Wenn einem Nachts das Fieber befällt, greift man zu Ibuprofen, bei anhaltendem Husten zur Thymian-Salbe und bei Schlaflosigkeit zu einem Baldrian Tee. Es gibt Situationen, da tut Medizin gut, ja wahre Wunder. Das erlebt man auch an tröstlichen Büchern. Man sollte sich angewöhnen, die gleiche „ich greife zum Medikament“-Mentalität in geistlichen Krisen/Krankheiten/Schwächen zu entwickeln. Ein Buch zu dem ich während geistlicher Unpässlichkeit greife, ist „Ich bin der Herr den Arzt“ von C.H. Spurgeon. Die Tage habe ich wieder einige Seiten daraus gelesen. Das kurze Werk enthält kurze Lektionen, die häufig nur eine halbe bis höchstens 2 Seiten lang sind. Einzige Ausnahme ist das einleitende Kapitel „Die Wahl des Kreuzes“, das blickt ein bisschen tiefer, theologischer auf die Frage des Leids. Hier finden sich viele wertvolle Gedanken, gleich vom ersten Bissen entfaltet diese Medizin ihre Wirkung, ich zitiere vom Beginn des Werkes, über die Wahl des Kreuzes.:
Weiterlesen: Trostworte aus „Ich bin der Herr dein Arzt“ über die Wahl des Kreuzes.„Alle Kinder Gottes werden gezüchtigt; aber nur selten dürfen sie wie David die Rute auswählen, aus einer Anzahl von Trübsalen die leichteste aussuchen. Gewöhnlich erscheint uns gerade das Kreuz, das uns auferlegt ist, als das schwerste. »Ich weiß wohl«, heißt es, »dass wir Trübsal haben müssen, aber mein gegenwärtiges Leiden ist das schwerste, das mich treffen konnte. Jedes andere Kreuz könnte ich leichter tragen.«
Der eine sagt: »Ach, körperliche Schmerzen wollte ich gerne ertragen.« Der andere meint: »Na ja, arm wollte ich gerne sein, wenn ich nur gesund wäre!« Der Dritte erklärt: »Spott und Verfolgung von den Gottlosen wollte ich mir gerne gefallen lassen, aber Armut ist doch zu schwer zu ertragen.« Und so weiter. Der Herr aber hat alles für jeden geordnet. Wir sind nicht die Herren, sondern die Knechte in seinem Haus und haben nur zu gehorchen.
Aber stelle dir einmal vor, du dürftest wählen! Du würdest dann die Wahrheit des Sprichworts erfahren: »Wer die Wahl hat, hat die Qual.« Wählst du körperliche Krankheit? Sag nicht so schnell: »Ja!« Ich weiß, was Krankheit ist, und auch, wie unerträglich sie sein kann. Dann etwa Armut? Mancher weiß ein Lied von ihr zu singen, und zwar kein frohes. Es ist ganz gewiss kein Vergnügen, abends nicht zu wissen, woher am folgenden Morgen das Geld für Nahrung und Kleidung kommen soll, und von wohltätigen Spenden abhängig zu sein. Oder wählst du Schmach und Verleumdung? Die können sogar einem starken Mann das Herz brechen. Oder soll es etwa der Verlust deiner Lieben sein? Möchtest du wirklich, dass der Gefährte oder die Gefährtin deines Lebens dir genommen wird oder dass dir ein Kind vom Herzen gerissen wird?
Wenn du die Wahl unter all diesen Kreuzen hättest, ginge es dir wohl wie den Eltern, die aufgefordert wurden, eines ihrer zehn Kinder einem anderen zu überlassen. Das erste Kind konnten sie nicht hergeben, denn es war der Stammhalter; das zweite nicht, weil es ein sehr zartes Mädchen war; das dritte war seiner Mutter Ebenbild und das vierte war ganz besonders lieb. Und so ging es fort bis zum Nesthäkchen, das noch an der Brust seiner Mutter lag und das man ihr natürlich gar nicht nehmen konnte. So hätten auch wir gegen jedes Kreuz einen besonderen Einwand, und die Wahl des Kreuzes allein wäre schon »ein schweres Kreuz«.
Dazu würden wir uns wahrscheinlich ein schlimmeres Kreuz wählen als das, was wir schon tragen müssen. Unser erstes Gefühl wäre: Wir müssen unser bisheriges Kreuz loswerden; wir sind dieses Kreuz leid, und wir meinen, jede Veränderung werde auch eine Verbesserung sein. Wir sehen, wie unser Freund unter seinem Kreuz so fröhlich ist, und wünschen uns an seine Stelle. Aber glaube mir: Gott hat die Last deinem Rücken und deinen Rücken der Last angepasst, und ein Vertauschen der Last brächte für dich und deinen Freund nur Nachteile.“