Alle Artikel in der Kategorie “Rezensionen

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Ein Lied aus der Internatszeit des Grafs von Zinzendorf

Aktuell lese ich den 1957 erschienen ersten Bund der Zinzendorf-Trilogie vom Historiker Erich Beyreuther: „Der junge Zinzendorf“. Ehrlich gesagt finde ich die Mischung aus kühler Distanz und harscher Bewunderung, die Beyreuther zu Zinzendorf aufzeichnet, irritierend, aber das Leben Zinzendorfs fasziniert von frühester Kindheit an.

Bereits in jüngsten Jahren lernt er den Heiland lieben. Kurz nachdem er lesen und schreiben lernt, schreibt er an seinen Heiland Briefe und redet mit Jesus, in dem er im Zimmer auf und ab geht. Diese Heilandliebe fängt bei ihm bereits in seinem dritten Lebensjahr an. Zinzendorf schreibt später selbst über sich: „1703 fing ich an, Gott mit Ernst zu suchen, soviel es meine kindlichen Ideen an die Hand gaben, sonderlich aber ist von der Zeit an mein beständiger Vorsatz gewesen, ein rechter, treuer Diener Jesu zu werden.“

Dabei sollten ihm schon früh heftige Prüfungen wiederfahren. Die Großtante, die im gleichen Haus wohnt und überzeugte Lutheranerin ist, kann den Pietismus und die Pietisten nicht ertragen und verpasst dem jungen Zinzendorf Prügel, wenn er „vom lieben Heiland spricht“.

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Oswald Sanders: „Und die Menschen ohne Evangelium?“

Der 1992 verstorbene Oswald Sanders war langjähriger Leiter der China-Inland Mission und ist bis heute als Autor geschätzt. Eher durch einen Zufall ist mir das 1966 zuerst erschienene Büchlein “Und die Menschen ohne Evangelium?” in die Hände gefallen. Ich finde es ein hoch aktuelles Thema, da in christlichen Kreisen heute nahezu selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass auch Menschen, ohne Evangelium” durch das Zeugnis des natürlichen Gesetzes” (genauer beruft man sich meist auf Röm. 2,14-15) einen Weg zu Gott finden können. Meist geht man davon aus, dass Gott jedem Menschen eine Chance gibt.

Das heutige Mindset ist völlig auf die Entscheidungsfreiheit ausgelegt und unterscheidet sich von den Vorschlägen, die zur Zeit der Entstehung des Buches diskutiert wurden. Damals ging man meist von unterschiedlichen Varianten der Allversöhnung aus. Obwohl Sanders somit eine andere Ausgangssituation hat, war es gewinnbringend das Thema mit den Augen eines Missionars zu betrachten. Sanders konnte es noch erleben wie in den Jahren nach dem Krieg mit der Botschaft “der unerreichten Millionen” plötzlich keine Missionare und kein Missionseifer mehr erreicht wurde. “Die Gründer der modernen Missionsbewegung waren Männer, für die die Ewigkeit furchtgebietend war und die nicht leichtfertigt mit dem ewigen Los der Seele spielen konnten. Sie glaubten, dass Christus der einzige Erlöser ist und dass die Menschen ohne Ihn keine Hoffnung haben können.” (S. 17, eigene Hervorhebung). Sanders erinnert an das Selbstzeugnis von Hudson Taylor (das im Übrigen eine übliche Sicht war, wie Sanders unterstreicht): “Ich hätte nie daran gedacht, nach China auszuziehen, wenn ich nicht daran geglaubt hätte, dass die Chinesen verloren seien und Christus brauchten”. (S. 18)

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„The Flow of the Psalms“ von O. Palmer Robertson

O. Palmer Robertson ist vor allem durch sein Werk „The Christ of the Covenants“ bekannt. In der Vorbereitung für eine Predigt zum 111 Psalm (erscheint demnächst auf glaubend.de) bin ich auf „The Flow of the Psalms, Discovering their Structure and Theology“ gestoßen. Von vielen Kommentarwerken, die ich bis dato für unterschiedlichste Psalmen referenziert habe, war dieses Werk das hilfreichste. Und das, weil es sowohl auf die Entwicklung innerhalb der Psalmen selbst, wie auch die Entwicklung in genauer analysierten Abschnitten bzw. den Fünf Büchern der Psalmen blickt und doch gleichzeitig auch die Stellung der Psalmen im Kanon, wie auch den Sitz im Leben der Texte betrachtet. Um es an den sieben Hallelujah- Psalmen zu illustrieren, die uns in Psalm 111-117 begegnen:

Hier fällt uns zunächst eine ausgefallene: Chiastische Struktur auf. Psalm 111 und 112 haben jeweils zu Beginn ein Hallelujah. Psalm 113 zu Beginn und zum Schluss, Psalm 114 gar keines, während Psalm 115 und 116 jeweils zum Ende des Textes ein Hallelujah enthalten und Psalm 117 sowohl zu Beginn, wie zum Schluss. Was entsteht ist eine gespiegelte Struktur an Psalm 114. Dieser steht sozusagen im Zentrum dieser Loblieder. Interessant dabei: das aller erste Mal wird der Aufruf an alle, Gott zu loben (Bedeutung von „Hallelu-Jah“), erst in Psalm 106, dem letzten Psalm des vierten Buches der Psalmen laut. Fast exklusiv bleibt der Ruf zum Gotteslob auf das fünfte Buch beschränkt.

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Wie J.H. Volkening einen Sterbenden zu Christus führte (von Wilhelm Busch)

J.H. Volkening, Erweckungsprediger

Wilhelm Busch berichtet eine ungewöhnliche Bekehrungsgeschichte in seinem Buch Jesus unser Schicksal (Ab. S. 97):

„Im Ravensberger Land hat im vorigen Jahrhundert ein gewaltiger Erweckungsprediger gelebt: Johann Heinrich Volkening. Durch die Predigten Volkenings ist das Land um Bielefeld, das Ravensberger Land, tatsächlich umgewandelt worden. Dieser Volkening wurde eines Abends zu einem reichen Bauern gerufen. Der hatte einen großen Hof und war ein rechtschaffener und fleißiger Mann. Die Er­weckungspredigten hasste er aber vom Grunde seines Her­zens.

Wissen Sie: Er lehnte es ab, ein Sünder zu sein. Er brauchte keinen Sünderheiland am Kreuz. Er sagte: »Ich tue recht und scheue niemand.« – Eines Tages wird Volkening zu ihm gerufen, weil der Bauer auf den Tod krank ist. Er will das Abendmahl. Und Volkening geht hin. Volkening war von großer Gestalt, und seine leuchtend blauen Augen fielen besonders auf. Er tritt also an das Bett dieses Bauern, schaut ihn lange schweigend an und sagt dann: »Hinrich, ich bin bange, bange bei euch. So wie bisher geht’s noch nicht in den Himmel, sondern geradewegs der Hölle zu.« Spricht’s, dreht sich um und geht. Nun, der reiche Bauer hat eine Mordswut und tobt: »Das will ein Pfarrer sein! Ist das christliche Liebe?« Dann kommt die Nacht. Der schwerkranke Bauer liegt wach. In seinem Gewissen bohrt’s: »Es geht nicht dem Himmel zu, sondern der Hölle! Wenn das wahr wäre!« Und dann fallen ihm auch allerhand Sünden ein. Er hatte Gott nicht geehrt. Und er hat gelegentlich auch sehr klug andere betrogen. In den Nächten darauf aber überfällt ihn eine richtige Angst. Er wird wirklich sehr unruhig. Er sieht auf einmal, dass es viel Schuld in seinem Leben gibt und dass er absolut kein Kind Gottes ist. Jetzt möchte er mit Ernst umkehren. Nach drei Tagen schickt er seine Frau wieder zu Volkening: »Frau, hole den Volkening!« Es ist spät am Abend. Volkening kommt sofort. Der Bauer sagt in großer Unruhe: »Pfarrer, ich glaube, ich muss umkehren!« »Ja«, erklärt Volkening, »sachte gehn kommt mit dem Alter! In der Not rufen sie, aber Notbuße – tote Buße! Es muss ganz anders kommen.« Spricht’s, dreht sich um und geht. Jetzt hat der Bauer erst recht einen Mordszorn. – Sie hätten doch auch alle einen ganz großen Zorn auf den Pfarrer, nicht? Schließlich stände der Pfarrer sich ja auch besser, wenn er mit einem reichen Bauern freundlich spräche. Es sieht doch auch so aus, als ob der Mann bald sterben würde. Aber Volkening war ein Mann, der vor Gott stand und wusste, was er sagte.

Drei Tage hat’s noch gedauert, bis der Bauer in eine schreckliche Not kam. Dann wusste er: »Ich muss sterben! Und wo sind in meinem Leben Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit gewesen?« Er hatte ein Leben lang den Heiland verachtet, der für ihn starb. Er hatte ihn weg gejagt, der in seiner Liebe vor ihm stand. Er sieht sich am Rande der Hölle und ist ein völlig verzweifelter Mann. »Frau«, bittet er, »hol den Pfarrer!« Die entgegnet: »Ich mag nicht mehr! Der hilft dir doch nicht!« »Frau, hol ihn! Ich komme in die Hölle!« Da geht dieFrau. Als Volkening kommt, findet er einen Mann, der begriffen hat: »Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten, denn was der Mensch sät, das wird er ernten!« Volkening rückt einen Stuhl ans Bett heran und fragt: »Gelt, es geht in die Hölle?« »Ja, es geht in die Hölle!« Da sagt Volkening: »Hinrich, lass uns nach Golgatha gehen! Auch für dich starb Jesus!« Und nun spricht er ihm in den freundlichsten und lieblichsten Worten davon, wie Jesus Sünder errettet. Aber dazu müssten wir erst auch in unseren eigenen Augen Sünder gewor­den sein. Da müsste es erst aufhören mit dem »Ich tue recht und scheue niemand!«.Da müsste man erst in der Wahrheit stehen. Dann könne Jesus erretten! Jetzt erkennt der Bauer auf einmal: »Jesus starb für mich am Kreuz! Er bezahlt für meine Sünden! Er kann mir die Gerechtigkeit schenken, die allein vor Gott gilt!« Und zum ersten Mal betet der Bauer richtig: »Gott, sei mir Sünder gnädig! Herr Jesus, rette mich vom Rande der Hölle!« Volkening geht leise weg. Er verlässt einen Mann, der Jesus anruft. Volkening ist getrost, denn dreimal steht in der Bibel: »Wer den Namen Jesus anruft, soll selig werden.« Als er am nächsten Tag wieder hinkommt, findet er einen Mann, der Frieden mit Gott hat.»Wie steht’s, Hinrich?« Und Hinrich antwortet: »Er hat mich angenommen – aus Gnaden!« Ein Wunder ist geschehen!“

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Wegweiser aus dem Transgenderkult – Elternbroschüre von „Lasst Frauen sprechen“

Es ist für morgen den 21.06.2023 geplant, dass das Bundeskabinett zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz tagt. Mit diesem soll es nun möglich werden, einmal im Jahr Name und Geschlecht durch Selbsterklärung zu ändern. Ein weiterer Schritt in der von vielen Fördergeldern getragenen LGBTQI*-Agenda und letztlich eine weitere Manifestation staatlicher Macht. Ging es bei der Ehe für Alle, dass nun der Staat frei definiert und vorgibt was eine Ehe ist (z.B. für homosexuelle möglich, für polygame Beziehungen oder für Menschen unter 18 Jahren nicht), legt nun der Staat für den Bürger fest, in wie weit er „über sich selbst bestimmen darf“. Fühlt sich ein Mann als Frau, kann er nun eine sein. Wie viel Biologie man aber aushebeln darf, darüber zu urteilen, behält sich der Staat das Recht vor. So kann man sich als Mann zwar eine Frau fühlen (und jeder der den ursprünglichen Bernd nicht mit Ulla anspricht, muss mit 10.000 EUR Strafe rechnen), aber eine weiße Person nicht als schwarze, ein Ausländer nicht als Deutscher usw…

Um sich zu veranschaulichen welche (vor allem) antifeministischen Züge die ganze Entwicklung genommen hat, muss sich nur diesen Artikel über eine Demonstration mit dem Titel „Let Women speak“ durchlesen. (https://www.bazonline.ch/wo-sie-auftaucht-gibt-es-aerger-742123132336).  Dort kann man über P. Parker, eine bekannte feministische Aktivistin aus GB lesen: „2018 mietete Parker eine Plakatfläche, auf der geschrieben stand: «Frau: erwachsener weiblicher Mensch». Kurz darauf wurde das Plakat wegen aufrührerischen Inhalts wieder entfernt. „ (Zitat Ende). Die Aussage „Frau, erwachsener weiblicher Mensch“ ist nun schon aufrührerischer Inhalt, dabei wäre diese Formulierung ja sogar noch trans-inklusiv formuliert gewesen. Nun ja, Sven Lehman, den Queer-Beauftragten der Ampel dürfte es freuen.

Das wir als Christen ausgerechnet bei den Feministen starke Verbündete gegen den Trans-Kult finden ist überraschend, aber eigentlich naheliegend. Der Elternratgeber „Wegweiser aus dem Transgenderkult“ führt auf, dass „8 von 10 „Transkindern“ Mädchen sind.“  Ich denke diese Broschüre deckt zu recht und notwendig die „Auslöschung“ der Frau als Folge des Trans-Kultes auf. Ein Thema, dass in den Medien sofort totgeschwiegen wird, wenn man z.B. darauf blickt, welcher Shitstorm J.K. Rowling begegnete, als sie von „Frauen“ und nicht „menstruierenden Personen“ sprach.

Die Broschüre, die nun von Lasst-Frauen-sprechen.de auf Grundlage eines Buches von Maria Keffler erstellt und übersetzt wurde, ist auf vielen Ebenen hilfreich. Mich hat z.B. der deutliche Ton überrascht. Das erste Kapitel lautet „Gender ist bedeutungslos, Geschlecht ist unveränderbar“. Die Broschüre deckt im nächsten Schritt auf, warum der Trans-Kult besonders auf vulnerable Kinder und Jugendliche abzielt und wie er ihnen noch mehr schadet. In besonderer Weise sind die Tipps für das Gespräch mit betroffenen Kindern und den diese Kinder prägenden Personen hilfreich und machen einen Großteil der Broschüre aus.

Aus christlicher oder aus, wenn man so noch sagen darf, konservativer Sicht, sind an der Broschüre eigentlich nur die radikal-feministischen Darstellungen problematisch, so wenn z.B. der Narrativ des Patriarchats hergezogen wird. Der Aufruf zur lesbischen Liebe „um sich nicht dem System anzupassen“ ist dann in meinen Augen doch zu kurz gezogen. Insgesamt aber ist diese Broschüre eine hilfreiche Handreichung, da sich bisher auch wenig nicht-affirmatives Material finden lässt.

Es mag sein, dass feministische Gruppen zu lange weggeschaut haben, als die LGBTQ-Ideologie von allen Seiten in so viele Lebensbereiche eindrang. Es lässt sich z.B. kaum leugnen, dass gerade EMMA diese Bewegung einst mit Kusshand empfing. Gleichzeitig müssen wir uns als Christen an die Nase packen, warum wir uns all die Jahre so wenig für Frauenrechte eingesetzt haben. Wenn uns heute der Trans-Kult entsetzt, bleibt die Frage, warum es nicht die Frauenversklavung in der Prostitution und Pornographie getan hat.

Übrigens: Die Herausgeber der Broschüre wurden von der „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ vorgeladen. Es kann durchaus sein, dass die Broschüre auf dem Index landet. Also schnell noch laden und sichern! Laut Herausgeber ist Kopie und Nachdruck ausdrücklich erlaubt und die Seite bietet auch eine Druckvorlage an. Da kommt ein ordentlicher kultureller Sturm auf uns zu, aber lasst uns nicht den Mut verlieren, sondern immer für das

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Die Krone des Lebens – Das Leben von Blanche Gamond von E.E. Ronner

Endlich habe ich Zeit gehabt, die eindrucksvolle Biographie von Blanche Gamond zu lesen. Der Schweizer, der die Geschichte dieser Leidens- und Glaubensheldin niederschrieb, hat viele solcher Biographien aufgearbeitet und erhält so die Geschichte vom schweren Schicksal der Hugenotten auch für unsere Zeit.

Blanche ist einzige Tochter einer wohlhabenden Seidenzüchter-Familie in Saint-Paul. Obwohl der Druck auf die französischen Protestanten immer mehr zunimmt und sie z.B. zwangsweise die Einquartierung von Dragonern (= „gestiefelte Missionare“) dulden müssen (natürlich auf eigene Kosten), ist ihnen im Edikt von Nantes Toleranz zugesagt. Doch König Ludwig XIV widerruft dieses Edikt 1685. Er hat ein Ziel, zu dem er von den Engsten Beratern am Hofe mit angefeuert wird: Frankreich frei von „Ketzerei“ zu machen. Dabei setzt er zunächst auf Zwangsbekehrungen. Jede Ausreise aus dem Land ist den Hugenotten untersagt. Was nun anfängt sind einige Jahre brutale Verfolgung sämtlicher Protestanten (und ihrer Sympathisanten) in Frankreich. In genau diese Zeit fällt Blanche junges Leben. Auf der Flucht, während sie schon das rettende Ufer der „Schweiz“ sieht, wird sie und ihre Mutter ergriffen. Sie muss ansehen, wie viele Hugenotten der Haft/Folter/Verachtung/Ausgrenzung nachgeben und zum Papismus konvertieren, so auch ihre Eltern. Doch Blanche und viele andere Schwestern bleiben treu. Selbst dann als sie in die Hände von niemand geringerem als La Rapine landen. Er ist Spezialist für die „Unverbesserlichen“ im Spital von Valence und denkt sich nahezu täglich neue Teufeleien für die Ketzer aus. Eine Odyssee des Leidens beginnt nun für Blanche, aus der Sie mit Gottes Hilfe siegreich hervorgeht.

Das Buch von Ronner ist hervorragend recherchiert. Die individuelle Geschichte von Blanche wird mit vielen Informationen über das Schicksal der Hugenotten erläutert. Immer wieder zitiert er offizielle Dokumente, Predigttexte, Briefe. Die Grundlage seines Werkes ist aber vor allem die Aufzeichnung über ihre Leiden, die Blanche Gamond in ihrem Exil in Bern selbst verfasst hat.

Insgesamt ein lesenswertes Buch und ein guter Einstieg in die Geschichte der leidenden protestantischen Kirche Frankreichs.

Das Buch ist leider nur noch antiquarisch erhältlich.

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Novellen – 10 Meisterwerke der Weltliteratur – Gelbe Edition

Ich hörte dieses Hörbuch bei audible

In den letzten Monaten widmete ich alle freien Minuten klassischer Literatur. Da lesen nicht immer drin ist, greife ich regelmäßig zu audible zurück (Hier eine Übersicht). Neulich kam diese Auswahl von 10 Novellen in meine Sammlung, die ich zunächst wegen G.Kellers und C.F. Meyers Beiträgen erwarb. Sowohl „Romeo und Julia auf dem Dorfe“, wie auch „Der Schuss von der Kanzel“ waren mir bisher unbekannt. Während Meyers Werk eine berauschende Komödie ist, ist Kellers Werk eine der grandiosesten Charakterstudien, die ich je in einer kurzen Novelle zu Gesicht bekam. Eine Geschichte von hohem Lehrgehalt, die aufzeigt, zu was moralische Kompromisse führen, wenn „Gott wirklich beschließt, zu züchtigen“. Ich habe mir fest vorgenommen, die Sammlungen Kellers über „die Bürger von Seldwyla“ vollständig durchzulesen/durchzuhören. Mindestens acht der Novellen haben das Thema der Liebe im Vordergrund und thematisieren die Beziehung von Mann und Frau aus unterschiedlichen Perspektiven. Nicht jedes Werk erreicht das Niveau von Keller und Storm, die Auswahl blieb aber dennoch gelungen. So Denke ich an „eine teure Liebesnacht“ von Balzac, der mit dieser grotesten Romanze einen interessanten Einblick in die Rezeption der Hugenotten gibt. Mit der Undeutlichkeit von E.T.A Hoffmann (hier mit „Ritter Gluck“) tat ich mich wie immer schwer. „Brief einer Unbekannten“ hätte ich nicht in diese Sammlung gewählt, da es mir erscheint, dass Zweig viele andere Novellen verfasst hat, die den Titel „Meisterwerk“ eher verdienen. – Insgesamt eine Bereicherung für meine Hörbibliothek.

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Kein Buch, sondern ein Erlebnis: „Die Brüder Karamasow“

Ich habe schon einige Werke von Dostojweskij gelesen und hatte immer Mühe mich in der Mitte der Werke durch Abschnitte durchzukämpfen, die ich als zu langmatig empfand (Dostojewskij, der häufig pro Seite bezahlt wurde, „streckte“ seine Romane gelegentlich), deswegen entschied ich mich bei „Die Brüder Karamasow“ für ein Hörbuch.

Doch meine Vorsicht war bei diesem Werk fehl am Platz. Die Brüder Karmasow fesselt von Anfang bis zum Schluss. Im Zentrum des Romans steht vor allem Alexei („Aljoscha“) Karamasow, der Jüngste der drei Söhne von Fjodor Karamasow. Fjodor Karamasow ist ein Säufer, Lüstling, Geizhals und Spötter. Ein furchtbarer, kaum zu ertragender Mann, so dass sich dem Leser (oder Hörer) die gleiche Frage aufdrängt, die der älteste der drei Brüder, Dmitri („Mitja“) schließlich ausspricht: Warum sollte ein solcher Mann überhaupt am Leben bleiben?

Der Vater tut nun auch sein bestes, um die sowieso schon angeschlagene Liebesbeziehung seines Sohnes weiter zu untergraben, indem er um die gleiche Dame buhlt wie sein Sohn. Doch nicht nur das, er prahlt damit bei der ersten Zusammenkunft „der Familie“ nach Jahren. Man trifft sich im Kloster, dessen Mitglied Alexeij werden will. Bald geschieht auch das Drama, dass von Anfang an in der Luft schwebt: Der Vater wird ermordet aufgefunden, und alle Indizien sprechen dafür, dass es gerade der 28-jährige Mitja war, der den Mord begangen hat. Hat er doch wenige Tage vor dem Mord selbst überall herumposaunt, dass er am liebsten seinen Vater töten würde… Soweit der Ausgangspunkt des Romans, der nun sehr viele Seitenwege einschlägt. Sehr ausführlich wird das Leben von Starez Sossima, einem Art Eremetien-Abt geschildert, der der Mentor von Aljoscha ist. Der Starez schildert auf seinem Sterbebett sein Verständnis von Schuld, Vergebung und Verantwortung. Damit findet sich ein Gegenentwurf zum Konzept zum zweiten Bruder Iwan, der Atheist ist. („Ich leugne gar nicht, dass es einen Gott gibt, aber diese von ihm geschaffene Welt lehne ich ab. Ich gebe ihm mein Eintrittsbillett in diese Welt zurück“). Sein Modell schildert Iwan dem gläubigen Aljoscha in seiner Dichtung vom Großinquisition: Hier kehrt Christus während der Hochphase der spanischen Inquisition als Wundertäter auf die Erde zurück und wird natürlich nach dem ersten vollbrachten Wunder vom Großinquisitor inhaftiert, der nun Christus darum bittet, sich aus der Kontrolle der Kirche zurückzuhalten, die man nun im Griff hätte. Für Iwan ist diese Begebenheit nur die Begründung für seinen Nihilismus: „Alles ist erlaubt!“. In seiner Legende sieht er eine überzeugende Argumentation für den Nihilismus selbst aus religiöser Sicht.

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Wenn man nicht mehr lesen kann…

Immer wieder habe ich Phasen, in denen mir Bücher, vor allem theologische Bücher als derart lästig vorkommen, dass ich sie nicht mehr lesen mag.

Es sind Phasen, in denen mich selbst die besten Werke und liebsten Autoren ärgern. Ich möchte das an einem meiner Lieblingsautoren, Carl R. Trueman, illustrieren. So fiel mir immer auf, dass er „katholikenfreundlich“ schreibt. Das finde ich im Allgemeinen zunächst unproblematisch. Aber dann lese ich seine Kritik an den Evangelikalen, die Bekenntnisse nicht so ernst nehmen. Nun was soll man dann machen? Soll ich Carl. R. Trueman daran erinnern, dass es ja sein Bekenntnis ist, das in Artikel 26,5 über den Papst diese Aussage trifft: „Auch der Papst von Rom kann nicht in irgendeinem Sinn ihr Haupt sein, sondern er ist der Antichrist, der Mensch der Sünde und Sohn des Verderbens, der sich selbst in der Kirche gegen Christus und alles, was Gott genannt wird, erhebt“. In Kürze: Ich fange an, diese Aussagen persönlich zu nehmen und das Gefühl, dass all diese Aussagen bloß Macht-Strategien sind, um sich einen guten Lehrstuhl zu verschaffen oder die richtige Zeitschrift (FirstThings) als Herausgeber zu erhalten, fängt an zu dominieren.

Natürlich mag ich mich irren, und ich hoffe, hier kein Urteil über Trueman zu fällen, sondern vor allem zu beschreiben, wie der Keim eines Verdachts aufkommt, der nicht so schnell ausgerottet werden kann. Das Lesen von Trueman ist auf jeden Fall zunächst gelähmt. Greife ich nach Trueman zu einem seelsorgerlichen Werk, keimt der Verdacht aber weiter: Auch dieses Buch landet in der Ecke, da ich nicht den Verdacht loswerde, dass dieses wiederum aus rein finanziellen oder sonstig manipulativen Gründen verfasst wurde. Im Übrigen ist das ganze hier nur ein punktueller Einblick in eine äußerst dicke und Schicht Frustration mit theologischen Büchern, die oft lange schlummert und nun erbarmungslos herausbricht. Ich habe einfach keine Geduld mehr mit ihnen.

Das kann gehörig frustrierend sein, aber da ich bereits die dritte Runde „dieser Fastenzeit“ drehe, bringe ich dieses Mal etwas mehr Gelassenheit mit. In diesem Artikel möchte ich nun schildern, was ich anschließend unternehme (und was mich letztlich zu den Büchern zurückbringt)

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Letters of Note – Briefe, die die Welt bedeuten

Da läuft man nach Jahren mal wieder in eine Tschibo-Filiale und stolpert über ein Buch, das man gleich einpackt – und völlig zurecht, wie sich herausstellen stellte.

Der Band enthält ein Sammelsurium von 112 Briefen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Menschheitsgeschichte. So findet sich der vermeintliche Brief von Jack the Ripper an eine Bürgerwehr (der Sendung war eine menschliche Niere beigelegt), wie der Brief, den Charles Dickens an die Times schrieb, als er der Hinrichtung eines Paars beiwohnte.

Was das Buch besonders anschaulich macht ist, dass bei den meisten Briefen die Originale als farbliche Abbildungen beigefügt sind.

So kann man z.B. die Kokosnuss bestaunen, die John F. Kennedy während des zweiten Weltkriegs mit einer Hilfsbitte nach einer Strandung einem neugeborenen übergab oder das Rezepte des Eierkuchens, dass Queen Elizabeth II an US-Präsiden Eisenower sandte.

Handschriftliche Briefe! Ah, wie wundervoll und herrlich! Da kriegt man Lust, selber ein paar Briefe zu schreiben.

Einige Briefe sind herrlich ironisch, so wie die Bitte eines 14 Jährigen Fidel Castros beim US-amerikanischen Präsidenten um „einen grünen zehn Dollar Schein“ oder das Schreiben einer Elfjährigen an den damals noch bartlosen Abraham Lincoln mit dem Hinweis, dass ein Bart ihm sicher viel mehr Wählerstimmen einbringen würde („Alle Damen lieben Bärte“). Immer wieder findet man aber auch erschütternde Schreiben, wie z.B. ein Brief vom FBI an Martin Luther King, in dem sie ihn aktiv erpressen und ihm nahelegen Suzid zu begehen (!) oder das SChreiben vom Mark Chapman an einen Memorabilia-Experten, der frägt, was ein signiertes Album von John Lennon für einen Wert besitzt (Chapman hat wenige Stunden nachdem er sein Album von Lennon signieren lassen hat, diesen erschossen).

Obwohl jeder Brief seine Geschichte beschreibt, finden sich auch Briefe mit historischer Bedeutung, wie z.B. eine Schrift aus der ägyptischen Antike, die den Dienst eines „Pharao-angestellten schildert“ oder das Schreiben, in dem Maria Stuart ihre bevorstehende Hinrichtung schildert.

In einigen Fällen bekommt man auch die Antwort mit, so auch in dem Fall, als Phyllis, am 19.01.1936 Einstein fragte, ob Wissenschaftler beten, die Einstein, wenn auch sehr freundlich formuliert letztlich verneint, auch wenn er eingesteht, dass „Doch auch jeder, der sich ernsthaft mit der Wissenschaft beschäftigt, ist irgendwann davon überzeugt, dass ein Geist den Gesetzen des Universums innewohnt, der dem des Menschen bei weitem überlegen ist.“ Auf diese Art führt die Beschäftigung mit der Wissenschaft zu einem ganz besonderen religiösen Gefühl, das sich natürlich sehr von der Religiosität einer unbefangeneren Person unterscheidet“

Die Briefe sind auch mit ihren Fehlern übersetzt worden, was auch in der Übersetzung (der meist ursprünglich englischen Briefe) lebensnah werden lässt. Das Buch kann ein guter Startpunkt für weitere historische Studien werden. Auf Englisch kann man die im Buch enthaltenen Briefe mit vielen weiteren auch auf der gleichnamigen Seite lesen: lettersofnote.com.