Alle Artikel in der Kategorie “Rezensionen

Kommentare 1

„Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“
Der vollständige Text eines Lied-Klassikers

Heute morgen bin ich mit den Klängen dieses Liedes aufgewacht. Diese Zeile einer Strophe blieb sitzen: „Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“ Wie viele unserer Probleme, unserer Sorgen sind auf unsere Selbstversessenheit zurückzuführen!

Der Wikipedia-Artikel zu diesem Lied zeigt alle ursprünglichen Strophen, die Gerhard Tersteegen 1757 zum heute als  „Ich bete an die Macht der Liebe“- Lied veröffentlicht hat. Die Originalfassung wurde nach der Melodie „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ gesungen. Da jedes Liederbuch das dieses Lied enthält, heute unterschiedlich gekürzte Fassungen führt, fand ich es interessant, die vollständige Fassung zu beleuchten.

„Für dich sei ganz mein Herz und Leben,
mein süßer Gott, und all mein Gut,
für dich hast du mir’s nur gegeben,
in dir es nur und selig ruht.
Hersteller meines schweren Falles,
für dich sei ewig Herz und alles.

Ich liebt und lebte recht im Zwange
Wie ich mir lebte, ohne dich;
Ich wollte dich nicht, ach so lange!
Doch liebtest du, und suchtest mich,
Mich böses Kind aus bösem Samen
Im hohen, holden Jesus-Namen

Dein Vaters Herzens Eingeweide
In diesem Namen öffnen sich;
Ein Brunn der Liebe, Fried und Freude,
Quillt nun so nah, so mildiglich;
Mein Gott, wenn’s doch der Sünder wüsste!
Sein Herz alsbald dich lieben müsste.

Ich bete an die Macht der Liebe,
die sich in Jesus offenbart;
ich geb‘ mich hin dem freien Triebe,
wodurch ich Wurm geliebet ward;
ich will, anstatt an mich zu denken,
ins Meer der Liebe mich versenken.

Wie bist du mir so zart gewogen.
Und wie verlangt dein Herz nach mir!
Durch Liebe sanft und tief gezogen
neigt sich mein Alles auch zu dir.
Du traute Liebe, gutes Wesen,
du hast mich und ich dich erlesen.

Ich fühls‘, du bist’s; dich muss ich haben:
Ich fühls‘, ich muss für dich nur sein:
Nicht im Geschöpf, nicht in den Gaben;
Mein Plätzchen ist in dir allein:
Hier ist die Ruh, hier ist Vergnügen;
Drom folg ich deinen selgen Zügen

Ehr sei dem hohen Jesus-Namen!
In dem der Liebe Quell entspringt,
von dem hier alle Bächlein kamen,
aus dem der Selgen Schar dort trinkt:
Wie beugen sie sich ohne Ende! (2 Stimme: Wir beugen uns mit ohne Ende)
Wie falten sie die frohen Hände (2 Stimme: Wir falten mit die frohen Hände)

O Jesu, dass dein Name bliebe
im Herzen tief gedrücket ein;
möcht deine süße Jesusliebe
in Herz und Sinn gepräget sein.
Im Wort, im Werk und allem Wesen
sei Jesus und sonst nichts zu lesen.“

Kommentare 0

„Evangelischer Glaube Kompakt“ von Thomas Schirrmacher
Darüber wie es ist, als Nicht-Presbyterianer das Westminster Bekenntnis zu lesen

Das hat mich zunächst in dieser Version des Westminster Glaubensbekenntnisses von 1647 (Im folgenden mit WB abgekürzt) von Thomas Schirrmacher irritiert, dass er das Werk mit einem zusätzlichen Titel versieht: „evangelischer Glaube kompakt“. Je mehr ich aber auf diese Bekenntnisschrift zurückgreife, desto eher sehe ich es als eine Art „Cheat-Buch“ für dogmatische Fragen.  Als ich vor einiger Zeit z.B. für eine Jugendgruppe einen Vortrag über das Thema Heilsgewissheit vorbereitet habe, griff ich vollständig auf die Struktur zurück, wie es das WB In Kapitel 18 darstellt: Behutsam entwickelt das Bekenntnis an dieser Stelle, dass es vor allem um den Wachstum im Glauben geht, dass Heilsgewissheit möglich, aber nicht heilsnotwendig sei, erstrebenswert, aber nicht auf eine zu verzweifelnde Weise, sondern im Gottvertrauen anzueignen.

Oder nehmen wir Kapitel 9: Vom freien Willen. Das Bekenntnis hat hier die augustinische Struktur im Hintergrund, so dass es die Willensfreiheit vor dem Fall, nach dem Fall, nach der Wiedergeburt und in der Herrlichkeit betrachtet. Somit fällt die Antwort nicht einfach plump mit „ja oder nein“  aus, sondern führt zielstrebig zur Frage nach „echter Willensfreiheit“  Mit den Worten des Bekenntnisses, dass es übrigens kostenfrei zum Download gibt: (Artikel 9,5) „Der Wille des Menschen wird erst im Stand der Herrlichkeit volkkommen und unveränderlich frei gemacht, nur Gutes zu tun.“ Damit argumentiert das Bekenntnis an dieser Stelle völlig anders, als die übliche evangelikale Lösung, die meint, wir würden im Himmel nicht mehr sündigen, weil Satan nicht mehr da sei.

Sehr hilfreich auch für Jungscharunterricht oder allgemein Jüngerschaft, sind die ersten Kapitel des Bekenntnisses generell: Da wäre das erste Kapitel von der Heiligen Schrift zu erwähnen, das bei weitem nicht so plump formuliert ist, wie es gerne die liberalen Christen bibelgläubigen Evangelikalen vorwerfen, und natürlich das Kapitel über die Dreieinigkeit, oder schließlich, das sei besonders hervorgehoben,  das Kapitel über Christus den Mittler.

Das Mittelstück des Bekenntnisses bilden Fragen der Errettung, wie der Rechtfertigung, der Adoption, der Buße, des Ausharrens und des Gesetzes Gottes mit abschließenden Fragen nach der Beziehung zwischen Staat und Kirche, des Sabbats, der Ehe und den Sakramenten, sowie der Gemeindezucht.

Wer ein Bekenntnis aus reformierter Sicht sucht, kommt niemals an dieser Bekenntnisschrift vorbei. Schirrmachers Ausgabe wird durch zahlreiche Stützstellen und durch die weiteren Varianten dieser protestantischen Bekenntnisschrift deutlich bereichert. John Owen war bekanntlich nicht der presbyterianischen Kirchenordnung zugeneigt, und erweiterte das Kapitel zum Thema „Gemeinde“ erheblich. Diese Variante wiederum war grundlegend für Anpassungen zum Thema Taufe und formten so das Glaubensbekenntnis der britischen Baptisten (natürlich das von 1689).  Auf diese Weise kann Schirrmacher aufzeigen, wie zentral das WB für unterschiedliche protestantische Strömungen wurde. Weiterlesen

Kommentare 0

Wie auf Perelandra über Gottes Willen im Bösen diskutiert wurde
"O felix culpa" auf der Venus

Perelandra: Die Perelandra-Trilogie, Band 2 by [C. S. Lewis]Endlich habe ich mich gewagt die Science-Fiction Trilogie von C.S.Lewis zu lesen. Sie ist als Gegenentwurf zu der zu seiner Zeit aufkeimenden Science-Fiction-Literatur zu verstehen. Entgegen den zahlreichen Werken von H.G.Wells (auch heute noch durch Krieg der Welten bekannt) geht in C.S.Lewis Space-Trilogie die Gefahr nicht vom Außerirdischen Leben, sondern vom Menschen aus. Im ersten Band wird der Linguist Ransom von zwei Wissenschaftlern auf den Mars (im Buch Malakandra genannt) entführt, die hoffen, die großen Goldvorkommen dort im Austausch für ein Menschenopfer Ransoms erwerben und ausbeuten zu können.

Nur durch das Eingreifen der Eldila, einer Art Boten Gottes (auf einem Planet ohne Sündenfall leben alle ein Leben vor Gott), kann die schlimmste Katastrophe verhindert werden, und die Menschlinge werden wieder zurückgeschickt.

Ransoms Blick auf das Leben wird durch diese Begegnung verändert und er wird von den Eldila auf eine weitere Mission nun auf den Planeten Venus (von den Bewohnern dort Perelandra genannt) geschickt. Er weiß nur, dass er eine große Gefahr unterbinden soll, aber nicht genau welche. Bald begegnet er einer Königin auf diesem Planeten, die auf der Suche nach ihrem König ist. Beide sind eine Art Ureva und Uradam. Im Grunde nutzt C.S. Lewis diese Szene um Dialoge von einem Menschen nach dem Sündenfall mit den Menschen vor dem Sündenfall zu ermöglichen. Weiterlesen

Kommentare 0

Christus in der ganzen Schrift erkennen und verkündigen
Literaturhinweise für ein Bibelstudium mit Christus im Zentrum

Preaching Christ in All of Scripture (English Edition) by [Edmund P. Clowney]Meine Reise in ein Bibellesen mit Christus im Zentrum fing mit Edmund Clowney an. Zuerst bin ich auf die von Clowney mit Tim Keller gemeinsam gehaltene Vorlesung „Preaching Christ in a Postmodern World gestoßen“.  Diese war ein gewisser Startpunkt und später griff ich zur Vorlesung zur biblischen Theology von Clowney, die ebenfalls kostenfrei zugänglich ist.

Seine Strategie stellt Clowney in Kürze auch in einem Essay vor, der das Einleitungskapitel zu einem Predigtsammelband von ihm darstellt: Preaching Christ in All of Scripture – Christus aus der ganzen Schrift predigen.

Durch Clowney habe ich auch unerwartete Fährten der Schrift entdeckt, die zu Christus führen. In seiner Vorlesung führt Clowney aus, wie z.B. das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ auf Christus zeigt: Gott nimmt nicht eine bereits vorhandene Institution der Ehe, um diese als Metapher für die Liebe Christi zu seiner Gemeinde zu verwenden, sondern die Ehe ist ein Abbild einer längst, ja vor Grundlegung der Welt vorhandenen Realität, der dienenden Liebe Christi. Unsere Ehen werden an diesem Anspruch, der im Sohn Gottes zu sehen ist, gemessen. Deswegen ist Ehebruch und Hurerei auch so tragisch, da wir dem nicht nachkommen, zu dem wir als Abbilder/Bilder Gottes berufen sind. Apropos Bilder Gottes. Sollen wir uns nicht auch deswegen keinerlei Bilder von Gott machen, da Gott selbst „den Abganz seiner Herrlichkeit“ (Heb. 1.1-2) in seinem Sohn zeigen will und wir eben nur einen Antichristen produzieren würden, wenn wir selber ein Bild von Gott machen würden?

In dieser Weise entdeckt und beschreibt Clowney, wie alle Spuren, Bilder, Gedanken, Gebote, Traditionen und Praktiken der Bibel zu Christus führen. Ist Christus in den Gesetzen der Thora zu finden, verstehen wir plötzlich, warum sich die Psalmsänger an den Geboten, ob nun den Zeremonialgesetzen oder den juristischen, derart erfreuen: „HERR, wenn ich an deine ewigen Ordnungen denke, so werde ich getröstet. (…) Deine Gebote sind mir ein Lied geworden“ (Ps. 119,52.54) Weiterlesen

Kommentare 0

Vom Passa von Melito von Sardes
Die älteste christliche Osterpredigt

St. Melito of Sardis - Saints & Angels - Catholic OnlineIm Rahmen meiner Vorbereitung einer Predigt zu Christus im Alten Testament habe ich relativ ausführliche Recherchen gemacht. Dabei bin ich auch auf diese Osterpredigt von Melito von Sardes gestoßen. Das Werk selbst wurde erst vor etwas mehr als 150 Jahren entdeckt und ist überraschend gut erhalten. Dabei handelt es sich um ein sehr frühes Werk der Kirchengeschichte. Ja, dieser Melito kam tatsächlich aus dem Sardes, dass wir aus der Offenbarung kennen. Sehr lesenswerte Hinweise zum Hintergrund der Schrift finden sich in der Einleitung von Blank zu diesem Werk. Auch die notierten Parallelstellen  rechts neben dem Predigttext sind eine Hilfe für den Hintergrund dieser Predigt.

Das Werk ist  relevant für das Verständnis der Beziehung von Altem und Neuen Testament, dass in der Alten Kirche spätestens durch den Einfluss von Marcion, der das Alte Testament als nicht kanonisch ablehnte, relevant wurde.

Dabei ist das Werk von Melito auch homiletisch bzgl. der verwendeten Sprachfiguren interessant, so arbeitet Melito häufig mit Aufzählungen oder Gegenüberstellungen. Zwei Beispiele:

Diese Anwendung sieht Melito in den bitteren Kräutern, die zum Passahlamm gereicht wurden:

„Daher ist bitter geworden
dir das Fest der ungesäuerten Brote,
wie von dir geschrieben steht:
Ihr werdet Ungesäuertes mit Bitterkräutern essen.
Bitter sind dir die Nägel, die du zugespitzt hast;
bitter die Zunge, die du geschärft hast;
bitter die falschen Zeugen, die du aufgestellt hast;
bitter die Stricke, die du bereitgelegt hast;
bitter die Geiseln, die du geflochten hast;
bitter Judas, den du gekauft hast;“

oder an einer anderen Stelle, an dem die Symbolik des AT mit der Präsenz des Neuen Testaments verglichen wird:

Denn wertvoll war einst die Schlachtung des Schafes,
nun ist sie wertlos wegen des Lebens des Herrn.
Wertvoll war der Tod des Schafes,
nun ist er wertlos wegen des Heiles des Herrn.
Wertvoll war einst das Blut des Schafes,
nun ist es wertlos wegen des Geistes des Herrn.
Wertvoll war einst das stumme Lamm,
nun ist es wertlos wegen des schuldlosen Sohnes.
Wertvoll war der Tempel unten,
nun ist er wertlos wegen des Christus droben.
Wertvoll war das untere Jerusalem,
nun ist es wertlos wegen des
oberen Jerusalem

Die Osterpredigt ist deswegen interessant, weil es ein sehr frühes Zeugnis dafür ist, wie die Kirchenväter das Evangelium in der Botschaft des Alten Testaments erkannten und anwendeten. Melito geht von der Beziehung von Vorbild (Typos) und Wahrheit (Aletheia) aus. Dabei hat aber schon das Typos das Mysterium der eigentlichen Botschaft in sich. Das Beispiel, dass Melito wählt, um diese Beziehung zu illustrieren fand ich dabei besonders stark. Melito geht der Frage nach, was den Engel davon abhielt, die Erstgeburt derer, die ihre Hauspforte mit Lammes Blut strichen, zu schlagen. Seine Antwort: es ist die Wahrheit hinter dem Symbol, die wirkt:

O unsägliches Mysterium!
Die Schlachtung des Schafes
wurde als die Rettung des Volkes erfunden,
und der Tod des Schafes
wurde des Volkes Leben
und das Blut
schreckte den Würgengel ab.
Sage mir, Engel,
wovor schrakst du zurück?
Vor der Schlachtung des Schafes,
oder vor dem Leben des Herrn?
Vor dem Tod des Schafes,
oder vor dem Vorbild des Herrn?
Vor dem Blut des Schafes,
oder vor dem Geist des Herrn?
Offensichtlich warst du erschrocken,
weil du das Mysterium des Herrn
in dem Schaf geschehen sahst,
das Leben des Herrn
in der Schlachtung des Schafes,
das Vorbild des Herrn
in dem Tod des Schafes;
darum schlugst du Israel nicht,
sondern machtest nur Ägypten kinderlos.
Was ist das für ein neues Mysterium?
Ägypten wird geschlagen zum Verderben,
Israel wird behütet zum Heil!

Insgesamt ein gelungenes Werk. Als radikaler Protestant freue ich mich jedes mal über so viel Kongruenz mit den Kirchenvätern. Christus als hermeneutischer Schlüssel zum Alten Testament wird von Melito hilfreich und wegweisend angewandt. Die Frage wie nun aber die Beziehung von Israel und Gemeinde gegenwärtig sind, bleibt aber etwas unbeantwortet, was aber offensichtlich auch nicht die Absicht dieses Predigers war.

Wer ausführlicher in das Thema „Christus aus dem alten Testament predigen“ einsteigen möchte, wird sicherlich in Sidney Greydanus Buch „Preaching Christ from the Old Testament“ einen guten Begleiter finden.

 

Kommentare 0

Buchvorstellung: Als Oma ein Flüchtling war

Verena Klassen: Als Oma ein Flüchtling war

Millionen Flüchtlinge sind zurzeit unterwegs. Das sind Zahlen, die man sich nicht vorstellen kann. Vielleicht kennst du Flüchtlingsgeschichten aus der Vergangenheit, als deine Vorfahren betroffen waren. Vielleicht, als deine Oma ein Flüchtling war. Aber auch das ist schon lange her. Doch vielleicht stehen gerade jetzt Flüchtlinge vor deiner Tür, vor der Tür deiner Gemeinde oder in der Nachbarschaft. Und du stellst fest, das sind nicht einfach irgendwelche von diesen Millionen, sondern Menschen mit Namen, Charakter und Herzen so wie du. Das sind deine Nächsten. Weiterlesen

Kommentare 0

Unterm Rad von Hermann Hesse
Eine Erzählung über ein vernachlässigtes Thema

Hermann Hesse auf suhrkamp.de„Unterm Rad“, einer frühen Erzählung von Hermann Hesse ist es zu verdanken, dass ich ein wenn auch gespaltener Fan von Hesse bin.  Die Novelle handelt von Hans Giebenrath, einem begabten Jugendlichen, der an den Ansprüchen der Pädagogik an ihn schließlich endgültig scheitert. Natürlich ist hier auch eine Abrechnung Hesses mit der preußischen Internatskultur zu finden. Doch diese lokale Interpretation hat den globalen Gedanken,  dass es eine DER Urängste des Menschen ist, unter die Räder zu kommen: Ob nun die Räder der Umstände, oder der eigenen Ansprüche, die Gefahr einer vollständigen Katastrophe begleitet den Menschen bereits bei den ersten (erfolgreichen?) Schritten einer schulischen Laufbahn.

Ich glaube „Unterm Rad“ liefert einige gute Analysen dafür, dass z.B. auch wohlwollende Nächste, den schaurigen, von Beginn vorhandenen Prozess des Untergehens nicht wahrnehmen können: Hans, als einziger aus seiner Stadt, erreicht die Teilnahme an einem Landesexamen in Stuttgart. Entsprechend bekommt er zwar einerseits Extraunterricht, aber auch Angelverbot und eine Einschränkung des Umgangs mit seinen Freunden. Jeder blickte auf eine zukünftige herrliche Karriere von Hans, aber nicht auf die verkümmernde Seele des Jungen. Lediglich der Schuster und pietistische Stundenbruder Flaig sieht mehr, gibt andere Ratschläge, scheitert schließlich aber auch daran, den „Jungen zu retten“ (Vergleiche dafür auch das ausführliche Zitat am Ende des Artikels).

Natürlich zeigt Hesse auch den Gegentyp von Hans auf, in Form von Hermann Heilner, dem Hans auf dem Internat im Kloster Maulbronn begegnet, nachdem er das Examen in Stuttgart überraschend gut bestanden hat. Heilner ist wohl intelligent und macht sich nichts aus der Schule und auch nichts daraus, dass er irgendwann, nach einer unerlaubten Flucht, des Internats verwiesen wird. Doch hier ist ja nicht wirklich eine Lösung für das „Ausharren im Räderwerk“ zu finden, sondern eher ein Entzug, eine Flucht aus dieser Räderung. Weiterlesen

Kommentare 0

Der jüdisch-amerikanische Radio-Moderator Dennis Prager über Evangelikale
Das Leseverhalten der Evangelikalen aus jüdischer Sicht

Dennis Prager ist in Amerika schon jahrzehntelang als konservativer und ungewöhnlicher Radiomoderator bekannt. Seine Analyse des Leseverhaltens evangelikaler Christen dürfte global ins Schwarze treffen. Entdeckt, via Monergism:

„Eine Sache, die mir bei Evangelikalen aufgefallen ist, ist, dass sie nicht lesen. Sie lesen die Bibel nicht, sie lesen die großen christlichen Denker nicht, sie haben noch nie von Aquin gehört. Wenn sie Presbyterianer sind, haben sie noch nie die Begründer des Presbyterianismus gelesen. Das kann ich nicht verstehen. Als Jude ist das für mich verwirrend. Das Gebot des Studiums ist im Judentum so tief verwurzelt, dass wir uns in das Studium vertiefen. Gott hat uns ein Gehirn gegeben, sollen wir es nicht in seinem Dienst einsetzen? Wenn ich das Haus eines evangelikalen Christen betrete und insgesamt 30 Bücher sehe, die meisten davon Bestseller, verstehe ich das nicht. Ich habe Bücherregale mit christlichen Büchern, und ich bin Jude. Warum habe ich mehr christliche Bücher als 98 % der Christen in Amerika? Das ist so seltsam für mich.“

O-Ton: Weiterlesen

Kommentare 0

Aus „Heaven on Earth“
Thomas Brooks über den Umgang mit Information

Thomas BrooksThomas Brooks gibt im Vorwort seines Buches über die Heilsgewissheit (Hier kostenfrei im Web) einen Ratschlag, wie man weise mit Wissen, Information, Büchern u.Ä. umgehen kann:

„Ein Vater, der drei Söhne hatte, wollte sie auf ihre Vernunft prüfen und gab jedem von ihnen einen Apfel, an dem ein Teil faul war.

Der Erste aß seinen Apfel auf, mit allem, was faul war;

Der Zweite warf alles weg, weil ein Teil davon faul war;

Der Dritte nahm das Faule heraus und aß das, was gut war.

Der Dritte war der Weiseste.

Die einen verschlingen in diesen Tagen alles, das Faule und das Gute zusammen;

Die anderen verwerfen die ganze Wahrheit, weil alles, was ihnen vorgesetzt wird, nicht die Wahrheit ist;

aber die Weisesten sind die, die das Gute zu wählen und das Böse abzulehnen wissen… (Jes. 7,15.)“


Jes.7: 15 Butter und Honig wird er essen, bis er weiß, Böses zu verwerfen und Gutes zu erwählen.

 

Kommentare 0

Zitate aus De Dono Perseverantiae
Augustinus über die Gabe des Ausharrens bis zum Schluss

Lesezeit: 31 Minuten

Ein Tag im Zeichen des Augustinus - einBLICK - Online-Magazin der Universität Würzburg

Das Werk Augustins De Dono Perservantiae“ ist eigentlich ein Brief Augustins an Hillarius, und kann als zweites Buch über die Vorherbestimmung verstanden werden, denn es baut in weiten Teilen darauf an. Inhaltlich lassen sich beide Werke dennoch gut unabhängig von einander lesen. Tatsächlich war dieses Werk, eines der ersten von mir, dass ich von Augustinus gelesen habe. Die praktischen Implikationen aus der Überlegung, dass die Errettung eine Gnadengabe Gottes sind, sind bei Augustinus an der Frage nach dem Ausharren bis zum Schluss ausgerichtet. Eine Anwendung, wie man sie in der Reformation vor allem für die Glaubensgewissheit gezogen hat, wird man aber nur angedeutet finden. Auch die Frage nach der Identität ist hier weniger vorhanden, wenn auch Augustinus darauf in anderen Werken eingeht.

Das Werk ist im Mittelalter auch unter dem Titel “Die Vorzüge  des Geschenkes der Beharrlichkeit” bekannt gewesen. Mir war es nicht möglich eine deutsche Version des Buches zu finden, so dass ich es auf Englisch gelesen habe. Eine doppelte Übersetzung will ich meiden, und habe deswegen diesmal die Zitate auf Englisch belassen. Ich verweise gerne auf deepl.

Im Grunde genommen habe ich beim Lesen immer wieder ein Deja-Vu erlebt: „Ach Augustinus hat ja dieses Beispiel auch schon erwähnt“, deswegen bespreche ich dieses Werk sehr ausführlich mit sehr vielen Zitaten direkt und ungekürzt aus dem Werk. Entsprechend versuche ich im Folgenden über alle 69 Kapitel des Werkes einen Überblick zu geben. Die englische Übersetzung des Werkes findet sich übrigens auch kostenfrei im Web.

Zu Anfang seines Werkes definiert Augustinus, dass er “nicht über Worte streiten möchte”, aber er Ausharren  als die Gabe definiert, im Glauben bis zum Schluß auszuharren: “And the believer of one year, or of a period as much shorter as may be conceived of, if he has lived faithfully until he died, has rather had this perseverance than the believer of many years’ standing, if a little time before his death he has fallen away from the stedfastness of his faith.” Weiterlesen