 9, 7ff.) Dass das Kleid allezeit weiß sei, das meint, dass alle unsre Werke gut seien, wie sie genannt werden mögen, ohne allen Unterschied. Aber nur dann sind sie weiß, wenn ich gewiss bin und glaube, sie gefallen Gott. Und so gebricht dem Haupt meiner Seele des Öl eines fröhlichen Gewissens nimmermehr. So sagt auch Christus Johannes 8, 29: »Ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt.« Wie tat er das allezeit, wenn er doch aß und trank und schlief zu seiner Zeit? …“

Das vollständige Werk kann man hier downloaden.

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Morgen-, Abend- und Tischgebete aus Luthers kleinem Katechismus

Während der Vorbereitung zu einem Vortrag über Martin Luthers Leben und Werk bin ich auch auf manch ein Kuriosum gestoßen, z.B. diese Gebete aus dem Kleinen Katechismus:

Wie ein Hausvater sein Gesinde soll lehren morgens und abends sich segnen.

Der Morgensegen

 Des Morgens, so du aus dem Bette fährst, sollt du dich segnen mit dem heiligen Kreuz und sagen: „Das walt Gott Vater, Sohn und heiliger Geist! Amen.“

 Darauf knieend oder stehend den Glauben und Vater unser. Willst du, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen: „Ich danke Dir, mein himmlischer Vater, durch JEsum Christum, Deinen lieben Sohn, daß Du mich diese Nacht vor allem Schaden und Fahr behütet hast, und bitte Dich, Du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Uebel, daß Dir alle mein Thun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, mein Leib und Seele und alles in Deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde! Amen.“

 Und alsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen, oder die zehen Gebot oder was dein Andacht gibt.

Der Abendsegen

 Des Abends, wenn du zu Bette gehst, sollt du dich segnen mit dem heiligen Kreuz und sagen: Das walt Gott Vater, Sohn und heiliger Geist! Amen. Darauf knieend oder stehend den Glauben und Vater unser. Willtu, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen: „Ich danke Dir, mein himmlischer Vater, durch JEsum Christum, Deinen lieben Sohn, daß Du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast, – und bitte Dich, Du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich unrecht gethan habe, und mich diese Nacht gnädiglich behüten. Denn ich befehle mich, mein Leib und Seel und alles in Deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde! Amen.“

 Und alsdann flugs und fröhlich geschlafen.

Wie ein Hausvater sein Gesinde soll lehren das Segensgebet und das Dankgebet zu sprechen.

 Die Kinder und Gesinde sollen mit gefalteten Händen und züchtig vor den Tisch treten und sprechen: „Aller Augen warten auf Dich, HErr, und Du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit. Du tust Deine milde Hand auf und sättigest alles, was lebt, mit Wohlgefallen.„(Erklärung: Wohlgefallen heißt, dass alle Tiere so viel zu essen kriegen, dass sie fröhlich und guter Ding darüber sind; denn Sorgen und Geiz hindern solch Wohlgefallen.)

Darnach das Vater unser und dies folgende Gebet: „HErr Gott, himmlischer Vater, segne uns und diese Deine Gaben, die wir von Deiner milden Güte zu uns nehmen, durch JEsum Christum, unsern Herrn! Amen.“

Also auch nach dem Essen sollen sie gleicher Weise tun, züchtig und mit gefalteten Händen sprechen: „Danket dem HErrn, denn Er ist freundlich und Seine Güte währet ewiglich, der allem Fleische Speise gibt, der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die Ihn anrufen. Er hat nicht Lust an der Stärke des Rosses, noch Gefallen an jemandes Beinen. Der Herr hat Gefallen an denen, die Ihn fürchten und auf Seine Güte warten.“

 Darnach das Vaterunser und dies folgende Gebet: „Wir danken Dir, HErr Gott Vater, durch JEsum Christum, unsern HErrn, für alle Deine Wolthat, der Du lebst und regierest in Ewigkeit! Amen.“

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Lesestapel im Sommer 2022

Ein Blick auf Bücher, die meine Sommerferien begleitet haben.

  • „Die zwei Bücher an seine Frau“ von Tertullian. Eine verrückte Schrift, die eigentlich die radikale Ausrichtung Tertullians bezeugt. Er empfiehlt, ein weises Vorgehen für den Fall, dass er stirbt und sie als Witwe da bleibt: Am besten nicht wiederheiraten! Zitat Tertullian: “ Man kann sagen: wofür man erst einer Erlaubnis bedarf, das ist nicht gut. Wieso denn? Für das, was erst erlaubt wird, gibt es immer eine Veranlassung zur Erteilung der Erlaubnis, welche verdächtig ist. Das Vorzüglichere aber braucht nicht erst von jemand erlaubt zu werden – weil es unbedenklich und wegen seiner Einfachheit an sich klar ist.“ Man erahnt in diesem Buch den aufkeimenden Monastizismus der frühen Kirche
  • „Grieche sucht Griechin“ von Friedrich Dürrenmatt. Ein eleganter Anfang, ein vielversprechender Mittelteil, und wie so oft bei Dürrenmatt ein eher schwacher Abgang. Tatsächlich wurde das Werk nie beendet, und hat nur eine vom Autor beigefügte Schlußskizze. Ein groteskes Werk, dass den Menschen immer das Chaos vor Augen stellt. Da es um die Vermählung eines strenggläubigen Griechen (er ist tatsächlich „Altneupresbyteraner“) mit einer „heimlichen Mätresse“ geht, teils leicht anstößig zu lesen.
  • „Wahrheitsbekräftigung aller Artikel Martin Luthers“  Es war super schwer von diesem Werk überhaupt eine deutsche Fassung zu finden, obwohl man vor allem in der englischsprachigen Luther-Rezeption ständig zu dieser Schrift, die eine gebündelte Wiederlegung der Bannbulle von Papst Leo ist, darstellt.  Hier findet sich die Vorrede kostenfrei im Web. Das vollständige Werk ist Teil dieser Reihe. Sehr lesenswert. Der frühe Luther in Reinform: “ Daher sage ich auch jetzt noch: Hüte dich, hüte dich, Bruder Christ, dass du niemals auf deine Reue vertraust; nicht dieser, sondern deinem Glauben hat Gott Vergebung der Sünden verheißen. Es gibt nämlich zwei Worte Gottes: Das eine ist das Gebot, das andere ist die Verheißung. Das Gebot fordert Werke, die Verheißung Glauben. Und es ist nicht denkbar, wie die Verheißung erfüllt werden könnte ohne den Glauben durch irgendein Werk.“
  • Perelandra –  Trilogie. Nun bin ich bei Band drei angelangt und halte das Werk für einen äußerst gelungenen Gegenentwurf zur Sci-Fi-Literatur a la Star Wars oder Krieg der Welten. Einen kurzen Einblick in die ersten beiden Bände gebe ich in diesem Artikel.
  • F.B. Meyer: John the Baptist. Ich habe mich ausführlich mit dem Leben Johannes des Täufers beschäftigt. Das Neue Testament räumt diesem „von allen Frauen geborenen Größten“ weiten Raum ein; so überraschte mich z.B. der regelmäßige Bezug zu Johannes dem Täufer in der Apostelgeschichte. Zudem wird sein Dienst ebenfalls bereits im Alten Testament angekündigt. In der Vorbereitung konnte ich kaum sinnvolle und hilfreiche Literatur finden. Meyers Werk kann ich zu Gute halten, dass es wirklich alle Etappen im Leben von Johannes dem Täufer bespricht. Die Anwendungen sind aber deutlich überzeichnet, so dass das Werk letztlich an Prägnanz verliert.
  • Literatur zum Buch Richter: Nach einem Jahr Pause habe ich mir wieder Literatur zum Buch Richter vorgeknöpft. Die eigene Vorbereitung und Auseinandersetzung mit diesem Buch hilft mir nun viel ausgewogener mit weiterführender Literatur zu diesem Thema umzugehen. Ich habe das sehr konservative Werk von Bill Cooper gelesen „The Autenthicity of the Book of Judges“. Cooper erarbeitet zahlreiche hilfreiche Informationen auf, die die Glaubwürdigkeit des Buches Richter unterstreichen, geht aber nicht ausreichend auf kritische Elemente ein. Ich versuche zu diesem Werk bei Gelegenheit eine Rezension nachzureichen. Ich griff dann auf das Buch „The Triumph of Irony in the Book of Judges“ von Lillian R. Klein. Ein Buch, das vor allem die literarische Struktur, und vornehmlich die Verwendung ironischer, humorvoller, sarkasstischer Stilmittel des Autors beschreibt. Weitestgehend hat die Autorin hilfreiche Hinweise, auch wenn meines Erachtens meine Figur zu sehr über gedeutet wird. Schließlich bin ich noch auf „Story as Torah: Reading the Old Testament Narrative Ethically“ von Gordon Wenham gestoßen. Dieses Buch widmet sich der Frage, wie man die weitestgehend neutral und sachlich geschilderten Begebenheiten im Buch Richter und im Buch Genesis ethisch deuten kann. Der Autor weist darauf hin, dass die Struktur dieser Bücher oft Hinweise für die Deutung solcher Ereignisse gibt. Dieses Werk ist äußerst lesenswert.

Was habt ihr in euren Sommerferien gelesen?

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Das Gesetz und Evangelium recht zu unterscheiden, ist keines Menschen Kunst

Gefunden in Luthers Tischreden:

214. Das Gesetz und Evangelium recht zu unterscheiden, ist keines Menschen Kunst

Kein Mensch lebt auf Erden, der das Evangelium und Gesetz recht zu unterscheiden weiß. Wir lassen es uns wohl dünken, wenn wir predigen hören, wir verstehens; aber es fehlt weit, allein der heilige Geist kann diese Kunst. Dem Menschen Christus hats auch gefehlt am Ölberge, so daß ihn ein Engel trösten mußte; der war doch ein Doktor vom Himmel, dennoch wurde er durch den Engel gestärkt. Ich hätte auch gemeint, ich könnte es, weil ich so lange und so so viel davon geschrieben habe; aber, wenn es ans Treffen geht, so sehe ich wohl, daß mirs weit, weit fehlt! So soll und muß allein Gott der heiligste Meister sein.

212: Was Gesetz und Evangelium sei

Das Gesetz ist das, was wir tun sollen; das Evangelium aber handelt von Gott, von dem, was Gott geben will. Das erste können wir nicht tun; das zweite können wir annehmen, und zwar mit dem Glauben. Aber siehe, wie die Menschen sind: das erste, was sie nicht tun können, wollen sie tun, und das zweite, was sie annehmen sollten, wollen sie nicht glauben usw.

215.

Diese zwei Lehren, Gesetz und Evangelium, sind hoch vonnöten, die muß man beieinander haben und wohl treiben, doch unterschiedlich und mit großer Bescheidenheit, sonst werden die Leute entweder vermessen oder verzweifeln, besonders wenn der Teufel aus dem Evangelium ein Gesetz macht. Darum beschreibt Mose diese beiden Lehren sehr fein und wohl durch einen oberen und unteren Mühlstein (5. Mose 24, 6). Der obere Stein poltert und stößt; dieser ist das Gesetz, aber er ist von Gott recht gehängt, daß er nur treibt. Der untere Stein aber ist still und ruht, das ist das Evangelium. Unser Herrgott hat den Oberstein fein gehängt, daß er nicht ganz zerreibe und zermalme, sondern hat an beide, an den oberen und an den unteren Stein, Gnade gehängt.

[Aus: Martin Luther: Der neue Glaube. Martin Luther: Gesammelte Werke, S. 6292-6296
(vgl. Luther-W Bd. 9, S. 98-99) (c) Vandenhoeck und Ruprecht
http://www.digitale-bibliothek.de/band63.htm ]

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Wenn es nach dem Willen des Wolfes geht, so ist das Lamm im Unrecht“

„Ein Wolf und Lämmlein kamen von ungefähr beide an einen Bach zu trinken. Der Wolf trank oben am Bach, das Lämmlein aber fern unten. Da der Wolf des Lämmleins gewahr ward, rief er zu ihm und sprach: Warum trübest du mir das Wasser, dass ich nicht trinken kann?“ Das Lämmlein antwortet: „Wie kann ich dir das Wasser trüben, trinkst du doch über mir und möchtest es mir wohl trüben?“ Der Wolf sprach: „Wie, fluchst du mir noch dazu?“ Das Lämmlein antwortet: „Ich fluche nicht.“ Der Wolf sprach: „Ja, dein Vater tat mir vor sechs Monden auch ein solch’s.“ Das Lämmlein antwortet: „Bin ich doch dazumal nicht geboren gewest, wie soll ich es meinem Vater entgelten?“ Der Wolf sprach: „So hast du mir aber meine Wiesen und Äcker abgenaget und verderbet.“ Das Lämmlein antwortet: „Wie ist das möglich, habe ich doch (noch) gar keine Zähne?“ „Ei“, sprach der Wolf, „und wenn du gleich viel ausreden und schwätzen kannst, will ich dennoch heute nicht ohne Fressen bleiben.“ Und würget also das unschuldige Lämmlein und fraß es


Lehre: Der Welt Lauf ist: Wer fromm sein will, der muss leiden, sollt man eine Sache vom alten Zaun brechen. Denn Gewalt geht vor Recht. Wenn man dem Hunde zu willen (ist), so hat er das Leder gefressen. Wenn es nach dem Willen des Wolfes geht, so ist das Lamm im Unrecht“

Aus Martin Luthers Fabeln.

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„Alle hoffen, dass der Teufel jenseits des Meeres ist und wir Gott in der Tasche haben“

Book as Artifact, Artifact as Book: Part Four • Southwestern UniversityEigentlich ist es eine logische Schlussfolgerung von Luthers rigoroser Verteidigung von sola fide und sola gratia, dass man den Sinn des Gesetzes völlig in Frage stellt. So tat es auf jeden Fall auch Johannes Agricola, ein lutherischer Theologe, auf den Luther so viele Hoffnungen setzte, dass er ihn in seinem Heim in Wittenberg ließ, und sich von ihm selbst für Predigten und Vorlesungen vertreten ließ. Agricola war nun der Ansicht, dass die Predigt des Gesetzes für Christen unnötig ist, da man nun im neuen Bund, nämlich im Bund der Gnade lebt. Entsprechend gehören das Gesetz Gottes bzw. die Zehn Gebote aus der Kirche (…) verstoßen und in das Rathaus (…)verwiesen;“

Wie aber sollte die Predigt des Evangeliums ohne Gesetz möglich sein? „Lieber Gott, kann man es denn nicht ertragen, dass die heilige Kirche sich als Sünderin erkennt, die an die Vergebung der Sünden glaubt und dazu im Vaterunser um die Vergebung der Sünden bittet? Woher weiß man aber, was Sünde ist, wenn es das Gesetz und das Gewissen nicht gibt? Und woher will man lernen, was Christus ist, was er getan hat für  uns, wenn wir nicht wissen sollen, was das Gesetz ist, das er für uns erfüllt hat, oder was Sünde ist, für die er an unserer Stelle genuggetan hat?“ Agricolas Vorschlag das Evangelium nur aus dem Trost der Tat Christi zu predigen, lehnt Luther entschieden ab.

Luther listet auf, wie wichtig das Gesetz für ein protestantisches Programm der Bildung und Erziehung eines Christen wichtig ist, auch verwurzelt im lutherischen Bekenntnis: „Und es wundert mich sehr, wie man mir unterstellen kann, dass ich das Gesetz bzw. die Zehn Gebote verwerfen wollte, wo es doch von mir so viele Auslegungen der Zehn Gebote und nicht nur eine gibt, die man in unseren Kirchen auch täglich predigt und lehrt, ganz zu schweigen von der Confessio Augustana und der Apologie und unseren anderen Büchern.“

Luther hält in seiner Schrift vehement fest, dass er sowohl Gnade, wie das Gesetz erhalten nebeneinander und zusammen erhalten möchte:

Für Luther geht es dabei nicht um Details. Eine Ablehnung des Gesetzes wäre Grund genug für ein Schisma: „Selbst wenn ich unterstelle, dass ich gelehrt oder gesagt hätte, man sollte das Gesetz nicht in der Kirche lehren – obwohl doch alle meine Schriften es anders zeigen und ich von Anfang an immer den Katechismus behandelt habe –, sollte man mir darum so stur anhängen? Oder sollte man nicht mir selbst widersprechen – da ich doch alle Zeit sehr anders gelehrt habe – und von mir selbst abfallen, wie ich es mit der Lehre des Papstes getan habe?“ Weiterlesen

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Deutschsprachige Beiträge zu den goldenen Honigtöpfen

Vielleicht kennt jemand meinen Beitrag über die goldenen Honigtöpfe. Darunter verstehe ich Material, dass hilft die Bibel besser zu verstehen und den Willen Gottes zu erkennen. Predigten, Beiträge, Bücher, Zeitschriften die auf Christus hinweisen und die Ehre Gottes hochschätzen. Es gibt eine wunderbare Menge davon! Welch Segen!

Zunehmend versuche ich daran zu arbeiten, solches Material auch auf Deutsch zugänglich zu machen und auch zu verbreiten.  Entsprechend möchte ich heute auf drei deutschsprachige Podcasts hinweisen.

Kommentar zum Heidelberger Katechismus von Hanniel Strebel

Ich bin dankbar dafür, dass ich Hanniel überzeugen konnte, seine wertvollen Beiträge auch in das Podcast-Format zu bringen.  Ich meine: Wer nutzt schon Soundcloud? Ich habe mir ehrlich gesagt  nur aus Liebe zu Hanniel dafür einen Zugang beschafft 🙂 .

Neuerdings gibt es jetzt Hanniels Kommentar zum Heidelberger Katechismus auch als Podcast!

Höre unter:

Warum sollte man gerade diesen Podcast hören? Jeder, der alleine oder in Gruppe den Heidelberger Katechismus durcharbeitet findet hier zahlreiche Hinweise, historische Hintergründe und praktische Anwendungen.

Wenn Gott Gnade schenkt werden in wenigen Tagen auch die Vogelflüge Hanniels auf diese Weise zugänglich sein.

Aufbau eines Luther-Lesebuchs

Ich bin Manuel Klem zu Dank verpflichtet für das freundliche Angebot, meine Zitate-Zusammenstellungen von Martin Luther zu vertonen. In Zukunft ist geplant Audio und Text gleichzeitig zu veröffentlichen.

Höre unter:

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„Die höchste Gnade Gottes ist es, wenn in der Ehe die Liebe dauernd blüht…“

Lyndal Roper stellt in ihrer Biographie über Martin Luther schlüssig dar, mit welcher Leichtigkeit Luther ein tausend Jahre altes Verständnis über Ehe und vor allem über Sexualität zur Seite wischte. Liest man seine zahlreichen Aussagen über die Ehe, wird schnell deutlich, dass Luther deswegen derart revolutionär, faszinierend fortschrittlich und mutig anti-kulturell ist, dabei aber praktisch und in sich schlüssig bleibt, weil er beharrlich und immer wieder zum Wort Gottes zurückkehrt.  Im Folgenden eine kleine Auswahl; die Quellennachweise habe ich dabei gesondert gesammelt(download).

Zum Aufwärmen einige Aussagen aus den Tischreden:

„Es ist sehr gut, daß Gott nicht will, daß die Ehe zerrissen werde, denn sonst würde sie zugrunde gehen und aufhören, die Sorge für die Kinder würde in Gefahr geraten und der Hausstand würde fallen, und danach würde auch das Weltregiment und die Religion vernachlässigt werden. Es ist aber die Ehe die Grundlage des Hauswesens, der öffentlichen Ordnung, der Religion.“ [1]

„Über die Ehe, diese ehrwürdige und göttliche Stiftung, sagte er (Luther) vieles Ausgezeichnete: daß sie nach dem Gottesdienst um vieler Ursachen willen der wichtigste Stand sei, aber die Menschen, das Vieh auf dem Felde und die Hefe dieser Welt fliehen sie um der (damit verbundenen) persönlichen Unbequemlichkeit willen. Sie wollen dem Regen entlaufen und fallen dabei ins Wasser. Deshalb muß man es im Namen des Herrn wagen und das Kreuz auf sich nehmen. Man muß die Ordnung Gottes beachten, wegen der Aufgabe, Kinder zu zeugen. Wenn es diesen Grund nicht gäbe, so sollten wir doch bedenken, daß sie ein Mittel gegen die Sünde ist.“ [2]

Eine kurze Anmerkung dazu: Mit „Sünde“ meint Luther an dieser Stelle den Geschlechtsverkehr.

Am Tage nach Neujahr schrie das Kind des Doktor Martinus so sehr, daß es sich von niemandem zur Ruhe bringen ließ. Da saß der Herr Doktor eine ganze Stunde traurig mit seiner Frau. Dann sagte er: Das sind die Nöte der Ehe, um derentwillen sich jeder vor der Ehe scheut. Wir fürchten uns alle vor dem Eigensinn der Frauen, vor dem Geschrei der Kinder, vor den Sorgen und vor schlechten Nachbarn. Deshalb wollen wir gern frei sein und nicht gebunden. Wir wollen freie Herren bleiben und gehen (lieber) zu einer Dirne. Außerdem haben die Väter auch nichts Bemerkenswertes über die Ehe geschrieben. [3]

„Die höchste Gnade Gottes ist es, wenn in der Ehe die Liebe dauernd blüht. Die erste Liebe ist feurig, eine trunkene Liebe, mit der wir geblendet werden und wie die Trunkenen hinangehen. Wenn wir die Trunkenheit ausgeschlafen haben, dann bleibt in den Frommen die echte Eheliebe, die Gottlosen aber haben die Reue.“ [4] Weiterlesen

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„Deshalb könnt ihr kühn zum Vater treten und getrost bitten“

„Es gibt außerdem noch einiges andere, das anscheinend zu den Sakramenten gerechnet werden könnte, nämlich all das, dem eine Verheißung Gottes zuteil geworden ist: dazu gehören das Gebet, das Wort, das Kreuz. Denn Christus hat den Betenden an vielen Stellen (der Schrift) Erhörung zugesagt, besonders Luk. 11, 5 ff., wo er uns mit vielen Gleichnissen zum Beten einlädt.“(Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche 1520).

Warum sollen wir beten? Weil Gott es befohlen hat. So führt es Luther in seinem großen Katechismus in der Besprechung des Vater Unsers aus:

„Darum bitten wir und vermahnen aufs fleißigste jedermann, daß man solches zu Herzen nehme und auf keine Weise unsere Gebete verachte. Denn man hat bisher ins Teufels Namen so gelehret, daß niemand solches geachtet und gemeinet hat, es wäre genug, daß das Werk getan wäre, Gott erhörets oder höret es nicht. Das heißt das Gebet auf gut Glück versucht und ins Blaue hinein gemurret; darum ist es ein verlorenes Gebet. Denn wir lassen uns durch solche Gedanken beirren und abschrecken: ich bin nicht heilig noch würdig genug; wenn ich so fromm und heilig wäre wie Petrus oder Paulus, so wollte ich beten. Aber nur weit hinweg mit solchen Gedanken, denn eben das Gebot, das Paulus getroffen hat, das trifft mich auch, und um meinetwillen ist ebensowohl das zweite Gebot gegeben wie um seinetwillen, daß er kein besseres noch heiligeres Gebot zu rühmen hat. Darum sollst Du so sagen: mein Gebet, das ich tue, ist eben so köstlich, heilig und Gott gefällig wie das des Paulus und der Allerheiligsten. – Grund: ich will ihn gern der Person halber heiliger sein lassen, aber des Gebotes halber nicht, weil Gott das Gebet nicht der Person halber ansiehet, sondern seines Worts und Gehorsams halber.“ (Der Große Katechismus, 1529)

Auf die Frage wie wir beten sollen geht Luther in der „Deutschen Auslegung des Vaterunsers für die einfältigen Laien (1519)“ ein: Weiterlesen