Alle Artikel mit dem Schlagwort “C.H. Spurgeon

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Rowland Hill lehrt das Beten

Das Werk „Eccentric Preachers“ ist sicherlich eines der unbekanntesten von Spurgeon. Aber viele der darin besprochenen Begebenheiten sind mir auch über Jahre in Erinnerung geblieben. So auch dieses Zeugnis über Rowland Hill, wie er einem Schlendrian das Beten beigebracht hat:

Ich möchte ausführlich zitieren (S43-45) und habe für die Übersetzung auf Chat-GPT zurückgegriffen. (Übrigens habe ich schon einmal über das Buch gesprochen. Dort berichtet Spurgeon über sein „Bart-Erlebnis“):

„Lassen Sie mich Ihnen ein oder zwei Beispiele geben, und das erste stammt aus Mr. Grants Aufzeichnen über Rowland Hill in „The Metropolitan Pulpit“. Es wird in einem etwas wortreichen Stil erzählt, aber die Abwechslung von meiner eher abrupten Art könnte eine Erleichterung sein:

„Eine fromme Frau, ein Mitglied der Surrey Chapel, war mit einem Ehemann verheiratet, der, obwohl er freundlich zu ihr war, keinen Sinn für Religion hatte, aber es liebte, die Stunden mit Biertrinken zu verbringen, die sie beim Hören des Evangeliums verbrachte. Es geschah, dass das Paar aufgrund einer geschäftlichen Enttäuschung ihre Miete an einem bestimmten Quartalstag nicht bezahlen konnte. Die Folge war, dass eine Pfändung auf ihr Mobiliar gelegt wurde und eine Partei damit beauftragt wurde, wie es im Fachjargon heißt, ‚Besitz zu ergreifen‘. Nachdem sie jeden erdenklichen Plan durchdacht hatten, um sich aus den Schwierigkeiten zu befreien, in denen sie sich befanden, standen sie kurz davor zu verzweifeln, als der Ehefrau die Idee kam, die Umstände Mr. Hill vorzutragen. Sie begab sich sofort zu seinem Haus, erhielt sofort Zugang zu ihm und machte mit nicht geringer Zittern eine kurze und einfache Darstellung der Situation.

‚Wie viel würden Sie benötigen, um Ihre Möbel zu retten und die Person loszuwerden, die im Besitz ist?‘ fragte Mr. Hill.

‚Achtzehn Pfund, Sir, wären völlig ausreichend für diesen Zweck‘, antwortete die arme Frau mit klopfendem Herzen.

‚Ich werde Ihnen ein Darlehen von zwanzig Pfund geben, und Sie können es mir zurückzahlen, wann es Ihnen passt. Schicken Sie Ihren Mann zu mir, sobald Sie nach Hause kommen, und ich werde zwei Zehn-Pfund-Scheine bereit haben, wenn er ankommt. Ich möchte die Scheine lieber ihm als Ihnen geben.‘

Mrs. D___ verließ Mr. Hills Haus und eilte mit leichten Schritten, aber mit noch leichterem Herzen nach Hause. Nachdem sie ihrem Mann mitgeteilt hatte, was zwischen ihr und ihrem Pfarrer passiert war, ist es unnötig zu sagen, dass er keine Zeit verlor, sich auf den Weg zu Mr. Hills Haus zu machen. Dieser empfing ihn mit viel Freundlichkeit.

‚Und so‘, sagte er, ‚sind Sie so unglücklich, dass jemand im Besitz ist.‘

‚Leider ja, Sir.‘

‚Und zwanzig Pfund reichen aus, um ihn loszuwerden und Ihnen Ihre Möbel zurückzugeben?‘

‚Ja, Sir.‘

‚Nun, dann‘, sagte Mr. Hill und wies auf den Tisch, ‚da sind zwei Zehn-Pfund-Scheine für Sie, die Sie zurückzahlen können, wenn Sie in der Lage sind. Nehmen Sie sie.‘

Der andere trat an den Tisch, nahm die Scheine und war dabei, sie zusammenzufalten, während er Mr. Hill herzlich für die Freundlichkeit dankte und die Hoffnung äußerte, dass er den Betrag bald zurückzahlen könne, als der Reverend plötzlich ausrief: ‚Warten Sie einen Moment! Legen Sie die Scheine wieder hin, bis ich einen Segen darüber gesprochen habe.‘

Der andere tat, wie ihm geheißen wurde, woraufhin Mr. Hill, beide Arme ausstreckend, ein kurzes Gebet sprach: ‚O Herr, der du der Urheber aller Barmherzigkeit und der Geber jeder guten und vollkommenen Gabe bist, sei gnädig und segne die Summe Geldes, die diesem Mann gegeben wird, damit sie zu seinem jetzigen und ewigen Wohl beiträgt. Um Jesu Christi willen.‘

‚Nun, Sir‘, sagte Rowland Hill, als er sein kurzes Gebet beendet hatte, ‚nun, Sir, können Sie das Geld nehmen.‘

Der andere nahm zum zweiten Mal die beiden Zehn-Pfund-Scheine und war dabei, sie wie zuvor zusammenzufalten, als Mr. Hill ihn daran erinnerte, dass er etwas vergessen hatte. Man kann sich leicht vorstellen, dass er inzwischen ziemlich verwirrt war. Seine Verwirrung wuchs hundertfach, als Mr. Hill bemerkte: ‚Aber, mein Freund, Sie haben selbst noch nicht um einen Segen für das Geld gebeten. Sie sollten es jetzt tun.‘

‚Sir‘, stotterte der andere und konnte sich kaum auf den Beinen halten, ‚Sir, ich kann nicht beten. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie gebetet.‘

‚Sie haben umso mehr Grund, jetzt damit anzufangen‘, bemerkte der Reverend in seiner gewohnt kühlen, aber tadelnden Weise.

‚Ich kann nicht, Sir; ich weiß nicht, was ich sagen soll.‘

‚Versuchen Sie es, danken Sie Gott und bitten Sie um seinen Segen, so kurz Ihr Gebet auch sein mag.‘

‚Ich kann nicht, Sir; ich kann keinen einzigen Satz sagen.‘

‚Dann können Sie das Geld nicht haben. Ich werde einem Mann ohne Gebet keine zwanzig Pfund leihen.‘

Der andere zögerte einen Moment, dann sagte er mit geschlossenen Augen und erhobenen Händen mit großer Ernsthaftigkeit: ‚O Herr, was soll ich dir und Mr. Hill an dieser Stelle sagen?‘ Er wollte einen weiteren Satz beginnen, als der Reverend ihn unterbrach und bemerkte: ‚Das reicht für den Anfang. Es ist ein sehr gutes erstes Gebet, denn es kommt von Herzen. Nehmen Sie das Geld, und möge Gottes Segen damit einhergehen.‘ Während er sprach, nahm Mr. Hill die beiden Zehn-Pfund-Scheine auf, reichte sie dem halb verwirrten Mann, schüttelte ihm herzlich die Hand und wünschte ihm einen guten Morgen.

Es bleibt nur noch zu erwähnen, dass nicht nur Mann und Frau in weltlichen Dingen erfolgreich wurden, sondern dass das Ereignis einen so tiefen Eindruck im Geist des Ehemannes hinterließ, dass es schließlich zu seiner Bekehrung zu Gott führte.“

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Darf man etwas von Spurgeon lesen?

Eine regelmäßig gemachte Beobachtung möchte ich berichten. Man teilt mit jemanden ein Zitat von z.B. Spurgeon, aber es darf auch Luther sein oder Calvin, oder ein Puritaner, oder C.S. Lewis oder eigentlich sonst jemand, bisher konnte ich es mit eigentlich jedem Autor erleben, möchte es aber für den Artikel – for the sake of the argument – auf sogenannte „calvinistische“ Autoren beschränken. Die Gänsefüßchen, weil auf Rückfragen die verschiedensten Definitionen von „calvinistisch“ gegeben werden, wobei ich mich bei etwa 50%-70% der Definitionen frage, ob die Autoren diese akzeptieren würden.

Der Gesprächsverlauf ist in etwa dieser:

S (für Sergej): „Diese oder Jene Predigt von Spurgeon hat mich getroffen und hat mich wirklich erbaut. Außerdem konnte ich auf eine Frage, auf die ich schon seit Monaten Antwort gesucht habe, eine zufriedenstellende Antwort finden.“

V(für Varianten möglicher Reaktionen):

  1. „Das ist interessant, aber sollte man bei Spurgeon nicht aufpassen, schließlich war er ja calvinistisch geprägt“
  2. „Ich habe mal gehört, Spurgeon hat mal geraucht“
  3. Weitere entweder emotionelle oder intellektuell formulierte Varianten von 1 oder 2 oder 1 und 2.

Zum einen gestehe ich ein, dass ich natürlich Kontroversen anziehe und gerne argumentiere und sozusagen solchen Widerspruch wie ein Magnet anziehe. Den in der Tat auf Einwände 1 bis 3 versuche ich meinst mit Argumenten entgegenzutreten („Das Rauchen empfahl ihm sein Arzt, als er ihn wegen seiner Furcht, abhängig vom Kafffee zu werden, ansprach“).

Aber mir geht langsam auf, dass womöglich sämtliches Argumentieren unnötig oder mindestens „kindisch“ war, das wird deutlich wenn man die Argumentation einfach umdreht:

-> Habe ich Spurgeon etwa deswegen gelesen weil er eine ganz bestimmtes Verständnis von der Vorherbestimmung hat? Ist das der Grund, warum ich mir Predigten über „Christus im Alten Testament“ von ihm reinlese, warum ich E. Funk frage, ob sie Predigten von Spurgeon aufnimmt, warum ich seine Tröstenden Worte in „Ich bin der Herr, dein Arzt lese“, warum ich seine humorvollen Spitzfindigkeiten in „Guter Rat für allerlei Leute“, warum ich über seinen Tiefsinn in seiner Autobiographie staune? Ist das der Grund dafür? Oder lese ich das alles deswegen, weil Spurgeon geraucht hat? Wahrscheinlich müsste ich dann die Reformatoren deswegen lesen, weil sie die Baptisten verdammt haben und die Puritaner, weil sie so übertrieben streng waren.

Selbst wenn die Einwände wirklich stimmen und völlig zutreffend wären und z.B. Spurgeons Model der Prädestination völlig fatal, so wäre das doch nicht der Grund für mich ihn zu lesen!

Ich glaube also schon, dass es wichtig ist, sich die Frage zu stellen, warum man einen Autor liest oder nicht und ich mache vor allem ein zentrales Maß aus: Die Frage nämlich, ob der Autor wirklich den Herrn sucht, für den Herrn eifert, Gott liebt, Christus zu erfassen sucht. Das Suche ich: Eine Leidenschaft für Gott, etwas, das in meiner Seele den Hunger nach Gott weckt, oder mich aufweckt, wenn ich diesen Hunger in irgendwelchen Götzen zu stillen suche. Das ist für mich das allesentscheidende Maß an dem ich christliche Literatur messe. Die entscheidende Frage, ob man zu einem Buch greift, sollte diese sein: Bringt mich das Buch näher zu Gott? Nicht das ich mich selbst immer daran halten würde und nicht schon von manch einem eher „leeren“ Roman habe fesseln lassen. Aber gerade in der christlichen Literatur suche ich doch nicht feine Rhetorik (selbst von einem Nichtraucher) oder clevere Polemik (selbst von einem Arminianer), nein ich suche den Hunger nach Gott. Etwas, das die Psalmen so oft ausdrücken: Ein Lechzen nach Gott, wie ein Hirsch nach frischem Wasser lechzt! Finde ich das, ist mir schlicht zweit- (eher dritt)-rangig, welches Taufverständnis und welches Endzeitmodel der Autor vertrat und welcher Denomination er angehört hat. Genau diesen Hunger finde ich bei Spurgeon, aber ich finde ihn relativ selten bei seinen Kritikern…

Das lässt uns mit der Frage zurück: Warum lässt sich bei uns so wenig Hunger nach Gott finden, wenn wir zu christlichen Büchern greifen?

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„Wiedergeburt durch die Taufe“ von C.H. Spurgeon

Mit noch 29 Jahren hielt C.H. Spurgeon eine Predigt, die die theologischen Artikel seiner Zeit noch jahrzehntelang prägen sollte. Einen Überblick der Debatte gibt G. Beasley-Murray im Einführungskapitel zu „Did the Early Church Baptize Infants„. Thema dabei war ausgerechnet die Taufe.

Spurgeon rechnet mit den unter Eid verbrieften Aussagen innerhalb der anglikanischen Taufpraxis ab, die dem Getauften die Wiedergeburt zusagt. Die Durchführung dieser Praxis kann Spurgeon nur in sehr entschiedenen Tönen verwerfen:

„Ich kann verstehen, dass ein einfältiger, unwissender, ungelehrter Mensch dies alles auf die Forderung eines Priesters hin tut; aber ich kann nicht verstehen, wie gottesfürchtige, verständige Leute am Taufstein stehen und den so gnädigen Vater mit Gelübden beleidigen können, die nach einer Erdichtung zusammengestellt wurden und praktisch Falschheit beinhalten. Wie dürfen verständige Gläubige es wagen, Worte zu sprechen, von denen sie in ihren Gewissen überzeugt sind, dass sie sich weit von der Wahrheit entfernen? Selbst wenn ich imstande sein sollte, den Prozess zu verstehen, durch welchen gottesfürchtige Menschen ihre Gewissen mit solchem Tun in Übereinstimmung bringen können, selbst dann werde ich den festen Glauben haben, dass der Gott der Wahrheit niemals einen geistlichen Segen höchster Art mit dem Hersagen solcher falschen Versprechungen und unwahren Gelübde in Verbindung bringen könnte und dass Er es niemals tun wird. Meine Brüder, fällt es euch nicht auf, dass solche unehrlichen Erklärungen nicht mit einer neuen Geburt verbunden sein können, die von dem Geist der Wahrheit gewirkt wird? Ich bin mit diesem Punkt noch nicht ganz fertig, denn ich muss einen anderen Fall annehmen und voraussetzen: Dass Paten und Patinnen gottlos sind, und das ist keine harte Voraussetzung, da wir in vielen Fällen wissen, dass Paten und Eltern nicht mehr über den Glauben nachdenken als der abgöttisch geheiligte Stein, um den sie sich versammeln. Was sind diese Sünder zu sagen bereit, wenn sie ihren Platz eingenommen haben? Nun, sie sind bereit, die ernsten Gelübde abzulegen, die ich bereits erwähnt habe. Total ungläubig, wie sie sind, versprechen sie dennoch für den Säugling, was sie selber niemals getan und worüber sie nie nachgedacht haben. Sie versprechen an Stelle dieses Kindes, »dass es dem Teufel und allen seinen Werken entsagt und beständig Gottes heiliges Wort glauben und gehorsam seine Gebote halten werde«.

Meine Brüder, denkt nicht, dass ich hier hart spreche. Ich denke wirklich, dass hier etwas ist, dass den Dämonen Anlass zum Gespött gibt. Jeder ehrliche
Mensch sollte es beklagen, dass Christen so etwas dulden und dass es gläubige Leute gibt, die sich schmerzlich getroffen fühlen, dass ich in aller Freundlichkeit des Herzens die Abscheulichkeit strafe. Unwiedergeborene Sünder versprechen für einen armen Säugling, dass er alle heiligen Gebote Gottes halten werde, die sie selbst tagtäglich in ausgelassener Weise brechen! Dies kann nur die Langmut Gottes ertragen. Und man sollte nicht dagegen sprechen? Die Steine auf der Straße könnten sich über solche Niedertracht gottloser Männer und Frauen beklagen, welche versprechen, dass ein anderer dem Teufel und allen seinen Werken entsagt, während sie selber dem Teufel dienen und seine Werke mit wahrer Begierde tun. Und der Höhepunkt von dem allen ist, dass ich glauben soll, dass Gott das gottlose Versprechen annimmt und infolgedessen das Kind wiedergeboren wird. Ihr könnt an eine Wiedergeburt durch diese ›Operation‹ nicht glauben, egal ob die Paten Heilige oder Sünder sind. Wenn sie Gläubige sind, so tun sie unrecht, indem sie tun, was ihr Gewissen verdammen muss; wenn sie Gottlose sind, so tun sie unrecht, wenn sie etwas versprechen, von dem sie wissen, dass sie esnicht halten können, und in keinem Fall kann Gott solchen Dienst annehmen, noch viel weniger die Wiedergeburt unfehlbar an eine solche Taufe knüpfen.“

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C.H. Spurgeon: Auf dein Wort
Andachten für jeden Tag

Ein Freund, der schon Jahrelang die unterschiedlichsten Andachtsbücher verwendet, meinte neulich, dass „Auf dein Wort“ von C.H. Spurgeon jenes ist, was ihm sowohl am Meisten mitgegeben hat, wie auch am Besten hängengeblieben ist. Die Andacht für den 1. Januar empfinde ich als sehr treffend auch für das Jahr 2022:

„Der Herr aber sprach zu Mose: Ist denn die Hand des Herrn verkürzt?“ (4. Mose 11,23)

Oft benimmt sich die Gemeinde Gottes so, als sei sie davon überzeugt, dass die Hand des Herrn verkürzt ist. Sie glaubt zwar, dass die göttliche Hand einst mächtig genug war, an einem Tag dreitausend Menschen durch die einfache Predigt des Petrus zu bekehren. Sie glaubt, dass ihr Gott in alten Tagen so gewaltig war, dass ihre armen, ungebildeten Evangelisten es mit den Schülern des Sokrates aufnehmen konnten und imstande waren, die Götter der Heiden zu stürzen. Sie glaubt das alles, und doch handelt sie heute oft so, als sie das Evangelium kraftlos geworden und als hätte sich der Geist Gottes völlig von ihr zurückgezogen! In jenen ersten Tagen sandte sie ihre Missionare bis an die Enden der Erde. Sie waren ohne Mittel und zogen aus ohne Tasche und Beutel in dem festen Glauben, dass der, welcher sie berief, auch für ihren Unterhalt sorgen werde. Sie wagten ihr Leben, aber sie gewannen auch viele Menschen für Christus, und es gab kaum einen Flecken Erde, der den Menschen jener Zeit bekannt gewesen wäre, wo der Name Jesu nicht gepredigt wurde. Aber wir – die entarteten Söhne herrlicher Ahnen-, wir fürchten uns nun, Gott zu vertrauen. Oh, hätten wir mehr Berufene des Herrn, die das Evangelium im Glauben an seine innere Kraft verkündigen, mit der Zuversicht, dass sich der Geist Gottes dazu bekennen wird! Die Zweifel, die Befürchtungen, die Berechnungen, beweisen meine Behauptung, dass die Gemeinde des Herrn glaubt, dass des Herrn Hand verkürzt sei. O Zion, zähle nicht mehr deine Heerscharen, denn deine Stärke ist deine Ohnmacht; berechne nicht länger deinen Reichtum, denn dein Reichtum ist oft deine Armut gewesen und deine Armut dein Reichtum. Denke nicht an die Bildung oder Beredsamkeit deiner Boten; denn wie oft stehen diese Dinge dem ewigen Gott im Wege! Tritt vielmehr im einfältigen Vertrauen auf seine Verheißungen hervor, und du wirst sehen, ob er nicht nach seinem Wort tun wird.“

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Er hätte sagen sollen: ‹Siehst du jenes Kreuz? Dahin eile so schnell wie möglich!›
Aus "Bilder aus der Pilgerreise"

„Ich fühle mich stets geneigt, Evangelist für das Missbehagen, das der arme Christ im Sumpfeder Verzagtheit leiden musste, zu tadeln. So sehr ich John Bunyan auch schätze, halte ich ihndoch nicht für unfehlbar, und jüngst hörte ich eine Geschichte über ihn, die ich für eine sehr gute halte:
Da war in Edinburg ein junger Mann, der gerne Missionar werden wollte. Er war ein verständiger junger Mann, daher überlegte er: «Wenn ich Missionar werden will, ist es gar nicht nötig, dass man mich weit von hier fortsende; ich kann ja in Edinburg ebenso gut Missionar sein.» Hier ist ein Wink für solche Schwestern, die in ihren Bezirken Traktate verbreiten, aber ihrem eigenen Dienstmädchen keinen geben. Nun, dieser junge Mann wollte sogleich mit dem Missionieren beginnen und mit der ersten Person sprechen, die ihm begegnete. Diese war eine alte Fisch-händlerin. Wer diese Art einmal kennen gelernt hat, vergisst sie sobald nicht wieder; es sind ganz außerordentliche Frauen. Er trat auf sie zu und sagte: «Liebe Frau, Sie haben da eine große Last auf Ihrem Rücken zu tragen; ich möchte Sie fragen, ob Sie auch eine andere, eine geistliche Last kennen gelernt haben.» – «Wie», antwortete sie; «meinen Sie die Last, von der in Bunyans ‹Pilgerreise› die Rede ist? Wenn Sie die meinen, so will ich Ihnen nur sagen, dass ich sie schon seit langer Zeit los bin, wahrscheinlich ehe Sie geboren wurden. Aber ich habe einen besseren Weg eingeschlagen als Bunyans Pilger. Der Evangelist, von dem Bunyan erzählt, war einer von euren Pastoren, die nicht das Evangelium verkündigen, denn er sagte: ‹Behalte jenes Licht im Auge und laufe auf die enge Pforte zu!› Nun, junger Mann, das war nicht der rechte Ort, wohin er laufen musste. Er hätte sagen sollen: ‹Siehst du jenes Kreuz? Dahin eile so schnell wie möglich!› Aber statt dessen schickte er den armen Pilger erst nach der Pforte hin, und das hat ihm nicht sonderlich genützt.» – «Aber sind Sie denn nicht durch einen Sumpf der Verzagtheit gekommen?» fragte der junge Mann. «Ja, allerdings; aber es war viel leichter, ohne Last hindurchzukommen, als mit einer schweren Last auf dem Rücken.»

Die alte Frau hatte ganz recht. John Bunyan schiebt die Befreiung von der Last am Anfang der Pilgerreise viel zu weit hinaus. Wenn er den gewöhnlichen Lauf der Dinge beschreiben wollte, so war er ganz im Recht; wenn er aber zeigen wollte, wie es sein sollte, war er im Unrecht. Wir dürfen zu der suchenden Seele nicht sagen: «Wenn du gerettet sein willst, so eile hin zum Taufbassin, gehe zur Pforte, gehe zur Kirche, oder tue dies und tue jenes.» Nein, dicht vor der Pforte sollte das Kreuz stehen, und wir sollten zu den Sündern sagen: «Dort wirf dich nieder und blicke hinauf, so bist du gerettet. Du kannst nicht errettet werden, bis du deine Last am Fuße des Kreuzes niederlegst und in Jesu Frieden findest.»

Aus „Bilder aus der PIlgerreise von C.H. Spurgeon“ (der Komplette Text findet sich hier)

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Das Gebet eines Arminianers
polemische Apologetik von C.H. Spurgeon

In seiner Predigt „Free Will – a slave“ denkt Spurgeon darüber nach, wie wohl ein arminianisches Gebet klingen würde:

„Ihr habt bestimmt schon viele arminianische Predigten gehört, aber ihr habt noch nie ein arminianisches Gebet gehört – denn im Gebet sind die Heiligen eins in Wort, Tat und Geist.
Ein Arminianer würde auf den Knien verzweifelt beten wie ein Calvinist. Er kann nicht über den freien Willen beten: das ist schlichtweg unmöglich. Stellt euch vor, er würde beten:

„Herr, ich danke dir, dass ich nicht wie diese armen, anmaßenden Calvinisten bin. Herr, ich wurde mit einem herrlichen freien Willen geboren; ich wurde mit einer Kraft geboren, durch die ich mich dir von selbst zuwenden kann; ich habe meine Gnade verbessert. Wenn jeder mit seiner Gnade dasselbe getan hätte wie ich, wären sie alle gerettet worden. Herr, ich weiß, du machst uns nicht willig, wenn wir nicht selbst willig sind. Du gibst jedem Menschen Gnade; manche verbessern sie nicht, aber ich schon. Es gibt viele, die in die Hölle gehen werden, die genauso mit dem Blut Christi erkauft wurden wie ich; sie hatten genauso viel vom Heiligen Geist, der ihnen gegeben wurde; sie hatten eine genauso gute Chance und waren genauso gesegnet wie ich. Es war nicht deine Gnade, die uns unterschiedlich gemacht hat; ich weiß, dass sie sehr viel getan hat, dennoch habe ich den Knopf gedrückt; ich habe das genutzt, was mir gegeben wurde, und andere nicht – das ist der Unterschied zwischen mir und ihnen.“

– Das ist ein Gebet für den Teufel, denn niemand sonst würde ein solches Gebet sprechen.“ (eigene Übersetzung)

Damit fällt Spurgeon einen Punkt, den Herman Bavinck im ersten Band seiner Reformed Dogmatics ähnlich sieht. Er schreibt dort (S377): „Es ist unbestrittenes Zeugnis aller religiöser Erfahrung von Christen, dass das Heil, sowohl in einem objektiven, wie subjektiven Sinn, einzig das Werk Gottes ist. Somit mag eine Person in Theorie ein Pelagianer sein, in der Praxis des christlichen Lebens, vor allem im Gebet ist jeder Christ ein Augustinianer. Denn hier ist alle Selbstverherrlichung ausgeschlossen, und nur Gott allein bekommt die Ehre….“

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Spurgeon – wie ihn keiner kennt?

Ich möchte auf zwei Zitate aufmerksam machen, die man von Spurgeon wahrscheinlich nicht erwarten würde:

Das erste habe ich in der siebten von ihm überhaupt schriftlich veröffentlichten Predigt zum Thema „The Church of Christ“ gefunden. Geradezu prophetisch sieht Spurgeon die Zukunft Israels vor Augen. Neben einem offensichtlich physischen Israel, das Spurgeon im Blick hat, fällt auch die positive Eschatologie auf. Die Hoffnung, dass schon bald die ganze Welt „evangelikalisiert“ wird, erwies sich bekanntlich als Trugschluss und aus der überaus positiv enthusiastischen Phase, die sicher bis in den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts unter Evangelikalen anhielt, folgte spätestens nach dem ersten Weltkrieg eine frustrierende Ernüchterung. Das wäre sicherlich eine interessante Studie, in wie weit auch die Euphorie um Spurgeon zu dieser Entwicklung beigetragen hat:

„Not long shall it be ere they shall come-shall come from distant lands wher’er they rest or roam; and she who has been the offscouring of all things, whose name has been a proverb and a byword, shall become the glory of all lands. Dejected Zion shall raise her head, shaking herself from dust, and darkness, and the dead. Then shall the Lord feed his people, and make them and the places round about his hill a blessing. I think we do not attach sufficient importance to the restoration of the Jews. We do not think enough of it. But certainly, if there is anything promised in the Bible, it is this. I imagine that you cannot read the Bible without seeing clearly that there is to be an actual restoration of the children of Israel. „Thither they shall go up; they shall come with weeping unto Zion, and with supplications unto Jerusalem.“ May that happy day soon come! For when the Jews are restored, then the fulness of the Gentiles shall be gathered in; and as soon as they return, then Jesus will come upon Mount Zion to reign with his ancients gloriously, and the halcyon days of the Millennium shall then dawn; we shall then know every man to be a brother and a friend; Christ shall rule, with universal sway.“

Über das zweite Zitat bin ich in „Finding the right hills to die on“ von Gavin Ortlund gestoßen. Tatsächlich findet sich dieses Zitat in der sechsten von Spurgeons Predigten. Also ein Frühwerk aus dem Jahr 1855. Vier Jahre bevor Darwins „Origins of the Species“ erschien, traf Spurgeon in einer Predigt diese Aussage: 

„We do not know how remote the period of the creation of this globe may be—certainly many millions of years before the time of Adam. Our planet has passed through various stages of existence, and different kinds of creatures have lived on its surface, all of which have been fashioned by God.“

Später zitiert Gavin Spurgeon aus einer weiteren Predigt:

„We have discovered that thousands of years before that God was preparing chaotic matter to make it a fit abode for man, putting races of creatures upon it who might die and leave behind the marks of His handiwork and marvelous skill before He tried His hand on man.“

Beide Zitate zeigen im Übrigen, dass die Gap-Theorie, die gerne Scofield zugeschrieben wird, von Spurgeon locker in seinen Predigten verwendet wurde.

Im Aktuelleren Kontext gibt es eher das Problem, dass man Spurgeons explizite und bewusst vertretene reformierte Positionen entweder übersehen, oder als eine Haltung „eines Kindes seiner Zeit“ abgetan werden. Mehr dazu findet sich in I.H. Murrays Beitrag, auf den mein Artikeltitel ja anspielt.

Insgesamt zeigen aber die drei aufgeführten Zitate, dass wir bei Christen der Kirchengeschichte generell viel mehr Abweichungen von unseren eigenen Standards gestatten, als von unseren Zeitgenossen. Die ganze Debatte, ob man nur dann Evangelikal sein kann, wenn man rigoros am Kurzzeit-Kreationismus festhält, tönt in die gleiche Richtung.

Gleichzeitig sind wir besorgt, Personen vergangener Zeit gemäß unseren Vorstellungen zu harmonisieren. So fällt es mir durchaus schwer, obige Aussagen so zu akzeptieren. Und der Druck, diese wegzuerklären (z.B.: als Verweis auf vermeintliches Frühwerk) ist immens.

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„Der Fürst der Prediger“ in einer Biographie für Kinder und Teens

Der Lebenslauf Spurgeons wird regelmäßig neu aufgearbeitet, was bei einem Prediger durchaus überraschend sein kann, da ein Prediger nun mal etwas nachgeht, dass jedem bekannt sein dürfte, nämlich der Predigt. Nichts im Vergleich zu den zahlreichen Prüfungen und Abenteuern eines Missionars, oder? Dennoch haben wir uns als Familie an diese Biographie Spurgeons in kindsgerechter Sprache gewagt und haben die Kapitel als morgendliche Frühstückslektüre genossen. Jedes der zehn Kapitel des Buches, das den ersten Band einer bereits vierteiligen Reihe darstellt, liess sich dabei gut auf meistens zwei Lesungen aufteilen. Dadurch, dass gezielt Stationen des Lebens Spurgeons herausgesucht werden (Bekehrung, erste Predigt, Heirat, Brand in der Music Hall etc…) werden die Kinder nicht mit zahlreichen Informationen überhäuft und können dennoch eine rote Linie in der Entwicklung Spurgeons verfolgen.

Sehr positiv herauszuheben ist, dass keine Hagiographie betrieben wird, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut dargestellt wird, der ebenfalls mit Zweifeln, Verunsicherungen und Anfächtungen kämpft. Dadurch lässt sich gut vermitteln, dass hier ein Stück Heilsgechichte stattfindet, da Gott eingreift,rettet und dafür einen Menschen mit seinen Schwächen benutzt. Dadurch hilft diese Biographie uns, auch in unserer Zeit mutiger auf die Gnade und das Eingreifen Gottes zu hoffen, Dass einer ein „Glaubensheld“ wird, liegt nun mal nicht an irgendwelchen intrinsischen Qualitäten, sondern am Wirken Gottes. Weiterlesen

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Tipp: Die Schatzkammer Davids

Am 15. November wird es wieder möglich sein die Schatzkammer Davids zu erwerben. CLV hat sich die Mühe gemacht das Werk vollständig durchzusehen, an Stellen neu zu übersetzen und zu überarbeiten. Die Bilder lassen auch drucktechnisch eine hochwertige Ausgabe erwarten.

Wer mit den Psalmen arbeitet, kann auf diese Arbeit Spurgeons kaum verzichten. Was das Werk besonders hilfreich macht, ist, dass Spurgeon nicht nur eine eigene Vers-für-Vers-Auslegung macht, die oftmals auch tief in sprachliche Details geht (man staunte zurecht: Wow, Spurgeon konnte Griechisch und Hebräisch!), sondern auch sehr viele Hinweise unterschiedlicher Autoren, vor allem der Puritaner aber auch der Reformatoren zusammengetragen hat. Die Homiletischen Winke runden die Besprechung eines jeden Psalmes ab und sind vor allem für Einsteiger im Predigt- oder Bibelarbeitdienst super hilfreich.

Das Werk wird für 179 EUR erhältlich sein.

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Ratschläge für Seelengewinner

Ein Betrunkener trat eines Tages auf Rowland Hill zu und sagte: »Ich bin einer von Ihren Bekehrten.« – »Ich glaube wohl, dass Sie das sind«, erwiderte der scharfsinnige und verständige Prediger, »aber Sie sind keiner von des Herrn Bekehrten, sonst würden Sie nicht betrunken sein.« Auf diese praktische Probe müssen wir alle unsre Werke stellen.

71mpXEFYSjLWie führt man eigentlich Menschen zu Christus? Oft lässt man es gar nicht bis zu dieser Frage kommen, der Glaube bleibt egoistisch. Oftmals sehen wir nur noch Schwierigkeiten, Glaubensproben, Niederlagen … Da bleibt für ein klares Zeugnis des Evangeliums kaum noch Zeit oder Kraft. In meinen russlanddeutschen Kreisen sind es vor allem Hausfrauen, die über Jahre hinweg kaum Kontakt mit Nicht-Gläubigen bekommen.

Mit den Kindern zum Kinderarzt und der gelegentliche Einkauf und schnell ist man wieder in seinem gewohnten Kreis. Ich erinnere mich an drei Wochen, die ich mal in einem christlichen Hilfswerk verbracht habe: Es waren eben alle um mich herum Christen und bei weitem erfahrenere und reifere. Irgendwann habe ich mich tatsächlich gefragt, wann ich denn anfangen kann von Christus zu zeugen.

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